Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Der Kämpfer
Von vielen Verletzungen lässt sich der Towerstars-verteidiger Kilian Keller nicht beirren
- Um den Verteidiger Kilian Keller zu beschreiben, ist eine Szene aus dem Heimspiel der Ravensburg Towerstars in der vergangenen Woche gegen die Eispiraten Crimmitschau bestens geeignet: Keller lief bei einem Konter einem Gegenspieler hinterher und klärte die Scheibe kurz vor dem eigenen Tor per Hechtsprung. Der 27-jährige Keller ist allerdings auch einer, der sich immer wieder nach Verletzungen herankämpfen musste. Das, gesteht der Eishockeyprofi, sei manchmal schon sehr zermürbend.
Aufgeschlitztes Handgelenk, aufgeschlitztes Ohr, gebrochene Rippe, Gehirnerschütterung – die Krankenakte des Kilian Keller in den vergangenen Jahren ist lang. „Ich muss schon einige Verletzungen aufzählen, war oft bei den Physios, musste mich mit der Unfallversicherung befassen. Da kommt schon einiges zusammen“, sagt Keller. Seine Spielweise sei eben hart, da komme es oft zu Checks. „Aber in den letzten anderthalb Jahren war viel Pech dabei.“
Speziell an das Spiel am 30. Dezember 2019 in Freiburg hat Keller schlechte Erinnerungen. Kurz zuvor hatte er einen Puck ins Gesicht bekommen und spielte daher mit Gittervisier. An der Bande wurde er von der Schlittschuhkufe eines Freiburgers getroffen. Keller wurde das Handgelenk aufgeschlitzt und er musste die Nacht im Krankenhaus verbringen. „Da war schon eine Situation, in der ich gedacht habe: ,Tue ich meinem Körper da etwas Gutes?’“Die Gedanken gingen allerdings schnell vorbei. „Der Muskel war zum Glück nicht durch, es ging schnell wieder.“Doch auch da hieß es zunächst: Zwangspause. „Die ersten zwei Wochen machen dich fertig, wenn du nicht genau weißt, wann es weitergeht“, gesteht Keller. „Und wenn es wie bei mir alle zwei, drei Monate passiert, dann ist das schon heftig. Zurückzukommen ist jedes Mal eine Kraftanstrengung. Aber ich muss auch sagen: Immer, wenn ich es zurückgeschafft habe, macht es mich schon auch ein wenig stolz.“
Stolz ist Keller auch darauf, schon in seiner sechsten Saison bei den Towerstars zu sein – damit ist er der dienstälteste Spieler. In seiner ersten Saison hießen seine Mitspieler unter anderem noch Stephan Vogt (mittlerweile Karriereende), Raphael Kapzan (jetzt Teammanager) und Christian Rohde (jetzt Torwarttrainer). „Es macht einen schon stolz, wenn man die Möglichkeit hat, so lange für einen Club spielen zu dürfen. Es macht mich glücklich und ist ein schönes Signal, dass der Verein auf mich baut.“Die Towerstars wissen, was sie an dem gebürtigen Füssener haben. Einen Verteidiger, der die sogenannte Drecksarbeit macht, sich in die Zweikämpfe wirft und Schüsse blockt. Dazu fühlt er sich mit seiner Familie – und mittlerweile zwei Kindern – sehr wohl in Ravensburg. „Klar ist es momentan etwas schwieriger, aber wir können immer noch raus auf den Spielplatz, ich kann mit meinem Sohn Eishockey oder Fußball spielen“, sagt Keller. „Ich bin dazu ganz schnell bei meinen Eltern in Pfronten. Die Lage und die Organisation in Ravensburg gefallen mir einfach.“
Zweieinhalb Jahre lang hat Keller bei den Grizzlys Wolfsburg gespielt. Gedanken an eine Rückkehr in die DEL hat er derzeit aber nicht. „Ich weiß, wo meine Fähigkeiten sind, ich weiß, wo ich hingehöre, da denke ich ganz ehrlich wenig über die DEL nach.“Viel lieber spricht der 27-Jährige über die nächsten Spiele mit den Towerstars. Nach drei knappen Niederlagen in Folge („Wir lagen in Führung, haben es dann aber etwas schleifen lassen“) wollen die Ravensburger die Trendwende schaffen. Die Gegner sind höchstes Del2kaliber. Am Freitag (19.30 Uhr, Chgarena) kommt der Tabellenführer Kassel Huskies nach Ravensburg, am Sonntag (18.30 Uhr/beide bei Spradetv) geht es zu den wiedererstarkten Löwen Frankfurt. „Wir brauchen
Konstanz in jedem Wechsel“, meint Keller. „Daran arbeiten wir noch.“Aber lieber arbeitet Keller mit seinen Kollegen an diesen Schwächen als alleine beim Physiotherapeuten.