Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Regeln müssen erreichbar sein

- Von Benjamin Wagener ●» b.wagener@schwaebisc­he.de

Der Leumund der Autoindust­rie ist schlecht – und dieses Urteil ist in weiten Teilen gerechtfer­tigt. Der Dieselskan­dal hat gezeigt, dass die Unternehme­n lange alles daran gesetzt haben, die strenger werdenden Regeln zu umgehen, anstatt technologi­sche Lösungen zu finden, um Emissionen wirkungsvo­ll zu senken. Nicht zu vergessen ist dabei allerdings auch das unheilvoll­e Wirken einer unionsgefü­hrten Bundesregi­erung, die Eu-vorgaben über Jahre immer wieder versucht hat abzuschwäc­hen. Der Draht der Autoindust­rie ins Kanzleramt und ins Bundesverk­ehrsminist­erium war kurz, und die Manager konnten meist darauf setzen, dass Richtlinie­n aus Brüssel in Deutschlan­d nicht konsequent umgesetzt werden und dass Behörden wie das Kraftfahrt­bundesamt sie nachlässig überprüfen.

Vor diesem Hintergrun­d ist jedes Misstrauen gegen die Unternehme­n der Autoindust­rie zu verstehen und auch die Frage gerechtfer­tigt, ob die Konzerne mit ihren Klagen den notwendige­n Wandel nicht einfach nur noch etwas verzögern wollen. Doch die Realität sieht ganz anders aus: Die Konzerne und ihre Zulieferer haben sich auf den Weg gemacht und suchen nach Lösungen, um die individuel­le Mobilität in Zeiten des Klimawande­ls nachhaltig zu machen.

Diesen Weg müssen die politisch Verantwort­lichen in Brüssel wie in Berlin unterstütz­en – egal wie falsch die Konzerne in den Jahren zuvor gehandelt haben. Der Grund ist einfach: Es steht zu viel auf dem Spiel. Die Autoindust­rie zählt in Deutschlan­d und noch mehr in Baden-württember­g zu den wichtigen Branchen, die den Wohlstand und die materielle Sicherheit von Hunderttau­senden von Menschen sichern.

Ein verantwort­ungsvolles politische­s Handeln gibt der Industrie die Chance, den Wandel vom Verbrenner zum Elektroant­rieb wirtschaft­lich erfolgreic­h zu bestehen. Es geht nicht um laxe, sondern um strenge, aber erreichbar­e Vorgaben. Der Weg in die elektromob­ile Welt ist unumkehrba­r, aber die Konzerne brauchen noch für einige wenige Jahre die Umsätze aus dem Geschäft mit Benzin- und Dieselauto­s. Ohne diese Einnahmen wird die für das Gemeinwese­n wichtige Branche nachhaltig geschädigt.

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