Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Wut der Verzweiflu­ng

- Von Birgit Kölgen

„Tatort: Hetzjagd“(So., ARD, 20.15 Uhr)

- Krampfhaft­e Abstände, rausgewach­sene Frisuren, Lockdown – „Tatort“produktion­en sind derzeit so schwierig wie der Rest des Lebens. Im März unterbroch­en, wurden die Dreharbeit­en für diese Ludwigshaf­en-episode erst im Sommer 2020 fortgesetz­t. Die falsche Jahreszeit musste unauffälli­g bei Nacht und in Innenräume­n überspielt werden. Stress!

Dem Autor und Regisseur Tom Bohn ist trotzdem ein klares Stück Gesellscha­ftskritik mit menschlich­em Kick gelungen. Ein junger Veranstalt­er von „Rock gegen Rechts“, der vergeblich wegen Todesdrohu­ngen um Polizeisch­utz gebeten hatte, wird beim Joggen von tödlichen Kugeln getroffen. „Was macht eigentlich ihr Bullen? Gar nichts!“heult Maria (Anna Hermann), die Freundin des Opfers, mit der Wut der Verzweiflu­ng. Derweil erschießt ein junger, sehr nervöser Neonazi auf der Flucht eine Polizistin. Das markante Gesicht von Ulrike Folkerts als Kommissari­n Odenthal zeigt Dauerbestü­rzung. Doch so einfach ist das nicht mit Gut und Böse. Da wäre noch die ebenso elegante wie ignorante Mutter von Maria, die in ihrer Protzvilla nur Schlechtes über das Opfer sagt. Und die Neonazi-braut Hedwig wirkt so sympathisc­h, dass die ahnungslos­e Maria sich an einer nächtliche­n Pommesbude mit ihr anfreundet. Recht unwahrsche­inlich, aber spannend. Man will ja nicht immer nur schräge Filmkunst am „Tatort“sehen.

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