Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Bad Waldsees gutes Händchen für Fördertöpfe
„Altstadt für Alle“kann nur wegen hoher Finanzspritze umgesetzt werden – Stadt will mit dem Projekt Vorreiter sein
- Städte haben zahlreiche Aufgaben zu bewältigen, sie betreiben öffentliche Gebäude und Infrastruktur. Die Liste ist lang und reicht vom Schwimmbad über Schulen bis zur Kläranlage, vom Radweg bis zu Bibliotheken und kulturellen Einrichtungen. Das alles kostet Geld, ebenso die Stadtentwicklung. Um die Kommunen zu unterstützen, gibt es vielfältige Fördermöglichkeiten von Land und Bund. Diese zu erhalten, ist bisweilen jedoch gar nicht so einfach – und zeitaufwendig. Die Stadt Bad Waldsee ist begabt darin, an Fördergelder zu gelangen und überhaupt die richtigen Töpfe zu kennen. Ohne Fördergelder könnten diverse Projekte gar nicht erst umgesetzt werden – wie etwa Bad Waldsees Vorzeigeprojekt „Altstadt für Alle“. Dessen Umsetzung ist auch aktuell in der Kurstadt sichtbar.
Neben dem bereits vorhandenen Mobilitätsband sind derzeit beispielsweise die Arbeiten in der Wurzacher Straße und am Rathausplatz sichtbar. Dort werden nach den Leitungsbauarbeiten (der barrierefreie Ausbau erfolgt gemeinsam mit dem Aufbau des Nahwärmenetzes) jeweils ebenfalls das Mobilitätsband und teilweise Anschlüsse an Nebengassen hergestellt. In der Ulrich-kuderer-straße ist der Einbau des Bandes schon weit fortgeschritten.
Möglich gemacht hat die Umsetzung des Projekts die enorme Finanzspritze des Bundes. Für die Millionenförderung, die noch unter der Regie der vorigen Stadtspitze unter Roland Weinschenk und Thomas Manz bewilligt wurde, gab es auch von anderen Kommunen im Kreis Ravensburg aufmerksame Blicke. Ist doch eine so hohe Summe, die auch noch zwei Drittel der Gesamtkosten abdeckt, eher die Ausnahme als die Regel. Bekanntlich 4,46 Millionen Euro (bei Gesamtkosten von rund 6,7 Millionen Euro) erhält die Stadt. „Eine großartige Summe“, wie der neue Bürgermeister Matthias Henne auf Sz-anfrage noch einmal betont.
Beworben hatten sich deutschlandweit 105 Gemeinden für „Nationale Projekte des Städtebaus“, ein Programm des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat, von dem Bad Waldsee erstmals profitiert hat. Bei der Übergabe der Auszeichnung in Berlin sei den Vertretern der Stadt gesagt worden: „Sie spielen hier nicht in der Bundesliga, sondern in der Champions League.“Gemeint sei damit auch die überregionale Wahrnehmbarkeit des Projekts. Zentral sind drei Projektsäulen: Barrierefreie Altstadt, Umgestaltung Bleichestraße sowie Neugestaltung Grabenmühlplatz.
Mit dem Projekt (Barrierefreier öffentlicher Raum) habe die Stadt ein Thema getroffen, das „zurzeit viele Städte beschäftigt und in der Zukunft an Wichtigkeit gewinnt, denn wir befinden uns in einem rasanten demografischen Wandel. Wenn wir die Maßnahmen beendet haben, werden wir ein Vorbild für viele Städte in ganz Deutschland sein“, ist Henne überzeugt, der zu seinem Amtsantritt im April nicht nur eine mehr als solide städtische Finanzlage, sondern auch so ein Vorzeigeprojekt übernehmen konnte.
Dass „Altstadt für Alle“mehr beinhaltet, als Pflastersteine in der Altstadt durch eine „Rollibahn“barrierefrei zu glätten, wie manche Kritiker oder Neider immer wieder sagen, betont die Stadt regelmäßig. So waren auch die Kriterien des Förderprogramms, die Bad Waldsee erfüllt hat, entsprechend anspruchsvoll: Überdurchschnittliche Qualität hinsichtlich Städtebau, Baukultur und Bürgerbeteiligung; Erhebliches und überdurchschnittliches Investitionsvolumen; Machbarkeit und zügige Umsetzung sowie Innovationspotenzial und Vorbildwirkung.
Um an Fördergelder zu kommen, müssen Verwaltungen im ersten Schritt wissen, welche Töpfe es überhaupt gibt. Und dann einen Antrag stellen – und das wiederum kostet Geld und Zeit. Herausfordernd speziell bei „Altstadt für Alle“sei gewesen, dass vom Bund ein Zeitfenster fest vorgegeben worden sei. „Für eine Stadt wie Bad Waldsee ist das schon eine große Aufgabe für alle Beteiligten, wie Planer, Mitarbeiter, Gemeinderäte, Bewohner oder Händler.“Der Einsatz hat sich im wahrsten Sinne des Wortes ausgezahlt.
In der Rückschau auf die vergangenen Förderungen stechen die 4,46 Millionen Euro für das große Projekt zwar heraus, doch die Kurstadt hat immer wieder beachtliche Summen erhalten. So zum Beispiel für das Haus am Stadtsee, das 2004 eröffnet wurde und dessen Bau 7,2 Millionen Euro gekostet hatte. Auch hier gab es eine hohe Fördersumme, und zwar aus der Tourismusförderung rund 2,5 Millionen Euro und aus dem Ausgleichstock