Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Papierschn­ipsel erinnern an glückliche Zeiten

- Von Dietmar Hermanutz

An den zurücklieg­enden kalten Tagen ist auch ein selten getragener Wintermant­el wieder zum Einsatz gekommen. Die Taschen waren nicht ganz leer, denn die Fingerspit­zen förderten alsbald ein paar bunte Papierschn­ipsel zutage. Ganz offensicht­lich sind sie beim letzten Fasnetsumz­ug am Rosenmonta­g 2020 nicht nur in die Haare und ins Genick gefallen, sondern haben auch den Weg hinein in die Manteltasc­hen gefunden.

Jetzt, im zweiten Corona-lockdown, animiert das Konfetti bei der Wiederauff­indung zu einem milde gestimmten Rückblick. Das war beileibe nicht immer so, denn die kleinen bunten Schnipsel hatten in der Tat schon immer die Eigenschaf­t besessen, sich in entlegenen Ecken festzusetz­en, um irgendwann wieder zutage zu treten. Keine Kameratasc­he, in der nicht irgendwo ein Konfetti schlummert, irgendein Ablagefach im Auto bewahrt fast immer ein oder zwei Konfetti auf, im Innenfutte­r der warmen Winterstie­fel verheddern sich die Papierschn­ipsel, und selbst im Geldbeutel, zwischen all den Kunden- und Geldkarten, findet sich bisweilen ein buntes Erinnerung­sstück.

Dieses Jahr wird das wohl nicht passieren. Die Aussichten, erneut im Konfettire­gen zu stehen, sind definitiv schlecht, obwohl wir kalendaris­ch betrachtet bereits kurz vor der Hochfasnet stehen und die Zünfte sich landauf, landab bei Narrentref­fen besuchen würden. Aulendorf wäre zum Beispiel am vergangene­n Wochenende Gastgeber für solch ein Treffen gewesen. Hat aber nicht geklappt, und auch vom Prinzenwag­en in Waldsee wird’s heuer keine Konfetti regnen.

Dabei ist gerade erst im letzten Jahr ein kleines Start-up-unternehme­n mit Saatgutkon­fettis auf dem Markt des organisier­ten Frohsinns getreten. Nach erfolgreic­hem Fundraisin­g begann die Produktion jener Papierschn­ipsel, die Saatgut von insgesamt 26 verschiede­nen Pflanzen enthielten. Durch Wind, vor allem aber durch fröhliche Narren, sollten die Saatgutkon­fetti den Weg auf urbanes Grün finden. Mit bunter Blühpracht im Frühjahr könnte man die Menschen so ein zweites Mal erfreuen, und der Biodiversi­tät der Narrenhoch­burgen wäre außerdem ein Dienst erwiesen.

Die Idee der Junguntern­ehmen aus Kassel hat Charme, aber dieses Jahr sieht der Markt schlecht aus. Vielleicht braucht es einfach noch einen passenden Slogan oder Werbehit, so wie ihn die Sternsinge­r auch erfolgreic­h lanciert haben. Anstatt „Es ist Sternsinge­rzeit“könnte man den Ohrwurm im Viervierte­ltakt auf „Es ist Konfettize­it“umdichten.

AHA und HA,HA,HA – JO WAS SAISCHT AU!

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