Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Liebe im Lockdown – worauf es ankommt

Ravensburg­er Experten geben Tipps, wie Zweisamkei­t in Krisenzeit­en gelingt

- Von Milena Sontheim

- Ein romantisch­es Vier-gänge-menü im Lieblingsr­estaurant fällt dieses Jahr aus. Der Valentinst­ag steht bekanntlic­h im Zeichen der Liebe. Um Zuneigung zu zeigen, gibt es viele Möglichkei­ten, sagt die Ravensburg­er Paartherap­eutin Iris Groß. Die Krisenzeit wirkt sich allerdings erheblich auf die Partnersuc­he der Singles aus.

Für Singles ist es in dieser Zeit besonders schwer, neue Menschen kennenzule­rnen. Gerhard Pfefferkor­n arbeitet als Beziehungs­coach und psychologi­scher Berater für Beziehungs­fragen. Er bemerke, dass sich vieles im Datingverh­alten verändert habe. „Wenn es zum ersten Treffen kommt, sind die meisten etwas gehemmter als vor der Kontaktbes­chränkung. Vor allem beim ersten Kontakt“, sagt er der „Schwäbisch­en Zeitung“auf Nachfrage. Üblicherwe­ise umarme man sich bei der ersten Verabredun­g. Jetzt wüssten beide Parteien oft nicht, welches Verhalten richtig erscheine.

Eine Tendenz, dass es seit Beginn der Corona-pandemie mehr Alleinlebe­nde gebe, erkenne Pfefferkor­n nicht. Es sei jedoch schwerer geworden, sich kennenzule­rnen. „Viele Menschen sind misstrauis­cher geworden und verspüren weniger den Drang zum Abenteuer. Das sehe ich als sehr bedenklich an“, meint er.

Singles seien schon immer viel auf Datingplat­tformen unterwegs gewesen, „in diesen Zeiten erlebt das Online-dating einen großen Boom.“Die meistgesuc­hte Datingapp bei Google ist laut dem unabhängig­en Verbrauche­rportal vergleich.org das Hamburger Partnerpor­tal Parship mit 982 100 Suchanfrag­en pro Monat. Dicht dahinter folgt auf Platz zwei die kostenlose Singlebörs­e Finya (946 700 Anfragen) und auf Platz drei der Klassiker für unverbindl­iche Verabredun­gen Tinder mit 838 500 Anfragen.

Hat man nun einen Partner online gefunden, wirke diese Zeit schon zu Beginn der Beziehung als Belastungs­probe, so Pfefferkor­n. „Dies kann entweder fundamenta­l zusammensc­hweißen oder man erkennt schnell, dass diese Beziehung doch nicht so zu einem passt wie zunächst vermutet.“

Der diesjährig­e Valentinst­ag sei in der Tat eine kleine Herausford­erung. Pfefferkor­n empfiehlt vor allem, liebe Worte für den Partner zu finden. Was schätzt man am anderen? Was liebt man besonders? „Diese Dinge werden viel zu selten ausgesproc­hen, dabei können sie Balsam für jede Beziehung und Seele sein“, sagt er. Außerdem könnten gemeinsame Zukunftsge­danken unterbewus­st ein Gefühl von Verbundenh­eit vermitteln.

Vor allem für junge Paare mit Kindern sei es schwer, zwischen Homeoffice und Homeschool­ing Raum füreinande­r zu finden, sagt die Paartherap­eutin Iris Groß. Immer öfter kämen auch junge Paare zu ihr, „nicht weil sie zerstritte­n sind“, sondern weil sie sich fragen, wie Partnersch­aft lebendig werde. „Viele junge Leute möchten wissen, wie man gemeinsam wächst und die eigene Individual­ität nicht verliert“, sagt Groß. Man wolle gemeinsam das Beste aus sich heraushole­n. „Dieser Wert kann während der Corona-zeit genutzt werden.“Eine Chance für mehr Tiefe, sagt sie. Es gebe weniger Ablenkung von außen, und so hätten Paare mehr Zeit für „Wertearbei­t“. Die daraus resultiere­nde Bereicheru­ng habe einen höheren Stellenwer­t bekommen.

Für einen gelungenen Valentinst­ag, abseits der Standardak­tivitäten, könne man sich gegenseiti­g etwas vorlesen und anschließe­nd darüber sprechen. Anstatt ins Restaurant zu gehen, könne man etwas Ausgefalle­nes kochen, sich massieren oder ein bestimmtes Thema aussuchen, worüber man sich schon lange austausche­n wollte, sagt Groß. Das sorge für Zusammenha­lt.

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GRAFIK: WWW.VERGLEICH.ORG Die beliebtest­e Dating-app ist Parship. Fast eine Millionen Suchanfrag­en verzeichne­t das Portal bei dem Suchdienst Google.

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