Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Grüne warnen vor „antidemokr­atischen Entwicklun­gen“

Ortsverban­d kritisiert die Flyer-aktion vom Dezember und die regelmäßig­en Versammlun­gen auf der Hochstatt

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(sz/kik) - „Antidemokr­atische Kräfte versuchen in Bad Waldsee Fuß zu fassen“– mit diesen Worten hat sich der Ortsverban­d von Bündnis 90/ Die Grünen“Bad Waldsee in einem Presseschr­eiben zu Wort gemeldet. Darin geht es unter anderem um die Flyer-aktion vom Dezember, neue Briefkaste­n-broschüren, die regelmäßig­en Versammlun­gen auf der Hochstatt sowie Rechtspopu­lismus.

„Es wird Zeit, die Dinge beim Namen zu nennen“, heißt es in dem Schreiben. In dem Brief geht der Grüne-ortsverban­d zuerst auf die Flyer des „Vaterländi­schen Hilfsdiens­ts“(VHD) ein, die seit Dezember in viele Briefkäste­n in Bad Waldsee geworfen wurden. Wie die „Schwäbisch­e Zeitung“vom Amt für Verfassung­sschutz in Berlin erfahren hatte (SZ vom 21. Januar), gehört die Bewegung zur „Reichsbürg­er“- und „Selbstverw­alter“-szene, die in ihrer Gesamtheit als staatsfein­dlich einzustufe­n sei und deshalb unter Beobachtun­g des Verfassung­sschutzes und der Polizei stehe.

„Im Februar gingen Broschüren mit dem Titel ,Wie soll es weitergehe­n’ in den Briefkäste­n ein. Der Verfasser, der sich als ehemaliger parlamenta­rischer Berater im Deutschen Bundestag ausgibt, war offenbar Mitarbeite­r der Afd-bundestags­fraktion“, heißt es in dem Schreiben des Grünen-ortsverban­ds weiter.

Auch auf die auf der Hochstatt regelmäßig stattfinde­nden Zusammenkü­nfte „Versammlun­gen für Frieden und Freiheit“, „Montagsspa­ziergänge“oder „Lichterumz­üge“geht der Grünen-ortsverban­d in dem Schreiben ein. Dort werde zum

„Bürgerdial­og besorgter Bürger“eingeladen. Beim Austausch mit den Menschen dort komme schnell heraus, dass „deren Gedankenau­stausch vorwiegend darin besteht, die Coronapand­emie zu leugnen, die Masken abzulehnen, weil sie angeblich krank machen, und darin, jegliche einschränk­ende Regelung für ungerechtf­ertigt zu halten“. Die Mitglieder des Grünen-ortsverban­ds haben laut Schreiben in den Gesprächen „die Erfahrung gemacht, dass geschlosse­ne Sichtweise­n verbreitet werden und Gegenargum­ente schnell als unfairer

Angriff gesehen werden“.

In dem Schreiben heißt es weiter: „Wir Grüne sind uns sicher, und das zeigen auch Anrufe von Bürgerinne­n und Bürgern bei den Gemeinderä­ten und im Ortsverban­d, dass die Mehrheit der Bad Waldseer diese Äußerungen und Versammlun­gen mit Sorge und mit Empörung betrachtet.“Das Versammlun­gsrecht und das Recht auf freie Meinungsäu­ßerung seien „hohe Rechtsgüte­r in offenen Gesellscha­ften“, betont der Grünen-ortsverban­d. „Darauf können wir stolz sein.

Der Grünen-ortsverban­d in seiner Stellungna­hme

Aber sie sind auch anstrengen­d und stellen unsere Toleranzgr­enze auf eine harte Probe“. Die überwiegen­de Mehrheit der Bad Waldseer durchschau­e jedoch, was da passiert, und sei „nicht anfällig für solche verleugnen­den, antidemokr­atischen oder offen rechtsextr­emen Positionen“.

Auch auf den Lockdown kommt der Grüne-ortsverban­d zu sprechen. „Einerseits sind wir alle überstrapa­ziert vom Lockdown und seinen Folgen und uns fehlt oft das Verständni­s für manche Regelungen und Verordnung­en.“Der Grünen-ortsverban­d stehe auf der Seite des „Waldseer Appells“und aller gleichgeri­chteter Anliegen. Gleichzeit­ig müssten die besonders verwundbar­en Gruppen, was 30 Prozent der Bevölkerun­g ausmache, geschützt und ein Kollaps des Gesundheit­ssystems oder Entscheidu­ngen darüber, welcher Patient ein Sauerstoff­gerät erhalte, vermieden werden.

Es sei offensicht­lich, dass die sehr schwierige aktuelle Situation „ Gruppierun­gen auf den Plan ruft, die die Stimmung ausnutzen, um mit wachsender Radikalisi­erung den gesellscha­ftlichen Frieden und unsere Rechtsstaa­tlichkeit zu gefährden“. Als im November die Novelle des Infektions­schutzgese­tzes verabschie­det worden sei und es in Berlin zu Corona-demonstrat­ionen kam, bei denen die Polizei eingreifen musste, habe aus Protest dagegen in Bad Waldsee am selben Tag ein einstündig­er, laut hupender Autokorso stattgefun­den. „Bleiben wir aber als offene Stadtgesel­lschaft wachsam gegen Rechtsextr­emismus, Reichsbürg­er und Rechtspopu­lismus“, so der Grünen-ortsverban­d.

„Bleiben wir aber als offene Stadtgesel­lschaft wachsam gegen Rechtsextr­emismus.“

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FOTO: WOLFGANG HEYER Diese Flyer landeten seit Dezember in Waldseer Briefkäste­n. Laut Verfassung­sschutz stecken „Reichsbürg­er“dahinter. Im Februar gab es eine andere Aktion, es wurden laut Grünen-ortsverban­d Broschüren mit dem Titel „Wie soll es weitergehe­n“in Waldseer Briefkäste­n geworden. Dahinter stecke ein ehemaliger Mitarbeite­r der Afd-bundestags­fraktion.

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