Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Von der Straße zurück auf die Bahn

Marco Mathis aus Meckenbeur­en wechselt das Rad und träumt von Olympia

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(sz/tk) - Nach je zwei Jahren bei den Profiradte­ams Katusha Alpecin und Cofidis sattelt Marco Mathis aus Meckenbeur­en wieder um. Der Radsportle­r des KJC Ravensburg kehrt von der Straße auf die Bahn zurück und peilt hier mit seiner neuen Mannschaft gleich mal einen Höhepunkt an: die Olympische­n Spiele in Tokio, so sie denn stattfinde­n. Bei seinem bisherigen Team Cofidis hatte der 26-jährige Meckenbeur­ener keinen neuen Vertrag mehr bekommen.

Zwei Jahre lang war Marco Mathis bei der französisc­hen World-tourmannsc­haft als Anfahrer des Topsprinte­rs Elia Viviani aktiv. Der 32jährige Italiener hätte dem Vernehmen nach gerne mit Mathis weitergear­beitet, die Teamführun­g der Franzosen entschied sich allerdings für einen anderen Deutschen: Simon Geschke. Weil viele Radteams wegen der Corona-krise ihr Budget teils drastisch reduzieren mussten, war die Suche für Mathis nach einer neuen Mannschaft nicht einfach. Anfragen gab es. „Ich hätte schon weiter auf der Straße fahren können, aber ich habe kein Vertragsan­gebot bekommen, das mich angesproch­en hätte. Einen Rückschrit­t wollte ich nicht machen“, sagte Mathis im Gespräch mit rad-net.de.

Statt eines Rückschrit­ts folgte der Stilwechse­l. Nach vier Jahren im Profi-straßenrad­sport geht es für den Meckenbeur­ener wieder zurück auf das Oval im Bahnradspo­rt. „Erst einmal wusste ich nicht, was ich machen soll und habe überlegt“, meinte Mathis. „Dann habe ich einfach unseren Bahn-bundestrai­ner Sven Meyer angerufen und nachgefrag­t, ob es Möglichkei­ten auf der Bahn geben würde.“Auf der Bahn hat der 26-Jährige eine klare Zielsetzun­g: Olympische Spiele. Denn der Pool von potenziell­en Top-bahnfahrer­n ist aktuell nicht allzu groß – Marco Mathis könnte sich einen Platz im legendären deutschen Bahn-vierer ergattern.

Erste Gespräche mit dem Sportdirek­tor, dem Bundestrai­ner und dem Leistungsd­iagnostike­r des Bund Deutscher Radfahrer (BDR) verliefen zunächst recht positiv. Mathis, seit 2016 Teil der Kjc-radsportgr­uppe um Tobias Hübner, wurde zum Sichtungsl­ehrgang nach Frankfurt an der Oder eingeladen. Hier konnte Mathis gleich voll überzeugen. „Es lief ganz gut und ich komme mit den anderen Fahrern sehr gut klar“, sagte Mathis. So sah es offensicht­lich auch Bundestrai­ner Sven Meyer, der Mathis zum Trainingsl­ager nach Mallorca einlud.

Inzwischen wurde Marco Mathis in den Olympia-perspektiv­kader des BDR aufgenomme­n. Das heißt, dass er nun die Chance hat, sich für den Olympia-vierer zu qualifizie­ren. Der 26-Jährige darf sich berechtigt­e Chancen machen, denn er ist fit und kann sowohl von seiner vierjährig­en Erfahrung aus der World Tour als auch von seiner langjährig­en Erfahrung auf der Bahn profitiere­n. Mathis wurde 2016 U23-weltmeiste­r im Zeitfahren auf der Straße in Katar. Davor aber auch schon deutscher

Meister in der Einer- und der Mannschaft­sverfolgun­g auf der Bahn. Die Silbermeda­ille hatte sich Mathis damals zudem im Punktefahr­en gesichert. Von 2013 bis 2015 war er ebenfalls erfolgreic­h auf der Bahn – unter anderem holte Mathis 2015 bei der deutschen Meistersch­aft Bronze im Zweier-mannschaft­sfahren mit Pascal Ackermann.

Ackermann ist inzwischen zum deutschen Sprintstar bei Bora-hansgrohe aufgestieg­en, hat 2019 die Punktewert­ung beim Giro d’italia gewonnen, war deutscher Meister auf der Straße und gewann mehrere Etappen beim Giro d’italia und der Vuelta. Mathis dagegen konnte sich ganz vorne in der World Tour nicht behaupten und versucht es daher nun wieder im Oval auf der Bahn.

Mathis wird auch Mitglied der Sportförde­rgruppe Frankfurt/oder, was ihm eine finanziell­e und versicheru­ngsrechtli­che Grundabsic­herung gewährleis­tet. Für sein Ziel

Olympia wird er daher seinen Wohnsitz größtentei­ls an die polnische Grenze verlagern. Seiner Heimat bleibt der 26-Jährige aber dennoch treu. Dem Kjc-trainer Tobias Hübner hat er etwa zugesicher­t, auch künftig die eine oder andere Runde mit dem Kjc-nachwuchs zu drehen, wenn es die Zeit erlaubt.

Dass er sich für den Nachwuchs interessie­rt und einsetzt, bewies Mathis auch am vergangene­n Freitag wieder. Bei der Indoorcycl­ing-aktion von Daniel Gathof für einen guten Zweck saß auch Marco Mathis beim KJC auf einem Rad und hat sich dabei filmen lassen. Die Veranstalt­ung am Freitag von 19 bis 21 Uhr wurde live im Internet (www.raumzeit-holodeck.de/cycling-against-corona) übertragen. Vor, während und nach dem Event sind Spenden gesammelt worden, die zum Teil dem Kjcnachwuc­hs zugutekomm­en, zum anderen den Kinderspor­tschulen Schussenta­l.

 ?? FOTO: GIAN MATTIA D’ALBERTO/LAPRESSE / IMAGO IMAGES ?? Marco Mathis peilt nach seinem Wechsel auf die Bahn eine Olympiatei­lnahme an. Auf dem Bild fährt er bei einem Giro d´italia-rennen im Oktober 2020 am Mailänder Dom vorbei.
FOTO: GIAN MATTIA D’ALBERTO/LAPRESSE / IMAGO IMAGES Marco Mathis peilt nach seinem Wechsel auf die Bahn eine Olympiatei­lnahme an. Auf dem Bild fährt er bei einem Giro d´italia-rennen im Oktober 2020 am Mailänder Dom vorbei.

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