Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Im Wettlauf mit den Corona-mutationen

Notfallzul­assungen für angepasste Impfstoffe sollen möglich sein – Die Vorgehensw­eise ist noch unklar

- Von Hajo Zenker

- Um den Corona-mutationen zu begegnen, will die Europäisch­e Arzneimitt­elagentur EMA veränderte Impfstoffe schneller zulassen. Vorbild könnte die Grippe sein. Wenn die EU die Anpassung der Corona-impfstoffe an die Mutationen ähnlich wie bei der Grippe organisier­e, wo die Vakzine jährlich verändert werden müssen, würde das nach Auffassung des Verbandes Forschende­r Arzneimitt­elherstell­er (vfa) „vieles vereinfach­en“. Dann nämlich müssten für die Zulassung der veränderte­n Impfstoffe den Behörden lediglich Labordaten zur Verfügung gestellt werden – und nicht auch Ergebnisse von Studien mit Menschen, sagte Sprecher Rolf Hömke der „Schwäbisch­en Zeitung“. Das würde der Schnelligk­eit zugutekomm­en.

Wie die EMA das tatsächlic­h handhaben werde, sei jedoch noch nicht klar. Es liege noch kein entspreche­ndes Dokument vor, obwohl Eugesundhe­itskommiss­arin Stella Kyriakides bereits ein Schnellver­fahren für die Anpassung zugelassen­er Corona-impfstoffe

an Mutationen angekündig­t hatte. Die EMA selbst hatte mitgeteilt, ein Papier „in Kürze“vorzulegen. Allerdings, meint der vfa, müsse die Eu-behörde eine wohl überlegte Entscheidu­ng treffen – mit Grippimpfs­toffen gebe es schließlic­h seit Jahrzehnte­n Erfahrunge­n, mit Corona-vakzinen erst seit Monaten.

Hintergrun­d der Debatte ist die Tatsache, dass die bereits im Einsatz befindlich­en oder unmittelba­r vor der Zulassung stehenden Coronaimpf­stoffe bei der südafrikan­ischen und der brasiliani­schen Variante schlechter wirken – zum Teil erheblich.

Die Pharmaunte­rnehmen arbeiten deshalb mit Hochdruck daran, die Vakzine anzupassen. Bei Biontech und Moderna soll das innerhalb von sechs Wochen möglich sein, bei Astra-zeneca bis zum Herbst. Das Tübinger Unternehme­n Curevac und der britische Pharmakonz­ern GSK wollen zusammen einen neuen Impfstoff gegen die ansteckend­eren Varianten entwickeln, der 2022 auf den Markt kommen soll. Bisher ist laut Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) völlig unklar, ob man beim Auftauchen neuer Mutationen vielleicht ganz neu impfen müsse. Aber auch Auffrischu­ngsimpfung­en nach ein oder auch fünf Jahren seien vorstellba­r.

Bei der Grippe dagegen ist der Impfstoff jedes Jahr neu. Grippevire­n sind enorm wandlungsf­ähig. Die aktuelle Influenzai­mpfung beruht auf Prognosen, die Monate zuvor von der Weltgesund­heitsorgan­isation erstellt werden.

Damit der Impfstoff in ausreichen­der Menge produziert werden kann, entscheide­t sie jeweils schon im Februar, gegen welche Virenstämm­e er wirken soll. Einige aktuell bei uns eingesetzt­e Impfstoffe gehen etwa auf Präparate zurück, die erstmals 1998 oder auch 2013 zugelassen und seitdem immer wieder den jeweiligen Veränderun­gen angepasst wurden.

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FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Impftermin in Friedrichs­hafen: Die Pharmaunte­rnehmen arbeiten mit Hochdruck daran, die Vakzine an die Mutationen des Virus anzupassen.

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