Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Fahrschüler ausgebremst
Derzeit nur berufsbedingte Ausbildung möglich – Das sagen Bad Wurzacher Fahrlehrer
- „Bar jeder Logik“: So bezeichnet der Fahrlehrerverband Baden-württemberg die Entscheidung der Landesregierung, Fahrschulen in großen Teilen weiter geschlossen zu halten. Diese Ansicht teilt auch die Fahrschule Montag.
„Zutiefst erschrocken“sei er gewesen, dass Fahrschulen in der jüngsten Corona-verordnung des Landes nicht einmal erwähnt worden seien, sagt Fabian Epple, Chef der Fahrschule Montag in Bad Waldsee und Bad Wurzach. „Wir hatten die große Hoffnung, dass wir wie unsere Kollegen in Bayern wenigstens ab 22. Februar wieder komplett öffnen dürfen.“In Hessen wurden Fahrschulen sogar ganz vom Lockdown ausgenommen, in Niedersachsen durften sie vor Kurzem schon wieder öffnen.
In einem „Teil-lockdown“, wie es Epples Kollege Peter Wild von der Allgäu-akademie in Bad Wurzach ausdrückt, befinden sich die Fahrschulen im Südwesten seit dem 11. Januar. In der Dezember-verordnung waren sie noch ausgenommen, bei der Verschärfung am 11. Januar wurde ihre Schließung angeordnet. Von dieser Schließung betroffen sind die privaten Fahrschüler. Weiterhin möglich sind beruflich bedingte Ausund Weiterbildungen, also zum Beispiel für Lkw- und Busfahrer, aber auch für Fahrschüler, denen dies von der Arbeitsagentur als notwendige Maßnahme bescheinigt wurde. Die Selbstzahler als weit überwiegender Teil der Kundschaft von Epple und Wild indes sind seit 11. Januar außen vor. Die Fahrschule Montag bietet ihnen einen Online-unterricht – vom Gesetzgeber bis zum 30. September befristet erlaubt – über die Videoplattform Zoom an. „Das läuft ganz gut und wird auch gerne angenommen“, berichtet Epple, „aber irgendwann ist man damit halt fertig und der Schüler muss auch mal hinters Lenkrad.“
Pausieren müssen derzeit übrigens auch die Teilnehmer der Nachschulungsseminare, also diejenigen, die sich während ihrer Probezeit etwas zuschulden haben kommen lassen. „Sie dürfen nicht online unterrichtet werden“, sagt Epple.
Für die Wiederaufnahme des regulären Fahrschulbetriebs sei alles bereit, betonen Wild und Epple. Bereits im vergangenen Jahr haben sie Hygienekonzepte entwickelt und umgesetzt. So sind die Unterrichtsgruppen kleiner, Spender für Desinfektionsmittel stehen bereit, zwischen Vorder- und Rücksitz im Auto befindet sich eine Plexiglasscheibe, die Fahrzeuge werden nach jeder Fahrstunde desinfiziert, Lehrer und Schüler müssen Maske tragen und mehr als zwei Personen dürfen sich – von der Prüfungsfahrt abgesehen – nicht im Auto befinden. „Vor allem die Maske ist für die Fahrschüler natürlich eine zusätzliche Belastung“, hat Epple dabei festgestellt. „Sie sind ja sowieso schon unter Stress.“Die beiden Fahrschulinhaber gehen nach dem Ende des Lockdowns von einem neuerlichen Stau im Betrieb aus. Viele Fahrschüler treffen dann auf begrenzte Kapazitäten sowohl im Theorie- als auch im Praxisunterricht. „Lange Wartezeiten sind zu befürchten“, sagt Epple, auch wegen des Fahrlehrermangels. Peter Wild bittet daher vorsorglich heute schon um „Solidarität und Geduld bei Schülern und Eltern. Eine individuelle Ausbildung braucht ihre Zeit und die Warteliste lässt sich nicht von heute auf morgen abarbeiten.“Schon im vergangenen Sommer sei dies nach dem zweimonatigen Frühjahrs-lockdown nur dank einer guten Personalstärke mit vereinten Kräften gelungen.
Der zweite Lockdown innerhalb eines Jahres trifft die Fahrschulen auch wirtschaftlich. Er komme derzeit schon über die Runden, sagt Epple, „aber die Verluste des ersten Lockdowns sind jetzt natürlich nicht hereinzuholen. Und Investitionen, zum Beispiel in ein neues Fahrzeug, überlegt man sich jetzt schon zweimal, zumal man ja nicht weiß, ob nicht noch ein Lockdown kommt.“
Der Fahrlehrerverband spricht von einer „nicht länger ertragbaren wirtschaftlichen Not“und befürchtet dass „Fahrschulen der Reihe nach kaputtgehen“. Das würde das Ausbildungsangebot weiter verknappen und damit die Preise nach oben treiben. Schon jetzt, so befürchten Epple und Wild, werde die Ausbildung einigen Fahrschülern teurer kommen. Der eine oder andere werde nach der langen Pause nun sicherlich einige Stunden mehr zur Auffrischung nehmen müssen.
Der Fahrlehrerverband, der nach eigenen Angaben rund 1800 Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer im Südwesten vertritt, hat angekündigt, die Klage eines Verbandsmitglieds vor dem Verwaltungsgericht gegen den Fahrschul-lockdown nach Kräften zu unterstützen.
Peter Wild setzt seine Hoffnung indes auf den 7. März, wenn die derzeitigen Verordnungen auslaufen. „Ich wünsche mir, dass sich jeder an die Spielregeln hält, damit dann tatsächlich der Lockdown enden kann.“