Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
AVL SET schafft Grundlage für Firmensitz
So ist der Stand bei den geplanten Firmenansiedlungen und der Alten Spinnerei in Wangen
- Auf dem von der Stadt neu entwickelten Erba-areal werden sich bekanntlich auch diverse Unternehmen ansiedeln. Das größte Projekt schultert der E-mobilitätsspezialist AVL SET Gmbh, der in gut einem Jahr seinen Firmensitz vom Waltersbühl aufs Gelände der früheren Baumwollspinnerei verlagern will. Die Baugenehmigung ist mittlerweile da, die Erdarbeiten haben bereits begonnen.
Was bei der AVL SET Gmbh derzeit passiert
Über lange Zeit wurde im Bereich der früheren Erba-weberei gebaggert, abgerissen und Material entsorgt. In der Nachbarschaft des Pförtnergebäudes entstand zunächst in Rekordzeit ein Parkhaus, das Ende 2019 in Betrieb ging. Auf dem Gelände östlich davon hatten dessen Investor Wolfgang Forster und die Stadt ursprünglich ebenfalls diverses Gewerbe geplant. Dass sich jetzt hier, auf rund 8500 Quadratmetern, die AVL SET Gmbh ansiedeln kann, war nur möglich, weil Forster sein Grundstück an die Stadt zurückgab. Und so sind auf der Fläche aktuell erneut wieder Bagger, Raupen und Lkw zu sehen, die nun die Grundlage schaffen für den neuen Firmensitz des selbsternannten Innovationsführers bei Testsystemen für spezielle Komponenten von Elektrofahrzeugen.
Geplant ist auf einer Grundfläche von über 3000 Quadratmetern ein dreigeschossiger, rund 15 Meter hoher Gebäudekomplex. Im Erdgeschoss
werden Labore, Lager und Montage untergebracht sein. In den beiden oberen Stockwerken, die als miteinander verbundene Flügel ausgelegt sind, sollen Büros und Meetingräume entstehen. Zur Quartiersgarage hin sind Parkplätze geplant, mit einer Ladeinfrastruktur für Elektromobilität. Die gut 1500 Quadratmeter große Fläche auf der östlichen Gebäudeseite dient einer eventuellen Erweiterung. Optisch wird diese Front rein funktionell gestaltet sein, gen Westen spricht Geschäftsführer Tobias Schelter von einer „repräsentativen Glasfassade“. Nord- und Südseite sind, wie beim benachbarten Parkhaus, von der Optik her der früheren Erbawerksmauer nachempfunden.
Der ursprünglich für Ende 2020 geplante Baustart hat sich um einige Wochen, in den Februar 2021 hinein, verschoben. „Das hat uns jedoch nicht viel Zeit gekostet, wir konnten die letzten Wochen für weitere Planungen nutzen“, so Schelter. Bis spätestens Juni soll der Rohbau stehen, bis zum Herbst soll das Gebäude dicht sein, damit der Innenausbau starten kann. Bezugsfertig ist die neue Firmenzentrale, Stand jetzt, dann noch im ersten Quartal 2022.
Ausgelegt wird der Gebäudekomplex für rund 250 Beschäftigte sein – knapp doppelt so viel wie aktuell am erst 2017 erweiterten Firmensitz im Waltersbühl arbeiten, der wegen des enormen Wachstums der vergangenen Jahre aber schon längst wieder aus allen Nähten platzt. Laut Tobias Schelter haben für diese Gewerbefläche bereits mehrere Firmen aus der Region Interesse bekundet.
Wie bei Candor der Stand der Dinge ist
In unmittelbarer Nachbarschaft wird ein weiterer technologischer Marktführer seine neuen Zelte aufschlagen: die Candor Bioscience Gmbh. Das im Gewerbegebiet ansässige Biotechnologie-unternehmen will ebenfalls expandieren und plant, bis zum Frühjahr 2022 das Carderie-gebäude (frühere Flüchtlingsunterkunft) grundlegend zu sanieren und dort zusammen mit anderen Firmen einzuziehen – also annähernd zum gleichen Zeitpunkt wie AVL SET. Ob dies klappt, erscheint Stand jetzt eher fraglich. Zumindest der Bauantrag ist mittlerweile eingereicht, wie Candor-geschäftsführer Tobias Polifke auf Sz-anfrage berichtet. Auch seien noch einige Flächen in der Carderie zu vermieten. Von den 3200 Quadratmetern Gewerbefläche im zweigeschossigen Gebäude will Candor im westlichen Teil Richtung Alte Spinnerei nur 1800 Quadratmeter selbst nutzen. Die noch freien Flächen liegen auf der Ostseite in Richtung Platz der Jugend. Dort soll eine geöffnete und teilweise verglaste Fassade den Blick auf die Tragwerksstruktur des Gebäudes für Passanten ermöglichen. Das gesamte Gebäude soll umfassend saniert werden, bei Brandschutz, Technik und Gebäudehülle, denn laut Polifke wird bei der Carderie der Effizienz-standard KFW 70 erreicht werden.
Wie es bei der Alten Spinnerei weitergeht
Noch scheint die Zukunft der Alten Spinnerei ungeklärt. Einziger Nutzer des denkmalgeschützten, aus den 1860er-jahren stammenden Gebäudes ist seit einigen Jahren der Erbamuseumsverein, der dort diverse Maschinen, Stoffe und andere Erinnerungsstücke aus der früheren Baumwollspinnerei eingelagert hat. Mittlerweile hat sich die Stadt dazu entschlossen, das Fabrikgebäude noch vor der Landesgartenschau 2024 neu zu beleben und bei der künftigen Nutzung auch den Museumsverein zu berücksichtigen, wie OB Michael Lang unlängst auf Szanfrage sagte. Dem Vernehmen nach gibt es bereits einen interessierten Investor, der in diesen Wochen sein weiter ausgearbeitetes Konzept vorstellen soll. „Ich hoffe noch auf eine Entscheidung im Februar“, so Lang. Denn die Zeit drängt. Weil das vor allem im Schneechaos vor zwei Jahren in Mitleidenschaft gezogene und seitdem marode Dach so schnell wie möglich saniert und gesichert gehört und der Denkmalschutz bei dem ältesten Gebäude auf dem Erba-areal ein gewichtiges Wort mitredet, sollte es noch in diesem Frühjahr mit den konkreten Planungen losgehen, um mit der Sanierung noch vor der Landesgartenschau
fertig zu sein. Wie sich das älteste Erba-fabrikgebäude 2024 präsentieren könnte? Dem Vernehmen nach sieht das Konzept nicht nur Wohnen und Raum für den Erbamuseumsverein vor, sondern auch einen größeren Bereich, der sich ums Thema „Automobil“dreht. Sollten die Investorenpläne grünes Licht bekommen, will die Stadt damit womöglich noch im März/april an die Öffentlichkeit gehen.