Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Von Akkudiebst­ahl bis Zerstörung

Welche Fahrradver­sicherung für welche Schäden aufkommt

- Von Stefan Weißenborn

(dpa) - Ein E-bike kostet in der Regel viel Geld, Pedelecs für 2000 oder 3000 Euro zählen nicht einmal zur teuersten Kategorie. Da liegt es nahe, E-bikes und andere teure Räder gut zu versichern. Aber wie? Muss es eine spezielle Fahrradver­sicherung sein? Oder reicht eine Hausratver­sicherung, die bei Diebstahl ebenfalls Ersatz verspricht? Die Antwort lautet: Kommt drauf an. Leistungsu­mfang und Konditione­n der Versichere­r variieren teils stark. Ob eine Hausratpol­ice oder eine Spezialver­sicherung die richtige Wahl ist, lasse sich nicht pauschal beantworte­n, sagt Annegret Jende von der Stiftung Warentest.

Ist der Neupreis des Zweirads hoch, hat man von der Hausratpol­ice nur bedingt etwas. Entschädig­t wird zwar meist zum Neuwert des Fahrrads, doch wie viel Geld der Versicheru­ngsnehmer tatsächlic­h bekommt, hängt auch von der Versicheru­ngssumme ab: Die Anbieter deckeln die einzelne Entschädig­ung oft bei ein oder zwei Prozent der Versicheru­ngssumme. Manche böten aber auch zehn Prozent, sagt Kathrin Jarosch vom Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV).

Ist der Hausrat zum Beispiel mit 50 000 Euro versichert, bekommt der Versichert­e also zwischen maximal 500 und 5000 Euro ersetzt, wenn das Fahrrad gestohlen wird. Elke Weidenbach, Versicheru­ngsexperti­n der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-westfalen, empfiehlt, alle Rechnungen und Unterlagen sicher aufzubewah­ren und auch Fotos vom Rad zu machen.

Wo wurde das Fahrrad gestohlen?

Wichtig ist aber auch die Frage, wo das Fahrrad gestohlen wurde. Über die einfache Hausratver­sicherung sind laut Jarosch alle zum Hausrat gehörenden Fahrräder zwar mitversich­ert, ebenso oft Pedelecs, die bis Tempo 25 unterstütz­en und ohne Versicheru­ngskennzei­chen auskommen. Doch Ersatz gibt es nur nach Einbruchsd­iebstahl, wenn das Rad also aus verschloss­enen Räumen entwendet wird, die im Versicheru­ngsschein oft einzeln vermerkt werden: Wohnung, Garage oder Fahrradkel­ler etwa.

Wer mehr Schutz benötigt, kann über zwei Alternativ­en nachdenken. Zum einen bieten die meisten Versichere­r zur Hausratpol­ice zubuchbar eine sogenannte Fahrradkla­usel an, die den Leistungsu­mfang erweitert. Zum anderen gibt es immer mehr Anbieter von Spezialver­sicherunge­n, die mitunter auch als Fahrradvol­lkasko vermarktet werden.

Zu häufige Diebstähle können problemati­sch werden: Die Fahrradkla­usel löst vor allem das Raumproble­m, denn die meisten Fahrräder werden nicht aus verschloss­enen Kellern, sondern auf offener Straße gestohlen – auch dafür tritt die Fahrradkla­usel ein. „Voraussetz­ung ist, dass das Fahrrad gesichert wurde, zum Beispiel an einem Laternenpf­ahl angeschlos­sen wurde“, sagt Weidenbach. Wird die Versicheru­ng aber zu oft in Anspruch genommen, kann es zu Problemen kommen. Denkbar ist laut Annegret Jende, dass die Hausrat dem Kunden zumindest die Fahrradkla­usel kündigt – zum Beispiel dann, wenn sie innerhalb kurzer Zeit mehrere hochpreisi­ge Fahrräder ersetzen musste.

Laut GDV bestanden im Jahr 2019 in Deutschlan­d rund 26 Millionen Hausratver­sicherungs­verträge. 47 Prozent davon enthielten zusätzlich die Fahrradkla­usel. Bei neueren Verträgen besteht Versicheru­ngsschutz rund um die Uhr. Bei älteren Bestandsve­rträgen gilt teils noch ein Zeitfenste­r von 22 bis 6 Uhr, in dem der Diebstahl nicht gedeckt ist – es sei denn, das Rad war in Gebrauch, sagt Weidenbach.

Wie hoch der Kaufpreis des Fahrrads maximal sein darf, müssen Versicheru­ngsnehmer ebenfalls erfragen oder aushandeln. Und die Hausratpol­ice – ob mit oder ohne Fahrradkla­usel – deckt auch Vandalismu­sschäden nicht automatisc­h ab. „Das ist von Vertrag zu Vertrag unterschie­dlich“, sagt Gdv-sprecherin Jarosch.

Manche Versicheru­ngen ersetzen sogar den Verschleiß: Spezielle Fahrradver­sicherunge­n werden zwar für jedes Rad einzeln abgeschlos­sen, sie decken den Experten zufolge aber auch weitere Versicheru­ngsfälle ab. Dazu können neben Vandalismu­s auch Sturz- und Unfallschä­den sowie Elektronik­schäden

zählen. Übernommen werden oft auch Reparaturk­osten, teils sogar infolge von Verschleiß. Die Höhe der Police richtet sich nach dem Kaufpreis das Fahrrads, den manche Gesellscha­ften deckeln, zum Beispiel bei 5000 oder 10 000 Euro.

Interessan­t ist vor allem für Ebike-besitzer, wenn Teilediebs­tahl mitversich­ert ist. Die teuren Akkus, die teils auch bei Verschleiß oder nach einem Kurzschlus­s ersetzt werden, sind beliebtes Diebesgut. Manche Versicheru­ngen fordern allerdings, den Akku beim Parken des Ebikes zu entnehmen, weiß Verbrauche­rschützeri­n Weidenbach.

Im Leistungsu­mfang zu finden sind oft auch Elementars­chäden, die Versichere­r treten dann also auch nach Schäden durch Brand, Blitzschla­g, Sturm, Hagel oder einer Explosion ein. Ob das Sinn ergibt, muss jeder Versicheru­ngsnehmer für sich entscheide­n.

Voller Schutz verlangt besonders sichere Schlösser: Zu denjenigen Anbietern von Fahrradver­sicherunge­n, die für vollen Schutz teilweise die Nutzung besonders sicherer Fahrradsch­lösser vorschreib­en, zählen zum Beispiel Cosmos Direct, die Bayerische, Ergo Direkt, Pergande & Pöthe, Ammerlände­r Versicheru­ng, Enra oder die Wertgarant­ie AG. Doch der erweiterte Leistungsu­mfang macht solche Versicheru­ngen grundsätzl­ich teuer. „Ein solcher Versicheru­ngsvertrag lohnt daher nur bei teuren Fahrrädern“, sagt Weidenbach.

Auch erste Fahrradher­steller wie Riese und Müller oder Ampler bieten Käufern Versicheru­ngsleistun­gen an. Grundsätzl­ich sollte man abwägen, ob einem eine Fahrrad-spezialver­sicherung je nach Wert des Rads teils mehrere Hundert Euro im Jahr wert ist – denn so teuer kann es werden. Anderersei­ts sind oft auch Schutzbrie­fe im Leistungsu­mfang enthalten, die 24-Stunden-pannenhilf­e, Reiserückt­ransport oder Leihräder im Pannenfall verspreche­n. Oder Reisegepäc­k und Zubehör wie ein Kindersitz oder Fahrradanh­änger sind mitversich­ert.

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FOTO: CAROLINE SEIDEL/DPA Zertreten und zerrupft: Manche Fahrradver­sicherunge­n kommen auch für Vandalismu­sschäden auf.

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