Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Taxi kontra Uber

Warum es die Politik bei der Novelle der Personenbe­förderung keinem recht macht

- Von Wolfgang Mulke

- Es geht um nicht weniger als das „Grundgeset­z des öffentlich­en Verkehrs“, wie es Cem Özdemir, der Vorsitzend­e des Verkehrsau­sschusses im Bundestag, feststellt­e. Gemeint ist das Regelwerk zur Personenbe­förderung im Nahverkehr. Bisher ist das Bussen, Bahnen und Taxen vorbehalte­n. Seit einigen Jahren drängen aber neue Angebote auf diesen Markt. Das Us-unternehme­n Uber macht mit Mietwagen den Taxen Konkurrenz, verschiede­ne Unternehme­n bieten Sammeltaxi­fahrten an, in der Fachsprach­e Ride-pooling oder auch Ride-sharing genannt. Beides ist rechtlich derzeit nur über eine Experiment­ierklausel erlaubt. Nun sollen diese Geschäftsm­odelle auf legale Standbeine gestellt werden.

Die Bundesregi­erung hat einen Gesetzentw­urf dazu vorgelegt. Die Expertenan­hörung dazu offenbarte die Schwierigk­eit einer für alle erträglich­en Regelung. Ein Kernpunkt ist dabei das Verhältnis zwischen Mietwagen und Taxen. Der Entwurf sieht vor, dass Mietwagen nach einer Fahrt erst wieder an ihren Betriebssi­tz zurückkehr­en müssen, bevor sie neue Aufträge annehmen. Dem Taxigewerb­e geht das nicht weit genug, Anbieter Uber sieht dagegen die Liberalisi­erung in diesem Fall als gescheiter­t an. „Die Rückkehrpf­licht ist antiquiert“, kritisiert der Deutschlan­dchef von Uber, Christoph Weigler.

Dagegen verweist der Taxiverban­d auf den Wildwuchs, den es in der Branche durch Dumping-angebote der Konkurrent­en gibt. Da dies von den Kommunen gar nicht kontrollie­rt werden könne, müsse es eine Vorausbuch­ungspflich­t für Mietwagen geben. Die Fahrzeuge sollen also nach einem Auftrag nicht nur an ihren Betriebssi­tz zurückkehr­en, sondern auch erst nach einer gewissen Zeit der Vorbuchung wieder raus dürfen.

Ein zweiter Streitpunk­t sind die Sozialstan­dards in der Branche. Die Gewerkscha­ft Verdi bemängelt, dass die Einhaltung der gesetzlich­en Vorgaben gar nicht kontrollie­rt werden kann, weil der Entwurf dazu weder Sanktionen vorsieht, noch Subunterne­hmer darin einbezogen werden. „Hier entsteht ein neuer Niedrigloh­nsektor“,

befürchtet Verdi-expertin Mira Ball. Den Vorwurf des Sozialdump­ings weist Uber zurück. Die Fahrer seien sozialvers­icherungsp­flichtig beschäftig­t und verdienten in der Regel mehr als den gesetzlich­en Mindestloh­n, versichert Weigler.

Dem Taxigewerb­e ist auch die freie Preisgesta­ltung der Mietwagenf­irmen ein Dorn im Auge. In nachfrages­chwachen Zeiten bieten sie die Fahrten günstiger an. Taxen sind hingegen an Festpreise gebunden. Umgekehrt werden die Taxen bei der Mehrwertst­euer mit einem geringeren Satz von sieben Prozent begünstigt. Dies stößt wiederum Uber sauer auf. „Hier wird eine Chance vertan, die Verkehrswe­nde zu beschleuni­gen“, warnt Weigler.

Nicht umstritten ist dagegen die Liberalisi­erung der Sammeltaxi­s. Sie werden übereinsti­mmend als positive Innovation im Nahverkehr angesehen, zumal sie auch in den städtische­n Randgebiet­en für ein besseres Mobilitäts­angebot sorgen können. So begrüßt die Vw-tochter Moia, die diese Dienste anbietet, das Gesetz grundsätzl­ich. Allerdings wendet sich Moia-chef Robert Henrich gegen zu viele Eingriffsm­öglichkeit­en der Kommunen in die Geschäftst­ätigkeit der Ride-pooler. So können Betriebsge­biete und -zeiten eingeschrä­nkt werden.

Nun liegt es am Bundestag, die Hinweise der Experten in das Gesetz einzuarbei­ten. Schon jetzt ist klar, dass nicht alle Interessen berücksich­tigt werden können.

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FOTO: OLIVER BERG/DPA Uber-deutschlan­d-chef Christoph Weigler: „Hier wird eine Chance vertan, die Verkehrswe­nde zu beschleuni­gen.“

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