Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Taxi kontra Uber
Warum es die Politik bei der Novelle der Personenbeförderung keinem recht macht
- Es geht um nicht weniger als das „Grundgesetz des öffentlichen Verkehrs“, wie es Cem Özdemir, der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, feststellte. Gemeint ist das Regelwerk zur Personenbeförderung im Nahverkehr. Bisher ist das Bussen, Bahnen und Taxen vorbehalten. Seit einigen Jahren drängen aber neue Angebote auf diesen Markt. Das Us-unternehmen Uber macht mit Mietwagen den Taxen Konkurrenz, verschiedene Unternehmen bieten Sammeltaxifahrten an, in der Fachsprache Ride-pooling oder auch Ride-sharing genannt. Beides ist rechtlich derzeit nur über eine Experimentierklausel erlaubt. Nun sollen diese Geschäftsmodelle auf legale Standbeine gestellt werden.
Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf dazu vorgelegt. Die Expertenanhörung dazu offenbarte die Schwierigkeit einer für alle erträglichen Regelung. Ein Kernpunkt ist dabei das Verhältnis zwischen Mietwagen und Taxen. Der Entwurf sieht vor, dass Mietwagen nach einer Fahrt erst wieder an ihren Betriebssitz zurückkehren müssen, bevor sie neue Aufträge annehmen. Dem Taxigewerbe geht das nicht weit genug, Anbieter Uber sieht dagegen die Liberalisierung in diesem Fall als gescheitert an. „Die Rückkehrpflicht ist antiquiert“, kritisiert der Deutschlandchef von Uber, Christoph Weigler.
Dagegen verweist der Taxiverband auf den Wildwuchs, den es in der Branche durch Dumping-angebote der Konkurrenten gibt. Da dies von den Kommunen gar nicht kontrolliert werden könne, müsse es eine Vorausbuchungspflicht für Mietwagen geben. Die Fahrzeuge sollen also nach einem Auftrag nicht nur an ihren Betriebssitz zurückkehren, sondern auch erst nach einer gewissen Zeit der Vorbuchung wieder raus dürfen.
Ein zweiter Streitpunkt sind die Sozialstandards in der Branche. Die Gewerkschaft Verdi bemängelt, dass die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben gar nicht kontrolliert werden kann, weil der Entwurf dazu weder Sanktionen vorsieht, noch Subunternehmer darin einbezogen werden. „Hier entsteht ein neuer Niedriglohnsektor“,
befürchtet Verdi-expertin Mira Ball. Den Vorwurf des Sozialdumpings weist Uber zurück. Die Fahrer seien sozialversicherungspflichtig beschäftigt und verdienten in der Regel mehr als den gesetzlichen Mindestlohn, versichert Weigler.
Dem Taxigewerbe ist auch die freie Preisgestaltung der Mietwagenfirmen ein Dorn im Auge. In nachfrageschwachen Zeiten bieten sie die Fahrten günstiger an. Taxen sind hingegen an Festpreise gebunden. Umgekehrt werden die Taxen bei der Mehrwertsteuer mit einem geringeren Satz von sieben Prozent begünstigt. Dies stößt wiederum Uber sauer auf. „Hier wird eine Chance vertan, die Verkehrswende zu beschleunigen“, warnt Weigler.
Nicht umstritten ist dagegen die Liberalisierung der Sammeltaxis. Sie werden übereinstimmend als positive Innovation im Nahverkehr angesehen, zumal sie auch in den städtischen Randgebieten für ein besseres Mobilitätsangebot sorgen können. So begrüßt die Vw-tochter Moia, die diese Dienste anbietet, das Gesetz grundsätzlich. Allerdings wendet sich Moia-chef Robert Henrich gegen zu viele Eingriffsmöglichkeiten der Kommunen in die Geschäftstätigkeit der Ride-pooler. So können Betriebsgebiete und -zeiten eingeschränkt werden.
Nun liegt es am Bundestag, die Hinweise der Experten in das Gesetz einzuarbeiten. Schon jetzt ist klar, dass nicht alle Interessen berücksichtigt werden können.