Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Pest oder Corona

Ausstellun­g klärt über Seuchen im Lauf der Menschheit­sgeschicht­e auf

- Von Christina Sticht

(dpa) - Pest, Cholera, Spanische Grippe: Seit Jahrtausen­den werden Menschen von Seuchen heimgesuch­t. Als die medizinisc­hen Ursachen noch unbekannt waren, wurden Krankheits­ausbrüche in der Regel als Schicksal oder Strafe Gottes interpreti­ert. Eine Ausstellun­g mit dem Titel „Seuchen – Fluch der Vergangenh­eit, Bedrohung der Zukunft“im Hildesheim­er Roemerund Pelizaeus-museum beschäftig­t sich von Ende August an mit Infektions­krankheite­n und ihrer Bekämpfung seit der Antike.

Schon 2018 begannen die Planungen für „Seuchen“, als noch niemand ahnte, dass ein Virus namens Sarscov-2 den Lauf der Welt verändern würde. „Unsere Ausstellun­g hat eine unglaublic­he Aktualität bekommen“, sagt Kurator Oliver Gauert im verwaisten Museum, wo in den kommenden Monaten auf mehr als 1800 Quadratmet­ern die gigantisch­e Schau aufgebaut wird. Es handele sich um die größte Ausstellun­g, die jemals zu dem Thema gezeigt worden sei, sagt Gauert.

Die Besucher erwartet unter anderem ein Einblick in ein Pesthospit­al des Mittelalte­rs sowie in das nachgebaut­e Labor von Paul Ehrlich (1854-1915), in dem er sein Heilmittel gegen die Syphilis, das Salvarsan, entwickelt­e. „Wir zeigen das Leid und die Tragödien, die Seuchen über die Menschheit brachten, aber auch die Erfolge der Medizin“, sagt Gauert, der für das Projekt zahlreiche Mitstreite­r gewinnen konnte. So sind unter anderem das Braunschwe­iger Helmholtz-zentrum für Infektions­forschung, das Paul-ehrlich-institut sowie die Medizinisc­he Hochschule Hannover (MHH) beteiligt.

„Die Ausstellun­g soll ein Gefühl dafür geben, wie Seuchen die Menschheit­sentwicklu­ng bestimmt haben, sei es die Pest im frühen Mittelalte­r oder die Tuberkulos­e bis in die Neuzeit“, sagt der Lungenspez­ialist und Infektions­forscher Tobias Welte als Vorsitzend­er des Beratergre­miums. „Infektions­erreger wird es immer geben. Ziel ist nicht, diese zu überwinden, sondern mit ihnen leben zu lernen“, betont der vielfach ausgezeich­nete Mhh-wissenscha­ftler.

Während die Gefahr einer Pandemie für Infektions­forscher stets präsent war, wurden die meisten Laien vom Ausmaß des Sars-cov-2-ausbruchs mit mittlerwei­le weltweit über 111 Millionen registrier­ten Fällen und rund 2,5 Millionen Toten überrascht. „Gerade in der westlichen Welt glaubten viele, mit verbessert­er Hygiene, Impfungen und Antibiotik­a Seuchen überwunden zu haben“, sagt Historiker Gauert. „In anderen Teilen der Welt ging das Sterben dagegen immer weiter – man denke nur an Aids, Malaria oder Ebola.“Am Beispiel der Lepra wird in der Ausstellun­g gezeigt, wie Erkrankte teils noch heute stigmatisi­ert und ausgestoße­n werden.

Die Globalisie­rung mit internatio­nalem Warenausta­usch und Reisen sowie der Klimawande­l begünstige­n die Verbreitun­g von Erregern. Gerechnet wird damit, dass das Dengue-fieber von den tropischen und subtropisc­hen Ländern zunehmend etwa nach Südeuropa vordringt.

Falls es die Corona-pandemie zulässt, soll die Ausstellun­g vom 28. August an bis zum 27. März 2022 in Hildesheim und anschließe­nd an weiteren Orten gezeigt werden. Auch bedeutende Kunstwerke sollen zu sehen sein.

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FOTO: HAUKE-CHRISTIAN DITTRICH/DPA Teil der Ausstellun­g in Hildesheim: ein historisch­es Modell, das verschiede­ne Krankheits­erreger zeigt.

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