Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Gefälschter Rundbrief zum Regionalplan sorgt für Ärger
Regionalverbandsdirektor Franke distanziert sich von Schreiben: „Das ist nicht von uns“
- Ein gefälschter Rundbrief sorgt für Furore: In zahlreichen Briefkästen in Ravensburg und Berg ist am Wochenende ein vermeintliches Schreiben des Regionalverbands Bodensee-oberschwaben eingeworfen worden. Der auf den ersten Blick täuschend echte Brief trägt den korrekten Briefkopf und das korrekte Logo der Planungsbehörde. Inhaltlich werden darin jedoch Behauptungen über den Regionalplan aufgestellt, die verraten, dass der oder die Verfasser eher zu den Gegnern als zu den Autoren des Entwurfs gehören.
In der amtlich wirkenden „Postwurfsendung an alle Haushalte in Bodensee-oberschwaben“wird unter anderem auf die bisherige Berichterstattung in der „Schwäbischen Zeitung“über den Regionalplan hingewiesen. Der momentane Plan stamme aus dem Jahr 1996 und hemme die weitere Entwicklung in der Region – eine Position, die beispielsweise CDU und FDP tatsächlich vertreten. Weiter wird unterstellt, dass der Plan hauptsächlich oder ausschließlich mit Vertretern von Wirtschaft und Industrie abgestimmt worden sei. Daher würden auf den Bürger „höhere Buskosten“zukommen, weil neue Straßenbauprojekte anders nicht finanziert werden könnten – eine etwas abenteuerliche Behauptung, denn die Umgehungsstraßen werden von Bund und Land finanziert, während Buspreise in den Aufsichtsräten der regionalen Verkehrsverbünde festgelegt und dann zum Teil noch von kommunalpolitischen Gremien abgesegnet werden.
In einem weiteren Absatz geht es um den Kiesabbau im Altdorfer Wald. Auch da ist unverkennbar, dass das Schreiben aus der Sicht der Regionalplan-gegner formuliert wurde, denn es heißt unter anderem: „Da in der Schweiz und in Österreich restriktivere Umweltauflagen den Kiesabbau in die Schranken weisen, betreiben wir mit unseren Nachbarländern rege Kieshandelsbeziehungen. Um deren Nachfrage auch in Zukunft decken zu können, weisen wir den Altdorfer Wald zur
Rodung aus.“Die Befürworter des Regionalplans meinen hingegen, der Kies werde zu einem Großteil für Neubauten in der hiesigen Region gebraucht und im Gegenzug zu den Kiesexporten in Nachbarländer würde die Region andere Rohstoffe importieren, zum Beispiel Sand.
In welchem Umkreis dieser gefälschte Rundbrief verteilt wurde, kann Regionalverbandsdirektor Wilfried Franke auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“nicht beantworten. „Uns haben dazu zahlreiche Anrufe erreicht, hauptsächlich aus Ravensburg und Berg. Die meisten identifizieren es aber als Fake News“, sagt Franke. „Das ist natürlich nicht von uns. Inhaltlich sind die wesentlichen Aussagen falsch.“
Da Briefkopf und Logo unrechtmäßig verwendet worden seien, will Franke überprüfen, ob ein Missbrauch vorliege und Strafanzeige gegen Unbekannt erstatten. Unterschriftenfälschung kommt wohl nicht infrage, denn unterzeichnet ist das Schreiben nicht.
Über die Frage, wer konkret dahintersteckt, mag er nicht spekulieren. Seit einigen Wochen regt sich aber heftiger Widerstand gegen den Planentwurf, der noch bis Ende des Monats für Stellungnahmen ausliegt und voraussichtlich im Juni 2021 nach über fünfjähriger Beratung verabschiedet werden soll. Der Plan regelt nicht nur, in welchem Umfang Rohstoffabbau ermöglicht wird, sondern er bildet auch den Rahmen für die bauliche, wirtschaftliche und verkehrliche Entwicklung in der Region Bodenseeoberschwaben, zu der die Landkreise Ravensburg, Sigmaringen und Bodensee gehören.
Junge Klimaaktivisten hatten Anfang des Monats das Gebäude des Regionalverbands am Hirschgraben in Ravensburg mit einem Banner teilweise eingehüllt. Zudem hatte sich ein Aktionsbündnis aus 19 Vereinen und Bürgerinitiativen zusammengeschlossen, um gegen den Plan vorzugehen, darunter die Ortsverbände von BUND und Nabu, aber auch „Fridays for future“, „Scientists for future“, Kies- und Kalksandabbaugegner und Gegner eines großen Kuhstalls in Ostrach.