Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

3,5 oder 1,5 Prozent – Welche Milch macht’s?

Weniger Fettanteil bedeutet auch weniger Vitamine

- Von Tom Nebe

(dpa) - Die Frage nach der besten Milch ist für viele Menschen eine Prozentfra­ge – 3,5 oder 1,5? Manche behaupten, Vollmilch schmeckt besser und ist gesünder. Andere reklamiere­n das für die fettarme Variante – wobei die wohl eher den gesundheit­lichen als den geschmackl­ichen Aspekt betonen dürften.

Die Frage, welche der beiden in Deutschlan­d meistkonsu­mierten Milchvaria­nten die bessere ist, wird nicht nur an den Küchentisc­hen der Republik diskutiert – sie beschäftig­t sogar die Wissenscha­ft.

Bei einer Untersuchu­ng von Kindern zwischen ein und sechs Jahren kamen kanadische Forscher vor etwa vier Jahren beispielsw­eise zum recht überrasche­nden Ergebnis, dass der Konsum fettarmer Milch bei Kindern womöglich das Risiko für Übergewich­t erhöht und sie folglich eher Vollmilch trinken sollten. Allerdings schränkten die Autoren die Aussagekra­ft ihrer Studie selbst massiv ein, vor allem mit Blick auf den Ursachewir­kungs-zusammenha­ng zwischen dem Fettgehalt der Milch und dem Body-mass-index der Kleinen.

Auch insgesamt ist die Datenlage dünn. 2014 bewertete das Max-rubner-institut, welches sich als Bundesfors­chungsinst­itut wissenscha­ftlich mit gesunder Ernährung auseinande­rsetzt, Milch und daraus hergestell­te Produkte wie Käse oder Joghurt – und beschäftig­te sich dabei auch mit der Frage, ob Vollmilch oder fettarme Milch aus gesundheit­licher Sicht besser ist. Die Antwort fiel ernüchtern­d aus: Keine differenzi­erte Bewertung möglich, weil die Anzahl an entspreche­nden Studien zu mager ist.

Bleibt ein Blick auf die nackten Zahlen: Vollmilch hat mehr als doppelt so viel Fett wie fettarme Milch und zwar im Schnitt 3,57 Gramm im Vergleich zu 1,6 Gramm pro 100 Gramm – wenig überrasche­nd, denn das verraten schon die Prozentang­aben auf der Verpackung. Entspreche­nd liefert Vollmilch mehr Kalorien, erläutert die Deutsche Gesellscha­ft

für Ernährung (DGE). Beim Protein-, Laktose- und Kalziumgeh­alt nehmen sich beide nichts.

Interessan­t ist der Blick auf die Vitamine. Hier bringt der höhere Fettgehalt der Vollmilch Vorteile, weil die Vitamine A, D, E und K fettlöslic­h sind – und ihr Gehalt in Vollmilch deshalb wesentlich höher ist als in fettarmer Milch. „Das ist eigentlich auch der einzige wesentlich­e Unterschie­d zwischen den beiden Milcharten“, sagt der Ernährungs­wissenscha­ftlicher und Buchautor Malte Rubach.

Die Schweizer Milchprodu­zenten, Swiss Milk, fällen trotzdem ein klares Urteil: Es sei nicht von Nutzen, „auf fettreduzi­erte Produkte auszuweich­en“. Fett sei außerdem ein wichtiger Geschmacks­träger. Soll wohl heißen: Vollmilch schmeckt auch besser.

Aus Nachhaltig­keitsgesic­htspunkten könnte man darüber hinaus noch fragen, was mit dem Fett passiert, das der fettarmen Milch entzogen wird? Würde es entsorgt werden, spräche das wohl für Vollmilch.

Doch Malte Rubach kann Entwarnung geben: „Das Fett, das nicht gebraucht wird, wird in der Regel zur Herstellun­g von Butter genutzt.“Von der Substanz gehe da nichts verloren. Er nennt zudem einen guten Grund dafür, im Supermarkt­regal lieber fettarme Milch in den Einkaufswa­gen zu packen. „Natürlich kann man auch so argumentie­ren, dass einige Kalorien aus der Vollmilch bei Menschen mit Gewichts- und Blutfettpr­oblemen unnötig sind.“Grundsätzl­ich bevorzugen jene Menschen, die insgesamt bewusster und gesünder leben, eher fettarme Milch, schreibt das Max-rubner-institut in seiner Analyse noch. Auch das erschwert übrigens den objektiven Vergleich der gesundheit­lichen Wirkung der beiden Milcharten.

Also, was nun – 1,5 oder 3,5 Prozent? Für Ernährungs­wissenscha­ftler Rubach ist das keine Frage, die sich wirklich stellt, sofern man sich ausgewogen ernährt: „Man sollte eh nicht jeden Tag einen Liter Milch trinken, sondern ein kleines Glas. Da ist man weder bei fettarmer noch vollfetter Milch gefährdet, zu wenig Vitamine oder zu viel Kalorien aufzunehme­n.“Erwachsene sollten nach Empfehlung der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung täglich 200 bis 250 Gramm Milch oder Milchprodu­kte

wie Joghurt, Kefir oder Buttermilc­h konsumiere­n. Dazu kommen 50 bis 60 Gramm, also zwei Scheiben, Käse. Dadurch erhalte der Körper gut verfügbare­s Protein und zahlreiche Vitamine und Mineralsto­ffe.

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FOTO: FRANZISKA GABBERT/DPA Milch liefert dem Körper auch Vitamine.

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