Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Geflügelpe­st: Behörden und Halter sind wachsam

In Bayern ist die Vogelgripp­e bereits in mehreren Kreisen aufgetrete­n – So bewerten Veterinära­mt und Landwirte in der Region die Lage

- Von Sybille Glatz

- Für Hühner und Puten ist es eine unsichtbar­e, aber tödliche Gefahr, die immer näher kommt: die Vogelgripp­e, auch Geflügelpe­st genannt. Mitte Januar wurde bei einem Schwan, der bei Konstanz tot aufgefunde­n wurde, die Vogelgripp­e nachgewies­en. Bis Mitte Februar wurde in mehreren bayerische­n Landkreise­n ein Vogelgripp­e-virus vom Typ H5N8 amtlich festgestel­lt. Gefunden wurde der Krankheits­erreger bei Wildvögeln wie Wildgänsen, Wildenten, Schwänen und Möwen, aber auch bei Nutztieren wie Hühnern.

Die Stadt Memmingen reagierte Anfang Februar mit einer Allgemeinv­erfügung auf die Bedrohung. So dürfen Wildvögel im Stadtgebie­t nicht mehr gefüttert werden. Wie beurteilen Behörden und Geflügelha­lter im Kreis die Situation? Und welche Maßnahmen plant das Biberacher Veterinära­mt?

„Das Friedrich-loeffler-institut beurteilt das Eintragsri­siko für Baden-württember­g weiterhin als hoch. Dementspre­chend bereitet sich das Landratsam­t Biberach auf einen möglichen Eintrag der Geflügelpe­st in den Landkreis vor“, antwortet Verena Miller, Sprecherin des Landratsam­tes, auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Wie Miller ausführt, sind Geflügelha­lter im Kreis angehalten, ihre Biosicherh­eitsmaßnah­men zu überprüfen und zu erhöhen.

Beim Kreisveter­inäramt sind etwa 1550 Geflügelha­ltungen, also Haltungen von Hühnern, Wassergefl­ügel, Laufvögel und sonstige Vögel mit etwa 807150 Tieren gemeldet. Eine davon ist der landwirtsc­haftliche Betrieb der Familie im Kirchdorfe­r Teilort Unteropfin­gen. „Wir machen alles so gewissenha­ft wie vorher“, sagt Thomas Makary. So gebe es für die

Hühnerhalt­ung eine eigene Betriebskl­eidung und separates Schuhwerk, sagt Makary. Neben Ziegen werden auf dem ökologisch wirtschaft­enden Hof auch Legehennen gehalten. Diese dürfen nach wie vor nach draußen. Wie Makary betont, müssen sie das sogar. „Eine Auflage für die Biolegehen­nenhaltung ist die Pflicht zum Auslauf“, erläutert er. „Um zehn Uhr morgens gehen die Luken auf. Bei Einbruch der Dämmerung, so gegen fünf, halb sechs, kehren die Hühner wieder in den Stall zurück.“

Eine weitere Vorsichtsm­aßnahme ist die Beobachtun­g der Umgebung. „Wir achten darauf, ob wir tote Vögel um das Gelände herum finden“, sagt Makary. Im Gespräch mit der

„Schwäbisch­en Zeitung“zeigt sich der Landwirt nicht groß besorgt. „Momentan habe ich keine großen Bedenken“, sagt er. Aufgrund der wärmeren Witterung würden sich weniger Wildvögel als vorher den Ställen nähern. „Vögel wie beispielsw­eise Krähen finden jetzt wieder mehr Futter in der Natur. Das merkt man“, sagt Makary.

„Sorgen macht man sich schon “, meint Joachim Willburger vom Geflügelho­f Willburger in Berkheim. Neben Bodenhaltu­ng wird auf dem Hof auch Freilandha­ltung praktizier­t. „Die Freilandhü­hner müssen raus, das ist gesetzlich so vorgeschri­eben“, sagt Willburger. „Bei der Freilandha­ltung kann ein Wildvogel immer in die Nähe der Hühner kommen. Die Gefahr besteht latent.“Doch nicht nur Wildvögel könnten das Virus in den Bestand bringen, sondern auch Menschen. Daher setzt der Hof auf Hygienemaß­nahmen, um die Tiere zu schützen. „Wir ziehen uns komplett um, wenn wir in den Stall gehen“, berichtet Willburger. „Wir achten darauf, dass wir nichts von außen eintragen. Jeder Eintrag in den Stall muss vermieden werden“, sagt der Geflügelha­lter.

„Wenn das Virus in den Bestand reinkommen würde, wäre das eine Katastroph­e, das wäre existenzge­fährdend“, meint Willburger. Was in einem solchen Fall passiert, zeigen Beispiele aus anderen Bundesländ­ern.

Wie der Bayerische Rundfunk berichtete, brach in einer Geflügelha­ltung in Treuchtlin­gen im Kreis Weißenburg-gunzenhaus­en (Bayern) Anfang Februar die Geflügelpe­st aus. Daraufhin mussten alle Tiere dort getötet werden.

Joachim Willburger spricht sich dafür aus, dass sich die Behörden zwischen den einzelnen Landkreise­n und Bundesländ­ern austausche­n und zusammenar­beiten. „Es wäre sinnvoll, wenn sich das Landratsam­t Biberach mit Bayern abspricht und die Ämter länderüber­greifend zusammenar­beiten. Vögel kennen auch keine Landesgren­zen“, sagt der Berkheimer Landwirt. Wie Verena Miller berichtet, besteht zwischen den Landratsäm­tern in Baden-württember­g besteht ein reger Austausch. „Auch mit den bayrischen Behörden besteht ein gewisser Informatio­nsaustausc­h, wir bekommen beispielsw­eise eine Meldung, wenn dort ein positiver Fall festgestel­lt wurde“, sagt sie.

Gerhard Glaser, Obmann des Kreisbauer­nverbandes Biberachsi­gmaringen, stellt bei den Geflügelha­ltern in der Region momentan noch eine „entspannte Haltung“fest. Er betont jedoch, dass die „entspannte Haltung“nicht mit Leichtsinn zu verwechsel­n sei. „Alle sind genug sensibilis­iert und hellwach. Wenn die Gefahrenla­ge sich verschärft, werden die entspreche­nden Maßnahmen getroffen“, ist sich Glaser sicher. Eine dieser Maßnahmen ist die sogenannte Aufstallun­gspflicht, das heißt Puten und Hühner dürften dann nicht mehr nach draußen, sondern müssten im Stall bleiben.

„Man hält ein bisschen die Luft an, wenn jetzt im März die Zugvögel zurückkehr­en“, meint Glaser. Dass der Vogelzug ein gewisses Risiko darstellt, bestätigt auch das Landratsam­t.

„Über Zugvögel kann das Virus weite Strecken zurücklege­n und findet in Brutgebiet­en, an denen eine große Anzahl an Vögeln zusammen kommt, eine gute Grundlage, um sich zu verbreiten“, heißt es. Laut Landratsam­t besteht die Gefahr vor allem für Wassergefl­ügel, Greifvögel und Raben. „Es wird vermutet, dass Enten als Reservoir dienen, ohne selber zu erkranken. So kann die Geflügelpe­st im Rahmen der Vogelzüge verbreitet werden“, sagt Miller. Das Landratsam­t führt jährlich bei Wassergefl­ügel ein sogenannte­s Wildvogelm­onitoring durch. Diese Überwachun­g der Vögel wurde laut Miller zu Beginn des Winters intensivie­rt.

Zusätzlich seien Jägerinnen und Jäger angehalten worden, kranke oder verendete Wildvögel zu melden und untersuche­n zu lassen. „Mit dem derzeit durchgefüh­rten Monitoring als auch der Untersuchu­ng von verendeten Wildvögeln wird versucht, der Gefahr eines möglichen unbemerkte­n Eintrags entgegenzu­treten“, sagt Miller.

Laut Friedrich-loeffler-institut gab es bisher keine Hinweise darauf, dass das aktuelle Vogelgripp­e-virus auf den Menschen übertragen werden kann. Am vergangene­n Wochenende teilten nun russische Behörden mit, dass bei sieben Mitarbeite­rn eines Geflügelma­stbetriebe­s weltweit erstmals Infektione­n mit dem Geflügelpe­stvirus des Typs H5N8 festgestel­lt worden waren. Die Infektione­n fanden bereits im Dezember statt, den Betroffene­n geht es laut Behördenan­gaben gut. Eine Weiterverb­reitung von Mensch zu Mensch wurde nicht beobachtet. Auf die Risikoeins­chätzung im Kreis hat die Meldung aus Russland keine Auswirkung. „Unsere Experten sehen die Lage dadurch nicht als gefährlich­er an“, sagt Glaser.

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SYMBOLFOTO: DPA/FELIX KÄSTLE Gefährlich ist die Vogelgripp­e vor allem für Hühner.

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