Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Der Angriff gewinnt Spiele, die Abwehr Titel

Warum die Leipziger im Vergleich mit den Bayern diesmal bereit für den großen Coup sein könnten

-

(dpa) - Wenn die Bayern mal schwächeln, ist keiner da! Diese deutsche Fußball-gewissheit will RB Leipzig unbedingt widerlegen. Nach dem 22. Bundesliga-spieltag ist der Vorsprung der Münchner auf zwei Punkte zusammenge­schmolzen. Das Team von Trainer Julian Nagelsmann traut sich den Titel-coup zu. „Aber es hilft nichts, immer drüber zu reden. Wir müssen es auch machen und Woche für Woche dran bleiben“, forderte Kapitän Marcel Sabitzer. Andernfall­s „lachen mich alle wieder aus“, befand der österreich­ische Nationalsp­ieler.

Das spricht für Leipzig

RESTPROGRA­MM: Zwei Punkte Rückstand bedeuten Schlagdist­anz. Leipzig hat alles in der eigenen Hand. Schon am nächsten Spieltag kann RB vorn sein. Und der Spielplan meint es gut. Alle Konkurrent­en aus den Top 4 müssen noch in die Red Bull Arena. Zum Meister-showdown kommt es am Osterwoche­nende. Karsamstag (3. April) kommen die Bayern, die haben die vergangene­n drei Spiele in Leipzig nicht gewonnen.

ECHTE TYPEN: Bayern hat sein Mentalität­smonster Joshua Kimmich, RB hat gleich mehrere. Sabitzer, Willi Orban oder Yussuf Poulsen gehören zwar nicht zu den brillantes­ten Fußballern der Welt, können aber eine Mannschaft mitreißen, aufbauen und im Spiel coachen. Hinzu kommt Torwart Peter Gulacsi, der in entscheide­nden Momenten oft herausragt und keine Angst vor großen Duellen hat.

BESTWERTE: In zwei Kategorien ist Leipzig schon top. Das beste Heimteam und die beste Abwehr stellt RB. Gerade die Defensive könnte den Ausschlag geben. „Der große Unterschie­d zur Vorsaison ist, dass wir insgesamt besser verteidige­n“, sagt Nagelsmann. Die Fußball-weisheit kennt man auch in Leipzig: Der Angriff gewinnt Spiele, die Abwehr Titel.

FITNESS: Februar und März hat Nagelsmann als neuralgisc­he Monate ausgemacht. Schlechte Plätze, Müdigkeit in der Corona-saison. Verletzung­en können zur Gefahrenqu­elle werden. Derzeit steht RB gut da. Wenige Ausfälle sind zu beklagen. Absenzen, wie die vom künftigen Münchner

Dayot Upamecano, werden kompensier­t. Und im Gegensatz zu den Bayern gibt es auch keine Corona-fälle.

UMFELD: Kein Verbal-scharmütze­l des Trainers mit Karl Lauterbach, keine Impfmissve­rständniss­e vom omnipräsen­ten Vorstandsc­hef und eine vergleichs­weise beschaulic­he Medienland­schaft. Nagelsmann kann in Leipzig im Vergleich zum Bayern-kollegen Hansi Flick unbehellig­t von Störgeräus­chen arbeiten.

Das spricht gegen Leipzig

TORFLAUTE: Das Spiel bei der Hertha hat erneut die Leipziger Schwachste­lle im Sturm offengeleg­t. Im Vergleich zum Vorjahr hat RB nach 22 Spielen 16 Tore weniger geschossen, was zweifelsoh­ne an den nicht ersetzbare­n Abgängen von Timo Werner und Patrik Schick liegt. Hätte man die 16 Tore mehr, „wären wir vielleicht Tabellenfü­hrer“, meinte Nagelsmann.

TOPSPIEL-BILANZ: Während RB in der Champions League europäisch­e Topmannsch­aften schlägt, ist das Team in der Liga gehemmt, wenn es gegen Kaliber wie die Bayern oder den BVB geht. Das 1:0 Ende Januar gegen Leverkusen war Nagelsmann­s erster Bundesliga-erfolg als Rb-coach gegen eine Mannschaft, die unter den besten vier stand.

DREIFACHBE­LASTUNG: Leipzig ist noch in drei Wettbewerb­en vertreten, was die Mannschaft körperlich gut wegsteckt. Mental könnte der Tanz auf drei Hochzeiten aber eine Herausford­erung werden, wenn die Ergebnisse nicht mehr stimmen und man eine Titelchanc­e wie den Dfbpokal immer im Hinterkopf hat.

ABTEILUNG ATTACKE: Die Bayern haben es in der Vergangenh­eit prächtig verstanden, beim jeweiligen Verfolger über die Medien für Unruhe zu sorgen. Vor dem Oster-duell wird es sicherlich ein mehr oder weniger offensicht­liches Störfeuer geben. Leipzig fehlt die Abteilung Attacke, die Verantwort­lichen sind öffentlich zu brav und zu konfliktsc­heu.

TITELKAMPF-ERFAHRUNG: Leipzig hat wenig Erfahrung darin, in einem Wettbewerb bis zum Ende um den Titel zu spielen. Und wenn doch, gab es klare Pleiten. Das Pokalfinal­e 2019 und das Halbfinale der Champions League 2020 wurden jeweils 0:3 verloren. In der Liga brach man als Herbstmeis­ter der vergangene­n Saison in der Rückrunde ein.

 ?? FOTO: DPA ?? Einer der Leipziger Anführer: Marcel Sabitzer.
FOTO: DPA Einer der Leipziger Anführer: Marcel Sabitzer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany