Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Wenn der Gang zur Toilette zur Qual wird

Frauen leiden häufig unter Blasenentz­ündungen – Oft helfen einfache Maßnahmen und pflanzlich­e Mittel

- Von Angela Stoll

- Ständiger Harndrang und Schmerzen beim Wasserlass­en: Solche Beschwerde­n sind bezeichnen­d bei einer Blasenentz­ündung (Zystitis). Frauen sind davon besonders häufig betroffen. Nach Angaben der Techniker Krankenkas­se (TK) leidet jede zweite Frau mindestens einmal in ihrem Leben an einer Blasenentz­ündung. Wie kommt es dazu? Und vor allem: Was hilft? Die wichtigste­n Fragen und Antworten zum Thema.

Woran erkennt man eine Blasenentz­ündung?

Typisch ist vor allem das Gefühl, immer wieder auf die Toilette zu müssen. Das Wasserlass­en bringt aber keine Erleichter­ung, im Gegenteil: Es sticht und brennt, während oft nur ein paar Tropfen kommen. Der Urin ist mitunter trübe und kann auffällig riechen, manchmal ist sogar Blut dabei. Außerdem kann eine starke Blasenentz­ündung dazu führen, dass man sich insgesamt matt fühlt. „Fast immer lösen Bakterien aus dem Scheide-darm-milieu die Entzündung aus“, sagt Professor Daniela Schultz-lampel, Direktorin des Kontinenzz­entrums Südwest in Villingen-schwenning­en.

Warum trifft es Frauen so häufig?

„Das liegt an der weiblichen Anatomie“, sagt Schultz-lampel. Bei Frauen liegen Anal- und Genitalber­eich sowie Harnröhre eng beisammen. Deshalb kann es leicht passieren, dass Bakterien aus Darm oder Scheide in den Harntrakt gelangen. Hinzu kommt, dass die Harnröhre der Frau wesentlich kürzer als die des Mannes ist. Das führt dazu, dass Erreger leichter in die Blase vordringen können.

Was erhöht das Risiko?

Mehrere Faktoren können eine Rolle spielen. Klar ist für Ärzte jedenfalls, dass häufiger Geschlecht­sverkehr die Wahrschein­lichkeit erhöht: „Durch die Bewegungen beim Sex können Erreger leicht aus der Scheide in die Harnröhre geraten“, erklärt Schultz-lampel. Daher sprachen Ärzte früher auch von „Honeymoon“(flitterwoc­hen)-zystitis. Als zusätzlich­er Risikofakt­or gelten unter anderem spermizid beschichte­te Kondome und übertriebe­ne Intimpfleg­e: Dadurch wird das mikrobiell­e Gleichgewi­cht in der Scheide gestört, sodass Erreger leichtes Spiel haben. Abgesehen davon sind Schwangere und Frauen in oder nach den Wechseljah­ren aufgrund hormonelle­r Veränderun­gen im Urogenital­bereich anfälliger für Blaseninfe­kte. Auch Krankheite­n wie Diabetes mellitus oder anatomisch­e Veränderun­gen im Harnwegsbe­reich können das Risiko erhöhen.

Muss man immer zum Arzt?

„Wer zum ersten Mal Symptome einer Blasenentz­ündung hat, sollte auf jeden Fall zum Arzt gehen“, rät Schultz-lampel. Die Beschwerde­n könnten nämlich auch eine ganz andere Ursache haben – etwa eine Scheidenin­fektion oder Blasenstei­ne. „Deshalb ist es wichtig, den Urin zu untersuche­n und eine Harnkultur anzulegen, um zu sehen, um welche Keime es sich handelt.“Danach richtet sich auch die Behandlung. Besondere Vorsicht ist in der Schwangers­chaft geboten, da es hier leichter zu Komplikati­onen kommen kann. Ansonsten gilt: Fieber und weitere Beschwerde­n, etwa Schmerzen im seitlichen unteren Rücken, sind Alarmzeich­en. Dann könnte der Infekt in Richtung Nieren gewandert sein. In dem Fall heißt es: sofort zum Arzt! Auch wer Blut im Urin entdeckt, sollte das auf alle Fälle abklären lassen.

Was hilft?

Antibiotik­a sorgen fast immer dafür, dass die Beschwerde­n rasch nachlassen. Inzwischen ist aber belegt, dass unkomplizi­erte Blasenentz­ündungen bei jüngeren, gesunden Frauen, die nicht schwanger sind, meist problemlos von selbst ausheilen. Bei leichten bis mittelgrad­igen Beschwerde­n könne eine „alleinige symptomati­sche Therapie“erwogen werden, heißt es in der ärztlichen Leitlinie zum Thema. „Gängige Schmerzmit­tel wie Ibuprofen können dabei hilfreich sein“, sagt der Urologe David Marghawal von der Asklepios Klinik Altona in Hamburg. „Ansonsten ist es wichtig, viel zu trinken, damit die Erreger nicht weiter aufsteigen.“Dazu eignen sich harntreibe­nde Tees mit Birkenblät­tern, Schachtelh­alm oder Brennnesse­ln. Im Übrigen tun Ruhe und Wärme gut.

Warum bekommen manche Frauen immer wieder Blasenentz­ündungen?

Das kann daran liegen, dass eine Zystitis nicht richtig auskuriert wurde. Es kommt immer wieder vor, dass

Antibiotik­a falsch oder nicht lang genug eingenomme­n werden, wie Schultz-lampel erklärt. Dann kann es sein, dass Bakterien überleben und nach kurzer Zeit die nächste Entzündung hervorrufe­n. Aber auch eine Funktionss­törung der Blase oder eine allgemeine Abwehrschw­äche kann schuld an den häufigen Infektione­n sein. Manche Menschen sind außerdem von Natur aus anfälliger für Blasenentz­ündungen.

Wie lässt sich vorbeugen?

Wichtig ist grundsätzl­ich, etwa zwei Liter pro Tag zu trinken und die Blase regelmäßig sowie vollständi­g zu entleeren. Wer zu Blasenentz­ündungen neigt, sollte außerdem direkt nach dem Geschlecht­sverkehr auf die Toilette gehen, heißt es bei der TK. Auch Kälte sollte man meiden: Durch Verkühlung kann es nämlich zu einer Minderdurc­hblutung kommen, die eine lokale Abwehrschw­äche zur Folge hat. Daher sollte man zum Beispiel nasse Badekleidu­ng gleich nach dem Schwimmen ausziehen und sich abtrocknen, beim Motorradfa­hren einen Nierenschu­tz anziehen und kalte Füße rasch aufwärmen.

Ansonsten gibt es eine Reihe nichtversc­hreibungsp­flichtiger Mittel zur Prophylaxe: Unter anderem kann Mannose, eine Zuckerart, Bakterien binden und so möglicherw­eise verhindern, dass sich Erreger an die Blasenschl­eimhaut anheften. Pflanzlich­e Mittel – etwa Kapuzinerk­resse, Meerrettic­h und Bärentraub­enblätter – werden in der ärztlichen Leitlinie ebenfalls als Option genannt. „Auch Rosmarin und Thymian eignen sich gut zum Vorbeugen“, sagt der Urologe Marghawal. Unklar ist, ob Cranberrie­s eine schützende Wirkung haben. Die Studienlag­e dazu ist widersprüc­hlich, Patienten berichten aber öfters über positive Erfahrunge­n. Es gibt noch weitere Optionen, etwa eine Art Impfung. „Die Ergebnisse sind allerdings durchwachs­en“, sagt Marghawal. Hilft das alles nicht, kann der Arzt auch prophylakt­isch ein Antibiotik­um verschreib­en.

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FOTO: FLORIAN SCHUH/DPA Wer häufig zur Toilette muss, hat sich eventuell eine Blasenentz­ündung zugezogen. Sie muss nicht immer mit Antibiotik­a behandelt werden.
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FOTO: PR Professor Daniela Schultz-lampel, Direktorin des Kontinenzz­entrums Südwest in Villingen-schwenning­en.

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