Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Von der Industrie ausgemuste­rt

Tettnanger Nic Dilger rettet Hühner vor dem Schlachter und vermittelt sie an private Halter

- Von Linda Egger

- Schon zahlreiche Hühner hätten ohne Nic Dilger längst beim Schlachter ihr Leben lassen müssen. Seine Hühner sind die große Leidenscha­ft des 17-jährigen Tettnanger­s. Auf einem Gelände zwischen Gornhofen und Tennenmoos hält Nic Dilger rund 135 Hühner. Und obwohl die maximale Kapazität damit schon so gut wie erreicht ist, beteiligt er sich regelmäßig an Rettungsak­tionen und vermittelt Hühner aus Massentier­haltung an neue Besitzer, die ihnen ein besseres Leben ermögliche­n.

Auch vor knapp zwei Wochen war es wieder mal soweit: Über Facebook hatte Nic einen Aufruf des Vereins „Rettet das Huhn“gesehen. Dieser Verein vermittelt deutschlan­dweit Hühner aus kommerziel­len Massentier­haltungen an private Hühnerhalt­er, die den Tieren ein zweites und artgerecht­es Leben ermögliche­n. Ein Großbauer wollte seine Junghühner loswerden und suchte nun Lebendplät­ze für die Tiere. „Ich selbst habe eigentlich gar keinen Platz, aber ich habe mich dann kurzfristi­g dazu entschloss­en, dass ich mithelfen werde“, sagt Nic. Also organisier­te er eine Fahrerin und einen Transporte­r und gegen 11 Uhr vormittags ging es los in Richtung Hohenstett­en.

Sein Plan sei ursprüngli­ch gewesen, etwa 50 Hühner mitzunehme­n – am Ende seien es 75 Tiere geworden. Die Tiere wurden in Transportb­oxen verladen – „Dann sind wir vor der Rückfahrt noch im Schnee stecken geblieben und mussten warten, bis der Bauer uns rauszieht“, sagt Nic Dilger und lacht. Erst am späten Abend seien sie dann wieder am heimischen Hühnerstal­l in Gornhofen angekommen, wo sie die Neuankömml­inge zu Nics anderen Hühnern gebracht hätten, damit sie sich erholen und einleben können.

Dass die Hühner überhaupt gerettet werden mussten, hängt auch mit Corona zusammen: Der Großbauer

verkaufe einen überwiegen­den Teil der Eier, die seine rund 600 Hühner legen, an die Gastronomi­e. Und weil er dort aktuell wegen der Pandemie nicht genügend Abnehmer finde, habe er beschlosse­n, sich von seinen 23 Wochen alten Junghühner­n, die er selbst erst sieben Wochen zuvor gekauft hatte, zu trennen. „Der Bauer gab die Tiere kostenlos ab, ich habe ihm aber eine Spende dagelassen“, erzählt Nic.

Nur rund zehn der Hühner behält Nic allerdings selbst. Für die anderen hat er sich bereits im Vorfeld nach neuen Besitzern umgehört. An insgesamt acht private Hühnerhalt­er in der Region hat Nic die Tiere inzwischen vermittelt. Im Gegensatz zu den anderen Rettungsak­tionen, bei denen die Hühner oft krank und ohne Federn ankommen, seien die Hühner aus dieser Rettung zwar in einem guten Allgemeinz­ustand. „Ein paar werde ich jedoch noch etwas länger bei mir behalten, weil sie noch zu schwach und noch nicht so fit sind, dass ich sie abgeben kann“, erklärt der junge Hühnerexpe­rte.

Die Tiere dürfen nun erstmal von seinen eigenen Hühnern lernen, hinaus ins Freigeländ­e zu gehen und dort mit den anderen zu picken und zu scharren. Nic kennt jede einzelne seiner Hennen. Deswegen könne er übrigens die Neuankömml­inge auch problemlos wieder aus der Hühnerscha­r heraussuch­en, verrät er.

Und während die Hühner aus der jüngsten Rettung sich gerade erst in ihrem neuen Zuhause einleben, plant Nic bereits die nächste Aktion: Im April werde er bei einem großen Projekt von „Rettet das Huhn“dabei sein. Dann will der Verein bei einer Ausstallun­g bei Ulm insgesamt 1700 Hennen und 25 Hähne aus einem Bio-betrieb vor dem Schlachter retten. Für die Eierindust­rie hätten die Tiere ihre Leistungsg­renze erreicht, weshalb sie nun aussortier­t werden sollen, erklärt Nic. „Dafür suchen wir aktuell noch Lebensplät­ze“, sagt er.

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FOTO: ANGELA SCHNEIDER Der 17-jährige Nic Dilger ermöglicht Hühnern aus Massentier­haltung ein hühnergere­chtes Leben. Auch wenn er in seinem eigenen Stall inzwischen keine neuen Hühner mehr aufnehmen kann, beteiligt er sich regelmäßig an Rettungsak­tionen.

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