Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Goldene Aussichten und ein Sorgenkind
Nach zwei sehr erfolgreichen Weltmeisterschaften wollen die deutschen Athleten auch in Oberstdorf auftrumpfen – Nicht alle sind in Form
(SID) - Die Skispringer im Aufwind, die Kombinierer als Medaillenbank, die Langläufer mit einer Mini-chance: Vor gähnend leeren Tribünen, aber zumindest mit der Hoffnung auf sportlichen Glanz startet das deutsche Nordisch-team am Mittwoch in die lang ersehnte Heim-wm. Während Biathleten und Alpine bei ihrem Saison-höhepunkt zuletzt ohne Titel blieben, wartet in Oberstdorf eine WM mit goldenen Aussichten.
„Im nordischen Bereich sind wir schon länger sehr gut aufgestellt. Das wollen wir natürlich auch bei der Heim-wm unter Beweis stellen“, sagt Dsv-präsident Franz Steinle vor der Eröffnungsfeier am Mittwoch. Auf den Schanzen am Schattenberg und im Langlaufzentrum Ried fällt die Rekordzahl von 24 Entscheidungen, die deutsche Mannschaft um die Titelverteidiger Markus Eisenbichler und Eric Frenzel will bei der Goldjagd ein gewichtiges Wörtchen mitreden. „Eine
WM lebt auch immer von den Medaillen. Wir können sicherlich die eine oder andere Topleistung beim Saisonhöhepunkt erwarten“, sagte Dsvvorstand Karin Orgeldinger. 2017 in Lahti und 2019 in Seefeld hatte das DSV-TEAM mit je sechs Goldmedaillen sogar einen Rekord aufgestellt, im Medaillenspiegel bedeutete dies jeweils Platz zwei hinter Norwegen. Eine Wiederholung dieses Goldregens dürfte aber schwer werden. „Seefeld war außergewöhnlich. Das sollten wir nicht anstreben, das wäre ein Stück weit utopisch“, sagte Horst Hüttel, der als Sportlicher Leiter für das Skispringen und die Kombination zuständig ist. Erneut sind es die Norweger, vor allem Skispringer Halvor Egner Granerud und Kombinierer Jarl Magnus Riiber, die als Favoriten ins Rennen gehen.
Die deutschen Skispringer um Eisenbichler und Karl Geiger, die vor zwei Jahren auf der Großschanze sogar einen Doppelsieg gefeiert hatten, schwankten zuletzt in ihren Leistungen. „Aber die Schanze in Oberstdorf kennen wir, und gerade bei der Tournee haben wir zuletzt gute Erfahrungen
gemacht“, sagt Eisenbichler. Ende Dezember hatte Geiger auf seiner Heimschanze einen umjubelten Sieg geholt, zudem kehrte er am Wochenende als Dritter der Wm-generalprobe in Rasnov auf das Podest zurück. „Wir können bei der Heim-wm mit breiter Brust aufmarschieren und angreifen. Wir haben nichts zu verlieren“, betonte der Oberstdorfer. Die Schanzen-party von 2019, als es in sechs Entscheidungen viermal Gold gab, dürfte aber kaum zu wiederholen sein. Das liegt auch an den Frauen um die Wm-zweite Katharina Althaus und Olympiasiegerin Carina Vogt, die in dieser Saison noch ohne Podestplatz sind. Vor allem in den Teamwettbewerben ist an einem guten Tag aber alles drin.
Das gilt auch für die Kombinierer um Rekordweltmeister Frenzel und Hoffnungsträger Vinzenz Geiger. Im Einzel führt zwar kein Weg an Riiber vorbei, der bei zehn Saisonstarts siebenmal gewann. Zweimal geschlagen wurde er aber von Lokalmatador Geiger, der vor allem in der Loipe enorm stark ist. Weil auch Johannes Rydzek und Fabian Rießle für Top-ergebnisse gut sind, darf Bundestrainer Hermann Weinbuch bei seiner wohl letzten WM auf einen weiteren Medaillenregen hoffen. Bei den Frauen, die nach langem Kampf ihre historische Wm-premiere erleben, wäre Edelmetall für Ex-skispringerin Svenja Würth oder die ehemalige Junioren-weltmeisterin Jenny Nowak dagegen eine Überraschung.
Bleibt das Sorgenkind Langlauf. Wo einst Tobias Angerer, Axel Teichmann und Co. um Titel kämpften, herrscht seit Jahren eine Durststrecke. Vier Weltmeisterschaften ohne Medaille gab es zuletzt, auch dieses Mal ist Bundestrainer Peter Schlickenrieder nicht sonderlich optimistisch in Sachen Podest: „Wenn ich ehrlich bin: Nein. Da sage ich, das ist nicht realistisch.“