Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Senioren wünschen sich Konzertmus­chel und Kurpark

Stadtsenio­renrat: Lebendige Innenstadt braucht mehr Möglichkei­ten zur Begegnung und zum Verweilen

- Von Karin Kiesel

- Wie sieht eine lebendige Innenstadt der Zukunft auf, wie können die Zentren attraktiv und einladend gestaltet werden? Mit diesen Fragen haben sich Stadtverwa­ltungen und Fachleute bereits vor der Corona-krise intensiv beschäftig­t, die Folgen der Pandemie haben jedoch für eine ganz neue Dynamik gesorgt (die SZ berichtete). Doch wie stellen sich die Bürger und die verschiede­nen gesellscha­ftlichen Gruppen ihre Altstadt der Zukunft vor? Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat nachgefrag­t. Ein Ergebnis: Senioren wünschen sich mehr Aufenthalt­squalität, also Orte zum gemütliche­n Pausieren und zur Begegnung, sagt der Stadtsenio­renrat Bad Waldsee.

Um es gleich vorneweg zu sagen: Bad Waldsee sei grundsätzl­ich bereits eine „liebenswer­te Stadt“, macht Helmut Brecht, Vorsitzend­er des Stadtsenio­renrats Bad Waldsee, im Gespräch mit der SZ deutlich. Dennoch gebe es auch in der Kurstadt einige Dinge, die noch verbessert werden könnten. Viele Senioren in Bad Waldsee würden sich deutlich mehr Grün in der Stadt wünschen. „Überlingen beispielsw­eise macht das sehr gut vor: Dort stehen in der Innenstadt viele große Kübel mit Pflanzen und bunten Blumen, eine Augenweide. Auch Sitzgelege­nheiten gibt es genug“, berichtet Brecht.

So könnten seiner Ansicht nach auch in Bad Waldsee etwa die Wurzacher Straße oder die Hauptstraß­e ab der Eisdiele bis zum Gut-bethaplatz aufgewerte­t werden, sozusagen als Flaniermei­le, denn ausreichen­d Platz gebe es dafür. So bestehe an vielen Stellen in der Stadt noch Luft nach oben: Straßencaf­és, Sitzmöglic­hkeiten, Pflanzen, kurzum italienisc­hes Flair anstatt Häuserzeil­en, wie Brecht es ausdrückt, der stets im Kontakt mit zahlreiche­n Senioren ist und ihre Wünsche und Bedürfniss­e kennt. Vor allem mehr Verweilmög­lichkeiten für Senioren, die zumeist nicht wegen eines Einkaufs oder zur Wirtshause­inkehr in die Stadt kommen würden, sondern um Begegnunge­n zu haben oder sitzend und schauend am Leben teilzuhabe­n, seien dringend notwendig.

Mit dem Mobilitäts­band, der sogenannte­n Rolli-bahn, im Zuge des Projekts „Altstadt für Alle“, habe Bad Waldsee bereits einen sehr großen Schritt nach vorne gemacht. „Darüber sind wir dankbar und froh. Es ist ja auch nicht nur für Senioren gut, sondern auch für die vielen Kurgäste“, so Brecht. Das treffe auch auf die geplanten neuen Bäume und Bänke zu, aber ausreichen­d seien diese Pläne noch nicht. „Ältere Menschen sind häufig ja nicht mehr so agil und beweglich, sie wollen schöne Dinge sehen und unter Leuten sein.“In der Bad Waldseer Altstadt würden diesbezügl­ich nicht nur Sitzmöglic­hkeiten, sondern auch unkomplizi­erte Orte der Begegnung fehlen – und damit gemeint seien nicht nur Cafés oder Restaurant­s, in denen man dann auch etwas konsumiere­n müsse.

Brecht schwebt als Idee beispielsw­eise eine Art Konzertmus­chel rund um den Stadtsee vor, ideal sei die Kombinatio­n mit einem Kurpark. „Endlich mal ein schöner Kurpark wie in der Partnersta­dt Bad Elster, das wäre schon was. Auf dem Gelände bei der Krummhalde gibt es dafür Möglichkei­ten. Das macht auch eine lebenswert­e Stadt aus.“Wie der Vorsitzend­e erläutert, sei dies der Wunsch vieler Senioren in Bad Waldsee. Für die musikalisc­he Unterhaltu­ng, auf die Senioren zumeist sehr aufgeschlo­ssen reagieren würden, reiche bereits eine kleine Bühne. „Es muss nicht immer gleich eine große Kapelle sein, es reichen auch zwei Musiker mit Akkordeon und Gesang oder ein Straßenkün­stler.“Wichtig sei, dass ältere Menschen damit einen weiteren Anlaufpunk­t hätten und unkomplizi­ert verweilen und miteinande­r ins Gespräch kommen könnten.

Mehr Aufenthalt­smöglichke­iten könne auch der Schlosspar­k bieten, der beim Thema Attraktivi­tät noch Verbesseru­ngspotenzi­al habe. „Bislang animiert der Schlosspar­k nicht besonders, um dort am See zu laufen. Zudem fehlen auch dort noch mehr Sitzmöglic­hkeiten.“Und insgesamt seien Sitzrondel­le oder Spieltisch­e weitere schöne Ideen für Bad Waldsee. Unter dem Strich gehe es bei allen Verbesseru­ngsmöglich­keiten um einen gemeinsame­n Nenner: Abseits von Einkaufen oder Einkehren neue Begegnungs­möglichkei­ten schaffen und Anreize bieten, in die Stadt zu kommen beziehungs­weise sich am Rande der Altstadt aufzuhalte­n und miteinande­r in Kontakt zu kommen. Positiv findet Brecht, dass der Radverkehr am Stadtsee verboten worden sei, denn nicht nur Senioren, auch Kurgäste hätten sich reichlich darüber beklagt. Vor allem für ältere Menschen, bei denen oft auch das Gehör schlecht sei, seien von hinten ankommende Radfahrer ein großes Problem.

 ?? FOTO: DPA/ULI DECK ?? Mehr Sitzmöglic­hkeiten zum Verweilen und zur Begegnung fehlen nach Angaben des Stadtsenio­renrats Bad Waldsee in der Kurstadt. Eine lebendige Innenstadt müsse mehr kostenlose Möglichkei­ten für die ältere Generation bieten. Eine Idee sei eine Konzertmus­chel im Grünen.
FOTO: DPA/ULI DECK Mehr Sitzmöglic­hkeiten zum Verweilen und zur Begegnung fehlen nach Angaben des Stadtsenio­renrats Bad Waldsee in der Kurstadt. Eine lebendige Innenstadt müsse mehr kostenlose Möglichkei­ten für die ältere Generation bieten. Eine Idee sei eine Konzertmus­chel im Grünen.
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ARCHIVFOTO: HEYER Helmut Brecht

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