Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Senioren wünschen sich Konzertmuschel und Kurpark
Stadtseniorenrat: Lebendige Innenstadt braucht mehr Möglichkeiten zur Begegnung und zum Verweilen
- Wie sieht eine lebendige Innenstadt der Zukunft auf, wie können die Zentren attraktiv und einladend gestaltet werden? Mit diesen Fragen haben sich Stadtverwaltungen und Fachleute bereits vor der Corona-krise intensiv beschäftigt, die Folgen der Pandemie haben jedoch für eine ganz neue Dynamik gesorgt (die SZ berichtete). Doch wie stellen sich die Bürger und die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen ihre Altstadt der Zukunft vor? Die „Schwäbische Zeitung“hat nachgefragt. Ein Ergebnis: Senioren wünschen sich mehr Aufenthaltsqualität, also Orte zum gemütlichen Pausieren und zur Begegnung, sagt der Stadtseniorenrat Bad Waldsee.
Um es gleich vorneweg zu sagen: Bad Waldsee sei grundsätzlich bereits eine „liebenswerte Stadt“, macht Helmut Brecht, Vorsitzender des Stadtseniorenrats Bad Waldsee, im Gespräch mit der SZ deutlich. Dennoch gebe es auch in der Kurstadt einige Dinge, die noch verbessert werden könnten. Viele Senioren in Bad Waldsee würden sich deutlich mehr Grün in der Stadt wünschen. „Überlingen beispielsweise macht das sehr gut vor: Dort stehen in der Innenstadt viele große Kübel mit Pflanzen und bunten Blumen, eine Augenweide. Auch Sitzgelegenheiten gibt es genug“, berichtet Brecht.
So könnten seiner Ansicht nach auch in Bad Waldsee etwa die Wurzacher Straße oder die Hauptstraße ab der Eisdiele bis zum Gut-bethaplatz aufgewertet werden, sozusagen als Flaniermeile, denn ausreichend Platz gebe es dafür. So bestehe an vielen Stellen in der Stadt noch Luft nach oben: Straßencafés, Sitzmöglichkeiten, Pflanzen, kurzum italienisches Flair anstatt Häuserzeilen, wie Brecht es ausdrückt, der stets im Kontakt mit zahlreichen Senioren ist und ihre Wünsche und Bedürfnisse kennt. Vor allem mehr Verweilmöglichkeiten für Senioren, die zumeist nicht wegen eines Einkaufs oder zur Wirtshauseinkehr in die Stadt kommen würden, sondern um Begegnungen zu haben oder sitzend und schauend am Leben teilzuhaben, seien dringend notwendig.
Mit dem Mobilitätsband, der sogenannten Rolli-bahn, im Zuge des Projekts „Altstadt für Alle“, habe Bad Waldsee bereits einen sehr großen Schritt nach vorne gemacht. „Darüber sind wir dankbar und froh. Es ist ja auch nicht nur für Senioren gut, sondern auch für die vielen Kurgäste“, so Brecht. Das treffe auch auf die geplanten neuen Bäume und Bänke zu, aber ausreichend seien diese Pläne noch nicht. „Ältere Menschen sind häufig ja nicht mehr so agil und beweglich, sie wollen schöne Dinge sehen und unter Leuten sein.“In der Bad Waldseer Altstadt würden diesbezüglich nicht nur Sitzmöglichkeiten, sondern auch unkomplizierte Orte der Begegnung fehlen – und damit gemeint seien nicht nur Cafés oder Restaurants, in denen man dann auch etwas konsumieren müsse.
Brecht schwebt als Idee beispielsweise eine Art Konzertmuschel rund um den Stadtsee vor, ideal sei die Kombination mit einem Kurpark. „Endlich mal ein schöner Kurpark wie in der Partnerstadt Bad Elster, das wäre schon was. Auf dem Gelände bei der Krummhalde gibt es dafür Möglichkeiten. Das macht auch eine lebenswerte Stadt aus.“Wie der Vorsitzende erläutert, sei dies der Wunsch vieler Senioren in Bad Waldsee. Für die musikalische Unterhaltung, auf die Senioren zumeist sehr aufgeschlossen reagieren würden, reiche bereits eine kleine Bühne. „Es muss nicht immer gleich eine große Kapelle sein, es reichen auch zwei Musiker mit Akkordeon und Gesang oder ein Straßenkünstler.“Wichtig sei, dass ältere Menschen damit einen weiteren Anlaufpunkt hätten und unkompliziert verweilen und miteinander ins Gespräch kommen könnten.
Mehr Aufenthaltsmöglichkeiten könne auch der Schlosspark bieten, der beim Thema Attraktivität noch Verbesserungspotenzial habe. „Bislang animiert der Schlosspark nicht besonders, um dort am See zu laufen. Zudem fehlen auch dort noch mehr Sitzmöglichkeiten.“Und insgesamt seien Sitzrondelle oder Spieltische weitere schöne Ideen für Bad Waldsee. Unter dem Strich gehe es bei allen Verbesserungsmöglichkeiten um einen gemeinsamen Nenner: Abseits von Einkaufen oder Einkehren neue Begegnungsmöglichkeiten schaffen und Anreize bieten, in die Stadt zu kommen beziehungsweise sich am Rande der Altstadt aufzuhalten und miteinander in Kontakt zu kommen. Positiv findet Brecht, dass der Radverkehr am Stadtsee verboten worden sei, denn nicht nur Senioren, auch Kurgäste hätten sich reichlich darüber beklagt. Vor allem für ältere Menschen, bei denen oft auch das Gehör schlecht sei, seien von hinten ankommende Radfahrer ein großes Problem.