Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Kretschman­n schaut sich um

Bei der Sondierung müssen die Grünen herausfind­en, mit wem sie regieren wollen – Diese Punkte sind entscheide­nd

- Von Kara Ballarin und Theresa Gnann

- Die Grünen wollen keine Zeit verlieren. Schon am Mittwoch laden die Wahlsieger um Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n CDU, SPD und FDP zu ersten Sondierung­sgespräche­n ein. Dabei wollen sie herausfind­en, wer in der nächsten Landesregi­erung am besten zu ihnen passt, bei welchen Themen es Schnittmen­gen gibt und wo unüberwind­bare Hürden liegen. Wollen sie mit der CDU weiterregi­eren? Oder doch in einer Ampelkoali­tion mit SPD und FDP einen Neuanfang wagen? Als Sieger, mit dem alle regieren wollen, können die Grünen bei den Verhandlun­gen ihre Ansprüche hochhalten. Das Problem: Angesichts 13,5 Milliarden Euro neuer Schulden ist der Spielraum begrenzt. Ein Überblick über mögliche Knackpunkt­e bei den Verhandlun­gen.

Corona

Nur wenige Minuten nachdem am Sonntag klar war, dass Winfried Kretschman­n mit den Grünen einen furiosen Wahlsieg eingefahre­n hatte, sagte er: „Meine Freude ist nicht gedämpft. Aber natürlich plagen mich im Hintergrun­d die Sorgen mit der Pandemie.“Gut möglich, dass der

Umgang mit der Pandemie auch bei den Sondierung­s- und Koalitions­gesprächen eine Rolle spielt. Für die FDP könnte es dann zum Nachteil werden, dass sie seit Monaten lautstark mehr Öffnungen fordert und sich damit deutlich gegen Kretschman­ns eher vorsichtig­en Kurs stellt. Auch mit der CDU gab es für die Grünen bei der Pandemiebe­kämpfung zuletzt immer wieder Ärger und Zwist – allen voran mit Kultusmini­sterin und Cdu-spitzenkan­didatin Susanne Eisenmann.

Bildung

Während die Grünen sich klar zur Gemeinscha­ftsschule bekennen, stehen SPD und FDP im Bildungsbe­reich für sehr unterschie­dliche Positionen. Die SPD strebt ein Zwei-säulen-system aus Gymnasien und Gemeinscha­ftsschulen an, die FDP plädiert wie die CDU für ein gegliedert­es, vielfältig­es Schulsyste­m und eine Rückkehr zur verbindlic­hen Grundschul­empfehlung. Die SPD hatte im Wahlkampf außerdem kostenlose Kitas versproche­n. Die FDP lehnt das ab, geht es nach ihr, soll Geld in die Qualität und zusätzlich­e Ausbildung­splätze fließen. Die Grünen halten kostenlose Kitas für nicht finanzierb­ar, sprechen sich deshalb dafür aus, die Gebühren an das Einkommen zu binden.

Klimaschut­z

Fast alle Parteien betonen in ihren Wahlprogra­mmen, dass sie sich zum Pariser Klimaschut­zabkommen von 2015 bekennen. Trotzdem könnte der Klimaschut­z bei den Verhandlun­gen um eine Regierungs­bildung entscheide­nd sein. Die Grünen möchten unter anderem Photovolta­ikanlagen beim Neubau von Wohnhäuser­n und bei Dachsanier­ungen zur Pflicht machen. In der vergangene­n Legislatur­periode wehrte sich die CDU erfolgreic­h dagegen. Die Grünen aber bleiben dran: „Grüne Wähler, schwarze Dächer, davon träume ich“, hatte Kretschman­n vor der Wahl im SWR gesagt. Mit der SPD wäre das wohl ohne Probleme zu machen. Schwierige­r ist das mit der FDP. „Wir halten es nicht für geboten, die Menschen dazu zu zwingen, Solaranlag­en aufs Dach zu setzen“, sagte Fdp-spitzenkan­didat Rülke zuletzt. Seine Partei setzt auf marktwirts­chaftliche Instrument­e.

Landtagswa­hlrecht

Schon lange streben die Grünen eine Reform des Landtagswa­hlrechts an – und sind trotz Vereinbaru­ng im Koalitions­vertrag zunächst am Partner SPD, zuletzt an der Cdu-fraktion gescheiter­t. Zu einer Reform bekennen sich aber nun alle möglichen Partner in ihren Wahlprogra­mmen.

Grunderwer­bsteuer

CDU und FDP haben sich vorgenomme­n, die Grunderwer­bsteuer zu senken. Damit soll der Kauf von Immobilien und Grundstück­en günstiger werden. Die Grünen hatten die Steuer 2011 gemeinsam mit der SPD auf fünf Prozent erhöht, um das zusätzlich­en Geld vor allem in die Kleinkindb­etreuung zu investiere­n. Das wollen sie nicht rückgängig machen.

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FOTO: IMAGO IMAGES Winfried Kretschman­n

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