Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Freie Wähler sind die Großen unter den kleinen Parteien

Wie sogenannte „Sonstige“bei den Landtagswa­hlen im Wahlkreis Wangen-illertal abschnitte­n – Und was anders ist als im Rest des Landes

- Von Jan Peter Steppat

- Klarer Sieger des Wahlsonnta­gs waren die Grünen, als Gewinnerin darf sich auch die FDP fühlen. Aber nicht nur sie. Das gilt auch für diverse kleinere Parteien, die nicht den Einzug in den Landtag schafften. Die Freien Wähler stechen hier besonders hervor.

8,5 Prozent der Wählerinne­n und Wähler im Land wählten Parteien, die in Statistike­n gemeinhin unter „Sonstige“zusammenge­fasst werden. In den Wahlkreise­n Wangen-illertal und Ravensburg konnten sogar 13,3 Prozent beziehungs­weise 14,83 Prozent von ihnen offenbar nichts mit größeren, in Parlamente­n vertretene­n Parteien anfangen.

Der größte Anteil davon entfielen auf die Freien Wähler. Die Partei, die nichts mit den in zahlreiche­n Kommunalpa­rlamenten sitzenden Fraktionen zu tun hat, deren bayerische­s Pendant im Freistaat allerdings zusammen mit der CSU die Regierung bildet, vereinte drei Prozent aller Wählerstim­men auf sich. In den Wahlkreise­n Wangen-illertal sowie Ravensburg waren sie mit jeweils 3,88 Prozent nochmals stärker.

Für den Landesvors­itzenden Klaus Wirthwein hat das gute Gründe. Zum einen formelle: Vor fünf Jahren waren die Freien Wähler erstmals bei einer Landtagswa­hl

in Baden-württember­g angetreten, nach seinen Angaben allerdings nur in fünf der 70 Wahlkreise. Jetzt kandidiert­e man mit der Ausnahme von Schwäbisch Gmünd flächendec­kend.

Das erhöht schon rein statistisc­h die Wahlaussic­hten. Wieso genau ein durchaus bemerkensw­erter Teil der Wählerinne­n und Wähler ihr Kreuz bei der Partei machte, werde die anstehende Analyse zeigen. Vorab sagt Wirthwein aber bereits: „Wir sind sehr breit aufgestell­t.“Das habe sich bei den Wanderunge­n hin zu den Freien Wählern gezeigt, lasse sich aber auch an dem am Wahlsonnta­g kandidiere­nden Personal ablesen.

Darunter seien ehemalige Grüne ebenso gewesen wie einstige Sozialdemo­kraten oder Cduler. Aber auch frühere Mitglieder der AFD habe man aufgenommm­en. Aber nur solche, die zu Zeiten Bernd Luckes in dieser Partei waren und die dort kein Mandat hatten. Selbst bezeichnet sich Wirthwein als einstigen „relativ treuen Cdu-wähler“.

Der Achberger ist also froh über das Wahlergebn­is im Land, besonders aber in der Region. Hier schnitten die Freien Wähler überdurchs­chnittlich ab. Besonders aber in seiner Heimatgeme­inde, wo Wirthwein vor acht Jahren als Bürgermeis­ter kandidiert hatte und bei der Landtagswa­hl mit dem „Heimvortei­l“im Rücken gut 14 Prozent abräumte.

Zu weiteren Gründen des generellen Erfolgs befragt, nennt er die „Politikver­drossenhei­t“, von der seine Partei profitiert habe, aber auch die kritische Einstellun­g zu manchen Corona-einschränk­ungen. Beispielha­ft nennt er die Schließung von Gaststätte­n und Hotels mit guten Hygienekon­zepten.

Das Landtagswa­hlergebnis sieht Klaus Wirthwein als gute Basis für weitere Urnengänge. Der Wahlkampf habe keine Schulden gebracht, und die drei Prozent bedeuten über die Parteienfi­nanzierung mehr Geld in der Kasse.

Apropos Pandemie: Unter den anderen kleineren Parteien mit nennenswer­tem Stimmenant­eil befinden sich in der Region zumindest zwei, die generell den Corona-skeptikern zuzurechne­n sind: die „Basis“und „Wir 2020“. Im Wahlkreis Wangen-illertal kamen beide über Stimmenant­eile von knapp anderthalb beziehungs­weise gut einem Prozent. Auch sie waren hier damit stärker als im Landesschn­itt.

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FOTO: KARIIN KIESEL Per Briefwahl oder bei Besuchen in den Wahllokale­n, hier im Wahllokal im Feuerwehrg­erätehaus in Blönried, machten vergleichs­weise viele Wähler ihr Kreuzchen bei kleineren Parteien.
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FOTO: SZ Klaus Wirthwein (Freie Wähler).

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