Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Freie Wähler sind die Großen unter den kleinen Parteien
Wie sogenannte „Sonstige“bei den Landtagswahlen im Wahlkreis Wangen-illertal abschnitten – Und was anders ist als im Rest des Landes
- Klarer Sieger des Wahlsonntags waren die Grünen, als Gewinnerin darf sich auch die FDP fühlen. Aber nicht nur sie. Das gilt auch für diverse kleinere Parteien, die nicht den Einzug in den Landtag schafften. Die Freien Wähler stechen hier besonders hervor.
8,5 Prozent der Wählerinnen und Wähler im Land wählten Parteien, die in Statistiken gemeinhin unter „Sonstige“zusammengefasst werden. In den Wahlkreisen Wangen-illertal und Ravensburg konnten sogar 13,3 Prozent beziehungsweise 14,83 Prozent von ihnen offenbar nichts mit größeren, in Parlamenten vertretenen Parteien anfangen.
Der größte Anteil davon entfielen auf die Freien Wähler. Die Partei, die nichts mit den in zahlreichen Kommunalparlamenten sitzenden Fraktionen zu tun hat, deren bayerisches Pendant im Freistaat allerdings zusammen mit der CSU die Regierung bildet, vereinte drei Prozent aller Wählerstimmen auf sich. In den Wahlkreisen Wangen-illertal sowie Ravensburg waren sie mit jeweils 3,88 Prozent nochmals stärker.
Für den Landesvorsitzenden Klaus Wirthwein hat das gute Gründe. Zum einen formelle: Vor fünf Jahren waren die Freien Wähler erstmals bei einer Landtagswahl
in Baden-württemberg angetreten, nach seinen Angaben allerdings nur in fünf der 70 Wahlkreise. Jetzt kandidierte man mit der Ausnahme von Schwäbisch Gmünd flächendeckend.
Das erhöht schon rein statistisch die Wahlaussichten. Wieso genau ein durchaus bemerkenswerter Teil der Wählerinnen und Wähler ihr Kreuz bei der Partei machte, werde die anstehende Analyse zeigen. Vorab sagt Wirthwein aber bereits: „Wir sind sehr breit aufgestellt.“Das habe sich bei den Wanderungen hin zu den Freien Wählern gezeigt, lasse sich aber auch an dem am Wahlsonntag kandidierenden Personal ablesen.
Darunter seien ehemalige Grüne ebenso gewesen wie einstige Sozialdemokraten oder Cduler. Aber auch frühere Mitglieder der AFD habe man aufgenommmen. Aber nur solche, die zu Zeiten Bernd Luckes in dieser Partei waren und die dort kein Mandat hatten. Selbst bezeichnet sich Wirthwein als einstigen „relativ treuen Cdu-wähler“.
Der Achberger ist also froh über das Wahlergebnis im Land, besonders aber in der Region. Hier schnitten die Freien Wähler überdurchschnittlich ab. Besonders aber in seiner Heimatgemeinde, wo Wirthwein vor acht Jahren als Bürgermeister kandidiert hatte und bei der Landtagswahl mit dem „Heimvorteil“im Rücken gut 14 Prozent abräumte.
Zu weiteren Gründen des generellen Erfolgs befragt, nennt er die „Politikverdrossenheit“, von der seine Partei profitiert habe, aber auch die kritische Einstellung zu manchen Corona-einschränkungen. Beispielhaft nennt er die Schließung von Gaststätten und Hotels mit guten Hygienekonzepten.
Das Landtagswahlergebnis sieht Klaus Wirthwein als gute Basis für weitere Urnengänge. Der Wahlkampf habe keine Schulden gebracht, und die drei Prozent bedeuten über die Parteienfinanzierung mehr Geld in der Kasse.
Apropos Pandemie: Unter den anderen kleineren Parteien mit nennenswertem Stimmenanteil befinden sich in der Region zumindest zwei, die generell den Corona-skeptikern zuzurechnen sind: die „Basis“und „Wir 2020“. Im Wahlkreis Wangen-illertal kamen beide über Stimmenanteile von knapp anderthalb beziehungsweise gut einem Prozent. Auch sie waren hier damit stärker als im Landesschnitt.