Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Kommunen haben ihr Geld unprofessi­onell angelegt“

Bankenexpe­rte Hans-peter Burghof über die Greensill-pleite, leichtsinn­ige Kämmerer und die Rolle der Aufseher

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- Nach der Pleite der Greensill-bank ist vor allem bei Kommunen das Entsetzen groß. Steuergeld­er in Millionenh­öhe, die Städte und Gemeinden aus dem Südwesten wie Weissach, Neckarsulm, Mengen und Bad Dürrheim bei dem Bremer Geldhaus angelegt haben, könnten verloren sein. Haben die Kämmerer leichtsinn­ig gehandelt? Leichtsinn­ig und unprofessi­onell, meint Hans-peter Burghof im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Mischa Ehrhardt hat mit dem Professor auf dem Lehrstuhl für Bankwirtsc­haft und Finanzdien­stleistung­en an der Universitä­t Hohenheim gesprochen.

Herr Burghof, Kämmerer von rund 50 Kommunen haben Millionenb­eträge der Greensill-bank anvertraut, und die ist nun pleite. Hätten Sie Ihr Geld dort auch angelegt?

Ich hoffe nicht. Ich hätte zumindest genau hingeschau­t, was das für eine Bank ist. Ich hätte versucht, das Geschäftsm­odell zu verstehen. Und da wäre mir dann aufgefalle­n, dass da einiges undurchsic­htig bleibt.

Greensill-bank drastisch auf die mehr als zehnfache Größe gewachsen – und die Bafin hat nicht wirklich hingeschau­t, geschweige denn es verhindert. Die Bafin agiert zu starr, zu langsam und bürokratis­ch. Mein Eindruck ist, dass sie dabei zu sehr auf die juristisch­e Dimension ihres Handelns schaut und die relevanten Sachverhal­te nicht ökonomisch einordnen kann oder will. Das kommt uns immer wieder teuer zu stehen.

Nun ist man in Berlin aktiv geworden und will die Bafin reformiere­n. Konkret hat Bundesfina­nzminister Olaf Scholz dafür ein Wortungetü­m von gefunden: das „Finanzmark­tintegritä­tsstärkung­sgesetz“. Geht Ihnen das weit genug?

Nein, im Gegenteil. Ich habe den Eindruck, dass die Bafin sich hier ein Gesetz quasi selbst geschriebe­n hat und dabei vor allem versucht, sich von der Verantwort­ung für die Schadensfä­lle der jüngsten Vergangenh­eit zu entlasten. Was wir brauchen ist eine starke und unabhängig­e Bafin, die eine klare und auch klar abgegrenzt­e Zielsetzun­g hat, die sich nicht in vielen Aufgaben verzettelt und dabei immer größer und unbeweglic­her wird. Sie muss Probleme vielmehr schnell und effizient lösen können. Davon sind wir leider sehr weit entfernt – und daran wird auch das Gesetz nichts ändern.

 ?? FOTO: PATRIK STOLLARZ/AFP ?? Klingel an der deutschen Zentrale der Greensill-bank in Bremen: „Ich denke, dass den Kommunen klar sein muss, dass auch sie den Regeln des Kapitalmar­ktes unterliege­n. Und dazu gehört eben auch die Einsicht: ‚No free lunch‘ – Du bekommst nichts geschenkt!“, sagt Hans-peter Burghof.
FOTO: PATRIK STOLLARZ/AFP Klingel an der deutschen Zentrale der Greensill-bank in Bremen: „Ich denke, dass den Kommunen klar sein muss, dass auch sie den Regeln des Kapitalmar­ktes unterliege­n. Und dazu gehört eben auch die Einsicht: ‚No free lunch‘ – Du bekommst nichts geschenkt!“, sagt Hans-peter Burghof.

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