Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Gastgeber hoffen auf ein Ende des Beherbergungsverbots
Erste Ferienwohnungen werden an Wohnungssuchende vermietet
- Warten auf Gäste: So könnte das Thema „Reha und Tourismus“in Bad Waldsee derzeit treffend umschrieben werden. Zwar läuft wenigstens der Betrieb in den Rehakliniken trotz Corona weiter. Aber in den Hotels und bei den mehr als 50 nichtgewerblichen Anbietern von Ferienwohnungen und Privatzimmern sind die Betten seit Monaten leer.
Auch die Hoffnungen auf den Osterreiseverkehr habe sich durch den bevorstehenden „harten Lockdown“nun erledigt. Die ersten Gastgeber orientieren sich deshalb um: Sie vermieten ihre Feriendomizile an Wohnungssuchende aus der Region, von denen es aktuell deutlich mehr gibt als Urlauber.
Einer, der als Gastgeber für Touristen und Wellnessgäste keine Perspektive mehr sieht und der SZ darüber Auskunft gibt, ist Richard W. Allgaier. Vor zehn Jahren hat der Künstler sein Elternhaus aufwändig umgebaut in zwei hochwertig ausgestattete Ferienwohnungen und bot diese unter anderem über das Portal „Airbnb“an. „Da kamen interessante Gäste und es gab schöne Begegnungen. Aber seit Corona wurde eine Buchung nach der anderen storniert: Zuerst ab März letztes Jahr und im Herbst ging’s mit Absagen gerade so weiter für dieses Jahr“, beschreibt Allgaier das schwierige Geschäft als Waldseer Gastgeber.
Nachdem er auch als freischaffender Künstler von der Pandemie betroffen sei, habe er die Reißleine gezogen und seine Ferienwohnungen fest an Wohnungssuchende vermietet. „Ich möchte das Ferienhaus nicht länger leer stehen lassen und ich kann in dieser Situation auch die Mieteinnahmen gebrauchen“, bekennt Allgaier, der im Gegensatz zu anderen Kunstschaffenden derzeit immerhin Aufträge abarbeiten kann. „Deshalb möchte ich mich nicht beklagen. Aber ein Stück weit ist es auch schade – die Gespräche waren immer inspirierend und die Gäste waren alle begeistert von Bad Waldsee“, blickt Allgaier zurück auf seine Kurzzeit-mieter.
„Uns fehlen die Gäste wirklich sehr, da ist so viel weggebrochen seit Corona – und jetzt fällt auch noch der Ostertourismus weg, dabei hatte ich gehofft, dass das Beherbergungsverbot bis dahin aufgehoben sein würde“, seufzt auch Franz Gapp, der vier Ferienwohnungen anbietet und für einen gelungenen Aufenthalt seiner Gäste launige Ausfahrten mit dem Kleinbus und andere Programmpunkte organisiert.
„Meine Stammgäste rufen alle zwei Wochen an und fragen, wann es wohl wieder losgeht. Aber das entscheidet eben die Politik und dann ist noch lange nicht gesagt, dass die Therme öffnen darf oder dass ambulante Angebote in den Kliniken genutzt werden dürfen – das wollen aber unsere Gäste“, weiß der Gastgeber, dem der Ferienbetrieb in Haus und Hof richtig fehlt. Gapp: „Ja, klar, so langsam haben wir alles renoviert und erledigt, was vor der Krise liegengeblieben ist. Zu unserem Glück fehlen jetzt nur noch die Gäste!“
Eine Festvermietung an Wohnungssuchende ziehe er nicht in Erwägung, auch wenn er zuletzt vielfach auswärtige Monteure einquartiert hatte - und auch Einheimische, die Corona für die Renovierung ihrer eigenen Wohnung genutzt haben und bei Gapp vorübergehend eine Bleibe fanden. „Ich bin schon der Überzeugung, dass es mit Reha und Tourismus in Bad Waldsee nach der Krise weitergeht – nur weiß halt keiner, wann das sein wird. Und so lange werden wir uns als Gastgeber wohl gedulden müssen, auch wenn uns das nach den vielen Monaten immer schwerer fällt.“
Kurgeschäftsführer Walter Gschwind hat Verständnis dafür, dass sich die zahlreichen touristischen Gastgeber im Moorheilbad im Moment nichts anderes wünschen, als dass endlich wieder Gäste aus dem In- und Ausland ins Heilbad kommen dürfen. Wenigstens unter den eingeschränkten Corona-bedingungen vom Sommer 2020, der den örtlichen Quartiergebern sowie dem Einzelhandel und der Gastronomie zwar weniger Gäste brachte als in den Vorjahren, der aber für mehr Entspannung sorgte als das zurückliegende Winterhalbjahr.
„Ich bin sogar felsenfest davon überzeugt, dass Reha und Tourismus in Bad Waldsee in vollem Umfang wieder da sein werden, sobald die Corona-krise beendet ist“, sagte Gschwind auf Sz-anfrage. Es gebe hier ein attraktives Quartierangebot für Touristen und Wellnessgäste, auch wenn der eine oder andere Gastgeber sich vielleicht umorientiere, was aber nicht immer nur Corona geschuldet sein müsse.
„Vermieter von Ferienwohnungen schätzen die Flexibilität, dass sie sich abhängig von ihrer Lebenssituation – jederzeit neu aufstellen und Wohnraum fest vermieten können“, weiß Gschwind. Erfahrene Gastgeber wissen, dass das Geschäft mit Ferienwohnungen die ständige Präsenz des Vermieters erfordert – auch weil die Aufenthaltsdauer der Urlauber immer kürzer, dafür aber der Aufwand für Buchung und Reinigung größer wird.
Damit Bad Waldsee für (Tages-) Tourismus und vor allem auch für Reha und Wellness weiterhin attraktiv bleibe, unternehme die Stadt einiges. Gschwind: „Durch das Projekt ,Altstadt für alle’ gewinnen Begegnung, Erlebnis und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt.“Und, sobald es die Infektionslage zulasse, kämen auf Straßen, Plätzen und am See „weiche Faktoren wie Kunst und Kultur“hinzu, die Reha und Urlaub in Bad Waldsee zu einem „unvergessenen Erlebnis“werden ließen. „Bad Waldsee wird bald wieder aufblühen, weil alle Akteure an einem Strang ziehen für ihre Bürger und Gäste“, blickt Gschwind optimistisch voraus auf die Zeit nach Corona.
Das Gastgeber- und Unterkunftsverzeichnis 2021 der Stadt Bad Waldsee liegt im Vorraum der Tourist-information am Rathaus auf oder im Internet unter www.bad-waldsee.de eingesehen werden.