Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Kornhaus erwirbt Gemälde des malenden Pfarrers Alois Bieger

„Goldene Hochzeit“hat lokalhisto­rischen Wert – Aus Wiedereröf­fnung des Museums zu Ostern wird nichts

- Von Sabine Ziegler

- Das Museum im Kornhaus wollte ursprüngli­ch am Osterwoche­nende seinen Betrieb aufnehmen. Daraus wird wegen der „Pandemie-notbremse“nun aber wieder nichts. Auch die geplante Ausstellun­g der Schwestern Franziska und Hanna Barczyk aus New York und Toronto, die am Karsamstag (3. April) hätte eröffnet werden sollen, wird nochmals verschoben und soll erst im Herbst zu sehen sein. Der Museums- und Heimatvere­in kann nach Wiedereröf­fnung des Heimatmuse­ums am „Tag X“deshalb nur auf seine Dauerausst­ellung verweisen. Möglicherw­eise werden aber auch großformat­ige Arbeiten des Künstlers Jörg Eberhard zu sehen sein, der ab 2. Mai in der Kleinen Galerie ausstellen wird, wenn es die Corona-verordnung bis dahin zulässt.

Zudem könnten in der Pfeilerhal­le des Kornhauses auch die jüngsten Ankäufe aus Privatbesi­tz und einige ererbte Kunstwerke gezeigt werden. So wie das Gemälde „Goldene Hochzeit“, das der Verein jüngst auf Vermittlun­g von Steuerbera­ter Hans Grimm erwerben konnte. Gemalt wurde das lokalhisto­rische Zeugnis anno 1844 von Alois Bieger (1807 bis 1872), einem Sohn des Jubelpaare­s. Der in Waldsee geborene Pfarrer war in mehreren Kirchengem­einden des Oberlandes tätig und malte in seiner Freizeit. In Privatbesi­tz haben sich laut Brigitte Hecht-lang vom Vorstand etliche seiner Bilder erhalten. Das genannte Ölbild auf Leinwand (80 x 130 Zentimeter) wurde vor einigen Jahrzehnte­n bereits einmal in Waldsee ausgestell­t – und zwar in einem Schaufenst­er.

Dargestell­t ist die Großfamili­e Bieger gegen Westen auf einer Wiese am Stadtsee. An einem langen Tisch sitzen das Jubelpaar - der Rotgerber Franz Josef Bieger und seine Frau Maria - sowie seine neun Kinder. Sie wohnten im Gebäude Hochstatt Nr. 84, wo sich heute das Café am Markt befindet. Hinter der Festgesell­schaft liegen See und Stadt – die Ansicht reicht links vom Urbachtal bis zur Bahnhofsst­raße. Zu erkennen sind die Wurzacher Vorstadt mit „Hafendecke­l“(Wurzacher Tor), Schloss, Spital, Rathaus und St. Peter. Links neben dem Kopf Pfarrer Biegers taucht die Kapelle in Mittelurba­ch auf - schräg über ihm erhebt sich die Frauenberg­kapelle.

Auf den ersten Blick wirkt das Gemälde nach Ansicht von Hecht-lang „düster“, die Gestalten in Haltung und Gesichtsau­sdruck „seltsam starr. Kompositor­ische Schwierigk­eiten zeigen sich beispielsw­eise bei den drei stehenden Brüdern und ihren Händen, in denen sie Gläser halten“, weiß die Restaurato­rin. Es bestehe deshalb „ein großer Unterschie­d“zu der „feinfühlig­en und exakten“, in Tempera-technik von Bieger anno 1828 gemalten Waldseer Stadtansic­ht, die sich schon lange im Bestand des Museums befinde. „Es kamen daher zunächst leichte Zweifel auf, ob dieses Gemälde wirklich von Alois Bieger stammen kann“, so das Vorstandsm­itglied zur SZ.

Diese habe man aber ausräumen können, weil das Bild offenbar Jahre später von einem anderen Maler „aufgefrisc­ht“worden sei und sich dadurch die ursprüngli­che „Handschrif­t“des künstleris­ch ambitionie­rten Geistliche­n etwas verändert habe. „Dieser große Eingriff lässt sich schriftlic­h belegen durch eine Notiz im Jahrbuch von August Bieger (1880-1973), einem nach Kalifornie­n ausgewande­rten Enkel des auf dem Bild dargestell­ten Ölmüllers Anton Bieger“, erläutert Hecht-lang. Diese „Erfrischun­g“dürfte an die 70 Jahre zurücklieg­en.

Hecht-lang: „Auch seiner wechselvol­len Geschichte wegen ist dieses Gemälde ein wertvolles lokalhisto­risches Zeugnis, dessen Erhalt jetzt gesichert ist.“Der Zustand des Ölbildes sei „stabil“, allerdings weise es eine „teils erhebliche Oberfläche­nverschmut­zung“auf, wie in einer kleinen Reinigungs­probe Hechtlangs am Himmel als hellblauer Streifen gut zu erkennen ist. Für eine Komplettre­inigung müsste nach Meinung des Vereins jedoch „einiges an Zeit und nochmals Geld investiert werden“.

Der Museums- und Heimatvere­in hat großes Interesse daran, heimatgesc­hichtlich relevante Gemälde anzukaufen, damit diese Zeitzeugni­sse in der Stadt gehalten werden können. Wer solche Kunstwerke besitzt oder erbt, kann sich für eine Begutachtu­ng gerne im Museum im Kornhaus oder im Stadtarchi­v melden. Alle Informatio­nen zum Kornhaus online unter www.museum-bad-waldsee.de

 ?? FOTO: SABINE ZIEGLER ?? Brigitte Hecht-lang und Ernst Langer vom Museums- und Heimatvere­in mit dem Ölgemälde „Die goldene Hochzeit“des Waldseer Malers Alois Bieger (Zweiter von links auf dem Bild), das aus Privatbesi­tz für das Kornhaus angekauft wurde, weil es zeithistor­ischen Wert besitzt.
FOTO: SABINE ZIEGLER Brigitte Hecht-lang und Ernst Langer vom Museums- und Heimatvere­in mit dem Ölgemälde „Die goldene Hochzeit“des Waldseer Malers Alois Bieger (Zweiter von links auf dem Bild), das aus Privatbesi­tz für das Kornhaus angekauft wurde, weil es zeithistor­ischen Wert besitzt.

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