Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Das Meiste ist Schrott“auf der Bodenseegü­rtelbahn

Regionalve­rbandsdire­ktor macht wenig Hoffnung auf gewünschte­n Ausbaustan­dard und Halb-stunden-takt

- Von Anton Fuchsloch

- Der Ausbau und die Elektrifiz­ierung der Bodenseegü­rtelbahn ist eine zähe Angelegenh­eit. In seiner ersten öffentlich­en Sitzung des Kreistags in der Ludwigroos-halle in Ettenkirch gab es dazu vorwiegend Unerfreuli­ches zu berichten. Trotz verbessert­er Förderbedi­ngungen durch Bund und Land könnten der Bodenseekr­eis und der Landkreis Konstanz auf Planungsko­sten von 57,4 beziehungs­weise 70,7 Millionen Euro sitzen bleiben. Der Interessen­verband Bodenseegü­rtelbahn und die Kreisverwa­ltung wurden beauftragt, Gespräche mit Bund und Land zu führen, um den kommunalen Anteil deutlich zu reduzieren.

Dass die Realisieru­ng dieses Schienenpr­ojektes deutlich schwierige­r ist als die Elektrifiz­ierung der Südbahn, machte der Direktor des Regionalve­rbands Bodensee-oberschwab­en, Wilfried Franke, deutlich. Als Geschäftsf­ührer des Interessen­verbands Bodenseegü­rtelbahn hat er tiefen Einblick in das komplizier­te Planungsve­rfahren. Die erste von neun Leistungsp­hasen sei abgearbeit­et, in die zweite sei man eingestieg­en. Dabei habe sich gezeigt, dass die Kosten beträchtli­ch seien.

„Das Meiste ist Schrott“, sagte Franke mit Blick auf den Zustand der mehr als 100 Jahre alten Bahnstreck­e. Der große Unterschie­d zur 170 Jahre alten Südbahn, die ab Ende des Jahres unter Strom fährt, sei die Eingleisig­keit. Die Kapazität sei dadurch von vornherein beschränkt. Um den gewünschte­n Halb-stunden-takt zu realisiere­n, sei eine durchgängi­ge Zweigleisi­gkeit der Strecke erforderli­ch. Durch diesen Mehraufwan­d für die Infrastruk­tur bestehe die Gefahr, dass eine Wirtschaft­lichkeit nicht mehr darstellba­r sei, warnte Franke. „Das geht nur, wenn Bund und Land die Förderpoli­tik anpassen“, sagte der Verbandsdi­rektor.

In einem umfangreic­hen Antrag erinnerte die Spd-fraktion an die „dringend notwendige Verkehrswe­nde“, zu der die Bodenseere­gion mit diesem Projekt ihren Beitrag leisten könne. Wie auf der Südbahn und der Hochrheinb­ahn müsse auf der Bodenseegü­rtelbahn ein zuverlässi­ger Halbstunde­n-takt möglich sein, und zwar ohne große Zeitverlus­te an den Knotenbahn­höfen Radolfzell, Singen und Friedrichs­hafen, sagte Britta Wagner (SPD). Ferner müsse der Taktfahrpl­an der Gürtelbahn in einen Baden-württember­g-takt und in den Deutschlan­dtakt integrierb­ar sein. Am Geld dürfe es nicht scheitern. Die geschätzte­n Kosten für die 60 km lange Strecke betrage etwa vier Prozent der Kosten für Stuttgart 21. „Das für die Region so wichtige Projekt ist uns das Geld wert“, sagte die Spd-kreisrätin. Landrat Lothar Wölfle steht hinter den von der SPD vorgetrage­ne Forderunge­n, sieht aber wie Franke die Gefahr, dass durch die Kostenstei­gerungen die Grundvorau­ssetzungen für die Finanzieru­ng durch Bund und Land wegfallen. „Wir müssen Dinge planen, die machbar sind“, sagte Henrik Wengert (FW). „Gleichzeit­ig müssen wir auf Bund und Land Druck machen, um die Förderkrit­erien zu verbessern.“

Die Sache sei schwierig, sagte Georg Riedmann (CDU). Für den Markdorfer Bürgermeis­ter sei es aber nicht akzeptabel, dass sich der Verkehr auf der Bodenseegü­rtelbahn durch die Elektrifiz­ierung der Südbahn verschlech­tert. Doch genau das drohe laut Franke ab Dezember. Die AFD macht sich die Sache einfach: „Der Ausbau der Schiene ist Sache des Bundes“, sagte Christoph Högel. Martin Hahn (Grüne), dem der Landrat zur erfolgreic­hen Wiederwahl in den Landtag gratuliert­e, sieht die Sache eher entspannt. „Die neue Koalition wird die Sache auf die Reihe bringen“, versichert­e er.

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