Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Im Wurzacher Ried steigt der Druck
NAZ appelliert an die Vernunft der Spaziergänger und freut sich über hohen Besuch
- Die Zahl an Besuchern im Wurzacher Ried steigt. Doch darüber freuen sich die Naturschützer nicht immer.
„Der Druck ist derzeit sehr stark“, sagt Horst Weisser, der Leiter des Naturschutzzentrums Wurzacher Ried (NAZ). Denn immer häufiger müssen er und seine Mitarbeitenden beobachten, dass Spaziergänger die vorgeschriebenen Wege verlassen. „In letzter Zeit sind aber immer mehr Menschen auch fernab jeden Weges unterwegs“, sagt er bedauernd.
Am vergangenen Freitag wurde eine 55-Jährige von der Polizei erwischt, als sie in einer Wiese saß. Dass die Ordnungshüter verständigt worden sind, bezeichnet Weisser als „Warnschuss“in Richtung derer, die sich nicht an die Ge- und Verbote halten. Denn ein Naturschutzgebiet sei eben in allererster Linie dafür gedacht, die Natur zu schützen.
Dort spazieren zu gehen, ist natürlich erlaubt, aber eben nur auf den ausgewiesenen Wegen. Diese zu verlassen, könne „fatale Folgen“haben: „Die Frau war zum Beispiel ausgerechnet in der Ecke, in der unser einziges Kranichpaar gerade brütet. Und diese Tiere sind so sensibel, dass solche Störungen zur Aufgabe der Brut führen können.“
Die Kraniche seien dabei derzeit nicht die einzigen, die in dieser wichtigen Zeit gestört werden können. „Alle Vögel sind im Moment am Brüten“, sagt Horst Weisser und bittet daher noch einmal eindringlich darum, die Wege im Ried keinesfalls zu verlassen.
Einen Besucher, über den sich das
NAZ sehr freute, weilte dagegen Ende vergangener Woche im Ried: die Grünen-europaabgeordnete Jutta Paulus mit ihrer persönlichen Referentin Jenni Follmann.
Paulus arbeitet derzeit laut Naz-mitteilung an einem Parlamentsbeitrag für eine Eu-renaturierungsstrategie, bei der auch der Renaturierung und Wiedervernässung von Mooren eine größere Bedeutung zukommen soll. Die umfangreichen und beispielhaften Arbeiten
auf diesem Gebiet am Wurzacher Ried, insbesondere die Beweidung mit Wasserbüffeln, seien es Jutta Paulus wert gewesen, sich vor Ort mit den Verantwortlichen auszutauschen. Gesprächspartner waren neben Weisser der Wasserbüffelhalter Markus Gaub, Alois Kapfer vom Verein Naturnahe Weidelandschaften und Walter Seifert vom Landschaftserhaltungsverband Ravensburg.
Sie konnten der Abgeordneten vielerlei Aspekte und Erfahrungen aus der Praxis sowie Verbesserungsvorschläge aus Naturschutzsicht mit auf den Weg nach Brüssel geben. Die Vielzahl der diskutierten Themen reichte laut Mitteilung von den Agrarfördermaßnahmen über den Abbau bürokratischer Hindernisse bis hin zur Umsetzung und Flexibilisierung der europäischen Ffh-naturschutzrichtlinie.
„Naturschutz und landwirtschaftliche Nutzung gehen zusammen“, stellte Paulus nach ihrem Besuch fest und kündigte an: „Ich werde die Europäische Kommission um eine Prüfung bitten, ob dieses Projekt eine Blaupause für andere europäische Moorgebiete sein kann.“