Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Mit 86 Jahren, da fängt der Online-fitness-kurs an

Marie-luise von Wuthenau ist jeden Dienstag bei der digitalen Fitnessgym­nastik der Waldseer Ballettsch­ule Waidacher dabei

- Von Wolfgang Heyer

- Um den Tanzschüle­rn in Zeiten von Corona trotzdem Trainingss­tunden ermögliche­n zu können, bieten viele Tanz- und Ballettsch­ulen Online-kurse an. So weit, so gewöhnlich. Dass sich bei der Fitnessgym­nastik der Ballettsch­ule Waidacher eine 86-Jährige zuschaltet, ist hingegen höchst bemerkensw­ert. Marie-luise von Wuthenau hat sich von der technische­n Hürde nicht schrecken lassen und ist jeden Dienstag mit Feuereifer dabei. Udo Jürgens Ohrwurm „Mit 66 Jahren“könnte hier getrost umgedichte­t werden in „Mit 86 Jahren, da fängt die Online-fitness an“.

„Es gefällt mir sehr gut. Natürlich ist es nicht das gleiche, wie wenn wir in der Ballettsch­ule zusammenko­mmen. Am Computer zuhause ist es schon schwierige­r – aber besser als nichts“, sagt Marieluise von Wuthenau im Sz-gespräch und ist glücklich über das Online-angebot in Zeiten von Corona. Schließlic­h hat ihr der gemeinscha­ftliche Sport schon sehr gefehlt. Und als Ballettleh­rerin Julia Waidacher ihr von der neuen Möglichkei­t berichtete, sei sie sofort interessie­rt gewesen und „habe gleich begeistert zugesagt“.

Mit Unterstütz­ung von Günter Waidacher und ihrem Mann Carlfriedr­ich von Wuthenau wurde das entspreche­nde Programm auf dem Computer eingericht­et und Lautsprech­er-boxen angebracht. Auf diese Weise kann die 86-Jährige die eingespiel­te Musik hören und sich voll und ganz ihrem geliebten Sport widmen. Einzig der PC selbst muss kurz vor dem Training noch vom Büro ins Wohnzimmer gestellt werden. Der Grund: der Boden. „In der Ballettsch­ule gibt es einen echten Parkettbod­en, da läuft es und ist glatt. Im Büro haben wir einen Teppichbod­en, das funktionie­rt für die ganzen Übungen nicht so gut. Daher stellen wir den Computer im Wohnzimmer auf und dann geht es“, zeigt die rüstige Rentnerin eine wichtige Vorbereitu­ng auf.

Seit mehr als 50 Jahren besucht Marie-luise von Wuthenau bereits Pilates-, Gymnastik- und Aerobickur­se. „Das ist der Grund, warum ich noch so fit bin“, sagt die gebürtige Bad Waldseerin und lacht ein ansteckend­es Lachen. Seit knapp 25 Jahren besucht sie die Gymnastik-kurse von Julia Waidacher und hat in all den Jahren kaum eine Trainingss­tunde verpasst. „Ich muss einfach jeden Dienstag zum Sport. Auch wenn ich darauf mal keine Lust habe. Aber danach fühle ich mich so wohl, dass ich denke, Gott sei dank habe ich das gemacht. Der ganze Körper ist dann wieder in Ordnung. Manchmal tut es hier weh und da weh und da bekommt man durch den Sport quasi eine Spritze und dann läuft es wieder. Es tut mir einfach gut“, verdeutlic­ht von Wuthenau ihre Leidenscha­ft an der Bewegung.

Am meisten Spaß macht ihr das Warmlaufen. Dabei machen die durchschni­ttlich 15 Teilnehmer rund 30 Minute im Stehen alle möglichen sportliche­n Übungen. Danach geht es auf die Matte und Dehnübunge­n stehen auf dem Programm. „Die sind manchmal weniger angenehmen, aber es ist wichtig, dass man die macht“, spricht die 86Jährige wohl vielen Sportlern aus der Seele. Und so überwindet sie sich immer wieder, auch wenn es hier und da mal schwer fällt. „Wer rastet, der rostet“, sagt von Wuthenau dazu und ergänzt: „Wer es nicht konsequent macht, kann es irgendwann nicht mehr. Und ich kann es, weil ich es schon in jungen Jahren angefangen und immer weiter gemacht habe.“

Technische Probleme hatte die sportliche Seniorin bislang keine. Einzig, die Übungen am Boden seien auf dem unhandlich­en PC schwerlich einzusehen. Da könnten sich die Teilnehmer, denen ein mobiler Laptop zur Verfügung steht, einfacher behelfen. „Aber nach all den Jahren kennt man die Übungen und weiß, was zu tun ist. Das ist alles kein Problem“, erklärt Marie-luise von Wuthenau und lobt die Ballettleh­rerin für ihre sanfte Trainingsa­nleitung, die der Körper als wohltuend empfinde. „Und dabei bewegen wir jeden einzelnen Muskel, vom kleinen Zeh bis rauf in den Nacken.“

Obgleich ihr die Gruppe mitsamt dem gegenseiti­gen Austausch vor und nach der Trainingse­inheit fehlen, freut sie sich bereits auf den nächsten Dienstagab­end. „Ich fühle mich wohl dabei. Aber klar, uns allen fehlt der direkte Kontakt.“

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FOTO: CARL-FRIEDRICH VON WUTHENAU Marie-luise von Wuthenau macht die sportliche­n Übungen mit Feuereifer mit.

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