Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Jugend vermisst schlechte Busanbindung
Erste digitale Jugendkonferenz im Kreis: Politiker nehmen Vorschläge mit in ihre Gremien
- In fünf virtuellen Räumen haben am vergangenen Samstag Gäste aus Politik und Verwaltung mit Jugendlichen Themen diskutiert, die diesen unter den Nägeln brennen. Denn zusammen mit dem Jugendgemeinderat Leutkirch hatte der Kreisjugendring Ravensburg die erste digitale Jugendkonferenz veranstaltet. Zu Gast waren Landrat Sievers, als Vertreter der Parteien Raimund Haser (CDU), Frank Scharr (FDP), Carmen Kremer (die Grünen), Enes Muric (die Linke) und Antonio Hertlein (SPD), sowie Reinhard Friedel als Sozialdezernent des Landkreises Ravensburg. Moderiert wurde die Diskussion von Diana Wertmann und Luis Kistler, die sich beide im Jugendgemeinderat Leutkirch engagieren.
Zu Beginn durften die Gäste sich in kompakten zwei Minuten – weil Politiker dazu tendieren zu lange zu reden, erklärte Luis Kistler – zur Motivation
für ihr politisches Engagement äußern. Enes Muric, 2021 Landtagskandidat im Wahlkreis Wangen, erlebte den Gemeinschaftskundeunterricht als Augenöffner. Warum, so fragte er sich, werden in einem der reichsten Länder der Welt keine fairen Löhne und Renten bezahlt?
Carmen Kremer, selbst Kreistagsmitglied, möchte die Dinge zum Besseren bewegen: „In Baden-württemberg sind 51 Prozent der Bevölkerung weiblich, nur 20 Prozent der Kreistagsmitglieder sind Frauen.“Kremer würden Frauen- und Gleichstellungsthemen besonders am Herzen liegen.
Raimund Haser, seit 2016 Mitglied des Landtags, war selbst Schülersprecher und habe immer versucht, Einfluss zu nehmen. Haser bezeichnete den Jugendgemeinderat, den es in seiner Jugendzeit noch nicht gab, als „Königsklasse der Jugendbeteiligung“.
Nach der persönlichen Runde ging es ans Eingemachte: Diskutiert wurden die Themen Digitalisierung, ländlicher Raum, Nachhaltigkeit, Bildungslandschaft und Demokratie. Die Teilnehmer hatten freie Auswahl, während die Politiker den virtuellen Räumen per Glücksrad zugeteilt wurden, denn „sie sollen sich ja gerade nicht ihr Lieblingsthema aussuchen“, so die Moderatoren.
Eine völlig neue Idee kam aus dem Forum Digitalisierung: die Bildung eines Digitalausschusses bestehend aus jungen Leuten „die wirklich den Durchblick bei dem Thema haben“. Dieser Ausschuss soll dann regelmäßig vom Kultusministerium angehört werden.
Nicht zufrieden ist die Jugend unter anderem mit der Mobilität im ländlichen Raum. Landrat Sievers konnte dazu berichten, dass „eine völlige Veränderung des Verkehrsangebotes“in der Planung sei, unter anderem ein Nachtbus. Die Qualität des Unterrichts im Fach Informatik wurde außerdem beklagt. Da wüssten oft die Schüler mehr als die Lehrer,
beschrieb ein Teilnehmer seinen Eindruck. Wählen ab 16 und eine bessere Jugendbeteiligung auch auf Landkreisebene wurden im Forum Demokratie thematisiert.
Die Gäste zeigten sich beeindruckt von den Vorschlägen und Gedanken der jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Frank Scharr, unter anderem Mitglied des Wangener Wirtschaftskreises, meinte: „Ich habe Bock auf mehr Veranstaltungen wie diese“, denn er habe viele Anregungen mitgenommen. Enes Muric: „Man kann nicht länger behaupten, dass die Jugend sich nicht beteiligen will.“Und Carmen Kremer stellte fest: „Viele Perspektiven führen zu besseren Ergebnissen.“
Weitere Veranstaltungen in diesem Format sollen laut Stefanie Nandi vom Kreisjugendring folgen.
Weitere Infos gibt es auf der Internetseite www.jukinet.de des Kreisjugendrings.