Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Tiny-haus auf dem Land statt Stadtwohnung
Was Interessenten an den neuen Bauplätzen in Schemmerberg reizt – Bewerbungen noch offen
- Wohnraum ist inzwischen fast überall knapp. In Schemmerberg sollen nun in einem neuen Wohngebiet bis zu sechs Bauplätze für Tiny-häuser entstehen. Eine der Interessentinnen ist Martina Möller aus Pfuhl. Die 38-Jährige hat gute Argumente, warum sie von ihrer Wohnung hinaus aufs Land und dafür ausgerechnet in ein Tinyhaus ziehen möchte.
Natürlich geht es früher oder später auch ums Geld. „Ich wollte etwas Eigenes haben, das ich mir auch leisten kann“, erzählt Martina Möller. Bislang wohnt die Bankkauffrau mit ihrer neunjährigen Tochter in einer Mietwohnung im Neu-ulmer Ortsteil Pfuhl. Die zentrale Lage hat viele Vorteile, erklärt sie. 150 Meter sind es zum nächsten großen Supermarkt. Apotheken, Ärzte, Bäcker, Tankstellen, alles liegt in Fußnähe. Selbst einen kleinen Balkon bietet die Wohnung. Die Fakten sprechen dafür, dass alles so bleiben könnte, wie es ist. Doch das soll es nicht. Denn Martina Möller träumt von der Idylle auf dem Land.
Aus den Medien und von ihrer Familie erfuhr sie von den Bauplätzen in Schemmerberg. Ein normaler Bauplatz käme für sie nicht in Frage. Doch die Idee eines Tiny-hauses habe sie sofort gereizt, erzählt sie. Mehrmals schon ging sie am Gänseberg in Schemmerhofen spazieren und inspizierte das mögliche Grundstück. „Der Gedanke, dort ein Haus aufzubauen, ist schon aufregend“, erzählt sie. Noch hat sie bei der Gemeinde nur ihr Interesse bekundet. Die Bewerbung soll bald folgen. Denn Möller will alles auf eine Karte setzen: Der Bauplatz in Schemmerberg war schließlich erst der Auslöser, überhaupt über ein Tiny-haus nachzudenken.
Inzwischen aber hat sie bereits ein konkretes Haus-modell ins Auge gefasst: Rund 80 000 Euro müsste sie für das Gebäude berappen, inklusive Möbel und Küche. Hinzu kämen die Kosten für das etwa 250 Quadratmeter große Grundstück, von dem sie ein Großteil als Gartenfläche nutzen könnte. Schließlich bietet das Tinyhaus mit 56 Quadratmetern kaum mehr Fläche als ihre bisherige Wohnung. Doch mehr Platz brauche sie gar nicht, auf einen Keller könne sie komplett verzichten, sagt Möller. Schließlich wird das Haus auf Räder geliefert und dann direkt in den Boden eingelassen. Möller sagt, sie habe ohnehin die Erfahrung gemacht, dass sich im Keller oft nur der „Kruscht“ansammle. „Ich miste jetzt schon immer wieder fleißig aus“, erzählt sie, vom Kinderspielzeug, über Kleidung bis zur Bettwäsche. „Schließlich ist es doch sogar bewiesen, dass Weniger zufriedener macht.“
Deshalb wolle sie sich in Zukunft noch stärker „auf das Wesentliche beschränken“. Das Leben auf kleinem Raum kennt Möller auch bereits von ihren Urlauben im Wohnwagen.
Sie ist überzeugt, dass diese Wohnform die richtige für sie ist und auch ihre neunjährige Tochter freue sich über die Zukunftspläne, vor allem darüber, vielleicht bald einen eigenen Garten zu haben.
Statt großen Einkaufszentren gibt es am Schemmerberger Gänseberg vor allem Felder und Natur vor der Haustür. Reizvoll sei aber auch der Bahnhof im Ort. Neben der Ortschaft reizt Möller aber auch die Wohnform selbst. Das Fertighaus sei einfach planbar, es drohen keine explodierenden Kosten, wie bei vielen anderen Bauvorhaben. Diese Sicherheit sei ihr wichtig, erzählt sie. Außerdem seien die Nebenkosten viel niedriger, ohne dass auf Wasser oder Strom verzichtet werden müsste.
Besonders freut sich Martina Möller auch über ihre möglichen zukünftigen Nachbarn: Möllers Schwester Kathrin Bischof und ihr Mann Markus wollen sich ebenfalls auf einen Bauplatz bewerben und diesen ihrem Sohn zur Verfügung stellen.
Auch Markus Bischof schätzt die Vorzüge eines Tiny-hauses. „Ich war sehr positiv überrascht von dem Platz im Haus“, erzählt er. Schon länger liebäugle er mit der Wohnform. „Man kann eigentlich keine bösen Überraschungen damit erleben und es sind kalkulierbare Baukosten“, betont er. Auch aus ökologischen Gesichtspunkten sei es sinnvoll, weniger Fläche zu bebauen.
Bislang wohnt die Familie Bischof in Schemmerberg an der Hauptstraße in einem Einfamilienhaus auf rund 200 Quadratmeter. Doch im Alter, so hofft Bischof, könnte das Tiny-haus genau richtig sein. „Wenn die Kinder dann mal aus dem Haus sind und wir nicht mehr so viel Wohnfläche brauchen.“
Wann genau die ersten Bewohner ihre Tiny-häuser in Schemmerberg beziehen können, ist noch unklar. Das gesamte Baugebiet, das außerdem auch noch andere Wohnformen umfasst, soll erst 2023 oder 2024 erschlossen werden, heißt es bei der Gemeindeverwaltung Schemmerhofen (SZ berichtete).
Martina Möllers mögliches zukünftiges Zuhause soll zwar als Fertighaus aufgebaut werden, ein Unikat aber ist es dennoch: Denn jedes Haus wird genau nach den Wünschen der Kunden gefertigt. Das führt dazu, dass die Bauzeit fast so lange ist, wie bei einem massiven Bau: Rund zehn Monate. Möller hat sich schon darauf eingestellt, dass sie noch ein wenig warten muss, bis sie sich ihren Traum der eigenen vier Wände verwirklichen kann.