Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Über 50 000 Menschen gegen Corona geimpft
Ravensburger Kampagne nimmt Fahrt auf – Das liegt auch an der Beteiligung der Hausärzte
- Die Corona-impfkampagne nimmt im Landkreis Ravensburg endlich Fahrt auf. Wie Landrat Harald Sievers am Montag berichtete, wurden bis Sonntagabend im Kreisgebiet 52 237 Menschen gegen Covid 19 geimpft. Besonders die Beteiligung der niedergelassenen Ärzte gibt der Aktion einen Schub.
Wie sind die aktuellen Impfzahlen zu bewerten?
Im Landkreis Ravensburg leben rund 285 000 Menschen. Dennoch bedeuten die aktuellen Zahlen nicht, dass jetzt fast jeder fünfte Kreisbewohner geimpft ist. Statistisch erfasst wurde bisher nur die Zahl der Impfungen im Landkreis. Ob diese Menschen alle hier leben oder ob hiesige Bewohner sich in Friedrichshafen oder Ulm impfen ließen, ist derzeit nicht bekannt. Erst im Laufe dieser Woche will das baden-württembergische Sozialministerium eine aktuelle Übersicht veröffentlichen, die genau darstellt, wie viele Menschen in den jeweiligen Kreisen eine Corona-impfung erhalten haben. Gesundheitsund Sozialminister Manne Lucha hatte vergangene Woche aber bereits gesagt, dass zum Stichtag 18. April 44 000 Bewohner des Landkreises Ravensburg geimpft worden seien.
Wer wurde wo geimpft?
Fast die Hälfte aller Bürger bekam im Kreisimpfzentrum in der Ravensburger Oberschwabenhalle ihren Piks, nach Stand von Montagvormittag
waren es 24 530. 13 566 Personen wurden von den mobilen Teams aus Ravensburg und Ulm aufgesucht; 9934 Menschen erhielten in den vergangenen zwei Wochen eine Impfung bei niedergelassenen Ärzten. 2867 Frauen und Männer wurden in Kliniken, 1340 bei auswärtigen Terminen in den Städten und Gemeinden versorgt.
Wie ist die Lage im Kreisimpfzentrum?
Dieses ist seit zwei Wochen vollständig ausgelastet. 800 Menschen erhalten dort täglich ihren Piks. Zum Vergleich: Beim Start des Zentrums vor drei Monaten standen dort nur 24 Dosen am Tag zur Verfügung. Nach Aussage von Landrat Sievers bezeichnet das baden-württembergische Sozialministerium
das Ravensburger Impfzentrum als eines der erfolgreichsten im Land. Der Grund: Dort würden keine Dosen gehortet, sondern alles verwendet, was lieferbar sei. Nach derzeitigem Stand soll das Kreisimpfzentrum bis Ende Juni Bestand haben. Sievers geht allerdings davon aus, dass das mindestens bis September der Fall sein wird.
Mit welchen Schwierigkeiten ist das Zentrum konfrontiert?
Dessen Leiter Andreas Rein sagt: „Insgesamt hat sich die Aufregung gelegt.“Zwar gebe es hin und wieder noch Unmut darüber, dass die Terminierung schwierig sei oder die Leute einfach nicht mehr länger warten möchten. Auch dass die Impfberechtigten
keine Wahl haben zwischen den zugelassenen Wirkstoffen, gefalle nicht allen. Dennoch sagt Rein: „Wer seine Dosis bekam, der ist in der Regel zufrieden. Manche sind sogar hin und weg vor Glück.“
Wer treibt die Kampagne zudem an?
Die niedergelassenen Ärzte konnten innerhalb kürzester Zeit dazu beitragen, dass viele Menschen im Kreis eine Impfung erhalten. Nach Aussage des Ersten Landesbeamten Andreas Honikel-günther arbeite man derzeit an Konzepten, von Mai an erste Betriebsärzte in Unternehmen in die Kampagne zu integrieren. Dazu gebe es Kontakte mit der Industrie- und Handelskammer, aber auch mit einzelnen Firmen, wie zum Beispiel Vetter.
Welche Probleme gibt es bei der Kampagne?
Das hängt zum einen von der Lieferungsmenge ab. Zum anderen auch davon, welche Kapazitäten die Ärzte haben. Hans-otto Bürger, Vorsitzender der Ravensburger Kreisärzteschaft, sagt: „Wir können in den Praxen nicht nur den ganzen Tag lang impfen. Wir haben auch noch einen Versorgungsauftrag für die Kranken und für Notfälle.“
Wie ist die Corona-lage im Kreis Ravensburg?
Wie Michael Föll, der Leiter des Ravensburger Gesundheitsamts sagt, ist die Wirkung der Impfkampagne spürbar. Häufungen von Infektionen seien nun nicht mehr in erster Linie in Senioren- und Pflegeheimen festzustellen. Diese sogenannten Cluster verschieben sich in die Arbeitswelt und auf private Treffen – sofern sie feststellbar sind.
Klappt die Kontaktverfolgung im Falle einer Infektion?
Ja, sagt Andreas Honikel-günther: „Wir sind, gemeinsam mit den Kommunen, aber auch durch Unterstützung der Bundeswehr und durch die Verlagerung von Mitarbeitern des Landratsamtes, in der Lage, alle Fälle zu verfolgen.“Das sei andernorts, so Landrat Sievers, vielfach nicht gelungen.
Wie ist die Situation in den Krankenhäusern?
Angespannt, aber unter Kontrolle. Das sagt Winfried Leiprecht, der Sprecher der Oberschwabenklinik (OSK). Dort unterstützen seit Sonntag sechs medizinisch ausgebildete Soldaten der Bundeswehr aus dem Sanitätsregiment 3 in Dornstadt den Intensivbereich. Mit ihrer Hilfe kann die Station mit drei bis vier Betten mehr betrieben werden. In den Osk-häusern liegen derzeit 13 Corona-patienten auf den Intensivstationen, 40 weitere im Isolierbereich. Das sind halb so viele Corona-patienten wie noch Anfang Januar. Das Impfen zeige Wirkung, sagt auch Leiprecht. Ältere Patienten gebe es in diesem Bereich kaum noch; die meisten seien zwischen Mitte 40 und Mitte 60. Dennoch sind die Intensivbetten praktisch voll belegt.