Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Erstmals kein Abi-jahrgang am Waldseer Gymnasium
Die Umstellung von G8 auf G9 erfolgt coronabedingt nicht zum schlechtesten Zeitpunkt
- In ganz Badenwürttemberg beginnen am 4. Mai die Abiturprüfungen unter Coronabedingungen. Nur nicht in Bad Waldsee: Erstmals in der 50-jährigen Geschichte des Döchtbühlgymnasiums wird es in einem Schuljahr keinen Abi-jahrgang geben.
Grund für diese Zäsur ist der von vielen Schülern, Eltern und Lehrkräften herbeigesehnte Wechsel vom achtjährigen Gymnasium (G8) zum „G9-gymnasium im Landkreis“, wie die Schule für sich wirbt. Angesichts der Pandemie ist der Zeitpunkt für diese Umstellung aber „nicht der schlechteste“, wie Schulleiter Mark Overhage und sein Stellvertreter Matthias Romer sagen.
Damit bleiben der Schulleitung sich häufig ändernde Vorgaben aus dem Kultusministerium erspart, mit denen sich die anderen Gymnasien kurz vor dem schriftlichen Abitur noch herumschlagen mussten. „Die Organisation der Abschlussprüfungen mit Tests, Masken, Abstandsund Hygieneregeln würde auch bei uns viel Zeit in Anspruch nehmen und bei allen an den Nerven zerren. Von daher erfolgt unser Profilwechsel zeitlich günstig“, weiß Romer.
Gemeinsam mit Overhage-vorgänger Robert Häusle führte er im letzten Schuljahr den letzten Waldseer G8-jahrgang, der bereits Coronaeinschränkungen hinnehmen musste, zum Abitur. „Aber irgendwie fehlt uns allen dann doch etwas, wenn keine Abschlussschüler im Haus sind“, räumt Overhage ein, dass eine solche „Nullrunde“gewöhnungsbedürftig ist. Bekanntlich hat er erst zum aktuellen Schuljahr als Schulleiter vom Ravensburger Albert-einstein-gymnasium (AEG) an das Döchtbühlgymnasium gewechselt.
Dann bekommen die Jugendlichen der Kursstufe 1 (K1), die im Frühjahr 2022 ihr G9-abi schreiben werden, mehr pädagogische Zuwendung? „Immerhin gibt es für sie Präsenzunterricht,
der durch nichts zu ersetzen ist, aber für alle anderen Klassen jetzt leider wieder ausfallen muss“, stellt sich der Schulleiter diese Woche erneut auf „gespenstisch leere Flure“ein. „Immerhin läuft der Distanzunterricht im zweiten Corona-schuljahr dank Moodle viel besser, und darüber sind alle Beteiligten froh“, betont sein Stellvertreter. Dennoch sehnten sich alle danach, dass mehr Normalität einkehren möge im Schulalltag und dass alle Schulklassen im Gebäude sein dürfen. Auch komme der „gesellige Aspekt“, der für Schüler, Lehrer und Familien gleichermaßen Bedeutung habe, zu kurz. „Keine Klassenfahrten, kein Schulfest, keine Smw-aktivitäten – alles muss wieder ausfallen bis zu den Sommerferien“, bedauert Overhage.
Auch wenn die Inzidenzwerte im Landkreis noch zu hoch sind, blickt die Schulleitung verhalten optimistisch nach vorne, wie sie im Sz-gespräch unter freiem Himmel versichern. Man werde zwar auch ab September die Hygiene- und Abstandsregeln einhalten müssen. Overhage: „Aber wir glauben, dass wir dem gewohnten Schulalltag dank der Impfkampagne ein gutes Stück näher kommen werden.“Das wäre nicht nur schön für den kommenden Abijahrgang, sondern für alle Schüler und für die zehn neuen Lehrkräfte, die im Herbst ihre Tätigkeit am Gymnasium aufnehmen werden. G9 bedeutet mehr Klassen, mehr Pädagogen und somit einen höheren Raumbedarf, dem der Schulträger mit seinem „Campus-projekt“nachkommt. Ob dafür das Schulhaus angebaut oder aufgestockt wird, dürfte sich in den nächsten Monaten entscheiden.
Die Infektionslage verhindert auch das Schuljubiläum „50 Jahre Gymnasium“, das heuer hätte gefeiert werden können. Vor einem halben Jahrhundert wurde das neue Schulgebäude auf dem Döchtbühl bezogen, nachdem das damalige Progymnasium zuvor in ein Vollgymnasium umgewandelt wurde. „Als kleinen Ersatz gehen wir deshalb am 14. September mit den 72 neuen Fünftklässlern zu Fuß vom Klosterhof hoch zum Gymnasium und erinnern an den Umzug von 1971“, kündigt Overhage an.