Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Kurzfristige Schulschließung zehrt an den Nerven
Die coronabedingte Maßnahme bedeutet erheblichen Mehraufwand für die Schulen in Aulendorf und Bad Waldsee
- Die coronabedingte Schul- und Kindergartenschließung zehrt an den Nerven der Kinder, Jugendlichen, Eltern, Erzieherinnen und Lehrern. Während die Familien ihren Alltag neu strukturieren müssen, sorgt die Neuorganisation in den Schulen für erheblichen Mehraufwand. Das sagen Schulleiter in Bad Waldsee und Aulendorf zur kurzfristigen Schließung, die erst am Wochenende bekannt wurde.
Auf die Frage, ob sie bei diesem erneuten kurzfristigen Wechsel im Schulablauf eine besondere Herausforderung zu meistern hatte, muss Silke Hubig erstmal kurz und bitter lachen. „Wir haben seit einem Jahr große Herausforderungen. Ich kann dazu gar nicht mehr sagen, ich bin erledigt, und das schon lange“, gibt die Rektorin des Aulendorfer Gymnasiums einen ehrlichen Einblick. Übers Wochenende die Schulschließung zu organisieren, habe aber geklappt. „Wir haben es auf uns zukommen sehen und uns bereits letzte Woche Gedanken gemacht.“Die Schulleiterin bedauert die Schulschließung, „vor allem sozial gesehen“. Für die Lehrerinnen und Lehrer sei es auch immer wieder eine Umstellung, „sie müssen immer wieder die Methodik ändern“.
Dass am Dienstag die schriftlichen Abiturprüfungen –im Fach Deutsch – starten, macht die Situation nicht einfacher. Zwar ändere sich für die Abiturienten nichts: Sie schreiben ihre Prüfungen wie geplant in der Schulsporthalle, Getestete und Ungetestete räumlich voneinander getrennt. Komplizierter wird es mitunter an anderer Stelle. Weil Lehrer für die Abituraufsicht eingesetzt sind, und da nie ganz sicher ist, ob es nicht Verzögerungen gibt, oder weil Lehrer Präsenzunterricht für die Kursstufe an der Schule halten, kann es passieren, dass sie nicht rechtzeitig zum Beginn der nächsten digitalen Schulstunde wieder am heimischen Arbeitsplatz sind. Da Fernunterricht ja nicht immer Videounterricht bedeute, sondern Schüler auch Aufgaben bekämen, sei das aber handhabbar, schildert Hubig. Zur Besprechung via Videokonferenz könne die Lehrerin dann beispielsweise wieder da sein. „Aber es bedeutet zusätzliches Stress für die Lehrer, weil Pausen wegfallen.“
Holger Kläger, Bad Waldseer Realschul-rektor, hat mit der Schließung zwar gerechnet, gleichwohl hat die kurzfristige und am Wochenende angefallene Entscheidung für Mehrarbeit gesorgt. Schließlich mussten Eltern und Lehrer informiert und Aufsichtspläne angepasst werden. „Klar hätte ich mir das 1.-Mai-wochenende anders vorgestellt, anstatt zu organisieren und in der Schule zu sein. Aber ich mache Niemandem einen Vorwurf. Wir wollen im Sinne der Schüler das Beste machen und das treibt einen auch an“, erklärt Kläger, der gleichwohl einräumt, dass die gesamte Corona-zeit viel Kraft und Nerven kostet.
Aktuell befinden sich lediglich die 9er für ihren Hauptschulabschluss und die 10er in der Realschule auf dem Döchtbühl. Dabei werden die Klassen unterteilt und in unterschiedlichen Klassenzimmern unterrichtet. Geplante Klassenarbeitern wurden entweder verschoben oder auf den Nachmittag verlegt, wie Kläger berichtet. Die Umstellung von Präsenz- auf Fernunterricht sei erneut reibungslos verlaufen, „weil es alle schon gewohnt sind“, betont Kläger.
„Man muss auf Zack sein“, sagt Klaus Schneiderhan, Leiter des Studienkolleg St. Johann in Blönried, zu den kurzfristigen Wechseln der Unterrichtsform. Dank eines guten Teams, das sich die Aufgaben teile, gehe es. Als am Samstagmorgen endgültig klar gewesen sei, dass die Schule ab Montag – mit den bekannten Ausnahmen Notbetreuung und Abschlussklassen – wieder in den Fernunterricht wechselt, sei der Elternbrief schon fertig vorbereitet gewesen. Vor verschlossener Tür stand am Montagmorgen deshalb kein
Kind. „Dank der technischen Möglichkeiten haben wir alle erreicht, das ist gut gelaufen.“Trotzdem räumt auch Schneiderhan ein, dass die Mehrarbeit zehrt. „Ich wäre froh, wenn es bald wieder normale Zeiten wären“, sagt er und weiß, dass er diese Sehnsucht mit Kollegen, Eltern und Schülern teilt. Letztere hatte er im Elternbrief explizit aufgefordert, sich bei Fragen und Sorgen bei Lehrenden oder den Mitarbeitenden im Tagesheim zu melden. Der Schulleiter selbst bekommt beides mit: klassische Schulsorgen und persönliche Ängste. Manche Eltern und Schüler fragten sich, wie das alles zu schaffen sei. „Es ist leider eine große Krise“, hält Schneiderhan fest. Er versucht dann, Vertrauen zu vermitteln und eine realistische Rückmeldung zum Lernstand des Kindes zu geben.
Auf Klassenarbeiten als Beurteilungsgrundlage werde die Schule dabei teilweise verzichten müssen. Während der Schulschließung werden nur noch die zwingend erforderlichen geschrieben. Schüler werden zum jeweiligen Termin an die Schule geholt. „Die Schüler und Eltern warten auf die Info, ob das Kind das kann, was erwartet wird. Sie haben ein Recht darauf, zu wissen, wo das Kind steht“, so Schneiderhan. Nach den Klausuren, die in den ersten beiden Stunden stattfinden sollen, müssen sie wieder nach Hause ins Homeschooling.