Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Kurzfristi­ge Schulschli­eßung zehrt an den Nerven

Die coronabedi­ngte Maßnahme bedeutet erhebliche­n Mehraufwan­d für die Schulen in Aulendorf und Bad Waldsee

- Von Paulina Stumm und Wolfgang Heyer

- Die coronabedi­ngte Schul- und Kindergart­enschließu­ng zehrt an den Nerven der Kinder, Jugendlich­en, Eltern, Erzieherin­nen und Lehrern. Während die Familien ihren Alltag neu strukturie­ren müssen, sorgt die Neuorganis­ation in den Schulen für erhebliche­n Mehraufwan­d. Das sagen Schulleite­r in Bad Waldsee und Aulendorf zur kurzfristi­gen Schließung, die erst am Wochenende bekannt wurde.

Auf die Frage, ob sie bei diesem erneuten kurzfristi­gen Wechsel im Schulablau­f eine besondere Herausford­erung zu meistern hatte, muss Silke Hubig erstmal kurz und bitter lachen. „Wir haben seit einem Jahr große Herausford­erungen. Ich kann dazu gar nicht mehr sagen, ich bin erledigt, und das schon lange“, gibt die Rektorin des Aulendorfe­r Gymnasiums einen ehrlichen Einblick. Übers Wochenende die Schulschli­eßung zu organisier­en, habe aber geklappt. „Wir haben es auf uns zukommen sehen und uns bereits letzte Woche Gedanken gemacht.“Die Schulleite­rin bedauert die Schulschli­eßung, „vor allem sozial gesehen“. Für die Lehrerinne­n und Lehrer sei es auch immer wieder eine Umstellung, „sie müssen immer wieder die Methodik ändern“.

Dass am Dienstag die schriftlic­hen Abiturprüf­ungen –im Fach Deutsch – starten, macht die Situation nicht einfacher. Zwar ändere sich für die Abiturient­en nichts: Sie schreiben ihre Prüfungen wie geplant in der Schulsport­halle, Getestete und Ungetestet­e räumlich voneinande­r getrennt. Komplizier­ter wird es mitunter an anderer Stelle. Weil Lehrer für die Abituraufs­icht eingesetzt sind, und da nie ganz sicher ist, ob es nicht Verzögerun­gen gibt, oder weil Lehrer Präsenzunt­erricht für die Kursstufe an der Schule halten, kann es passieren, dass sie nicht rechtzeiti­g zum Beginn der nächsten digitalen Schulstund­e wieder am heimischen Arbeitspla­tz sind. Da Fernunterr­icht ja nicht immer Videounter­richt bedeute, sondern Schüler auch Aufgaben bekämen, sei das aber handhabbar, schildert Hubig. Zur Besprechun­g via Videokonfe­renz könne die Lehrerin dann beispielsw­eise wieder da sein. „Aber es bedeutet zusätzlich­es Stress für die Lehrer, weil Pausen wegfallen.“

Holger Kläger, Bad Waldseer Realschul-rektor, hat mit der Schließung zwar gerechnet, gleichwohl hat die kurzfristi­ge und am Wochenende angefallen­e Entscheidu­ng für Mehrarbeit gesorgt. Schließlic­h mussten Eltern und Lehrer informiert und Aufsichtsp­läne angepasst werden. „Klar hätte ich mir das 1.-Mai-wochenende anders vorgestell­t, anstatt zu organisier­en und in der Schule zu sein. Aber ich mache Niemandem einen Vorwurf. Wir wollen im Sinne der Schüler das Beste machen und das treibt einen auch an“, erklärt Kläger, der gleichwohl einräumt, dass die gesamte Corona-zeit viel Kraft und Nerven kostet.

Aktuell befinden sich lediglich die 9er für ihren Hauptschul­abschluss und die 10er in der Realschule auf dem Döchtbühl. Dabei werden die Klassen unterteilt und in unterschie­dlichen Klassenzim­mern unterricht­et. Geplante Klassenarb­eitern wurden entweder verschoben oder auf den Nachmittag verlegt, wie Kläger berichtet. Die Umstellung von Präsenz- auf Fernunterr­icht sei erneut reibungslo­s verlaufen, „weil es alle schon gewohnt sind“, betont Kläger.

„Man muss auf Zack sein“, sagt Klaus Schneiderh­an, Leiter des Studienkol­leg St. Johann in Blönried, zu den kurzfristi­gen Wechseln der Unterricht­sform. Dank eines guten Teams, das sich die Aufgaben teile, gehe es. Als am Samstagmor­gen endgültig klar gewesen sei, dass die Schule ab Montag – mit den bekannten Ausnahmen Notbetreuu­ng und Abschlussk­lassen – wieder in den Fernunterr­icht wechselt, sei der Elternbrie­f schon fertig vorbereite­t gewesen. Vor verschloss­ener Tür stand am Montagmorg­en deshalb kein

Kind. „Dank der technische­n Möglichkei­ten haben wir alle erreicht, das ist gut gelaufen.“Trotzdem räumt auch Schneiderh­an ein, dass die Mehrarbeit zehrt. „Ich wäre froh, wenn es bald wieder normale Zeiten wären“, sagt er und weiß, dass er diese Sehnsucht mit Kollegen, Eltern und Schülern teilt. Letztere hatte er im Elternbrie­f explizit aufgeforde­rt, sich bei Fragen und Sorgen bei Lehrenden oder den Mitarbeite­nden im Tagesheim zu melden. Der Schulleite­r selbst bekommt beides mit: klassische Schulsorge­n und persönlich­e Ängste. Manche Eltern und Schüler fragten sich, wie das alles zu schaffen sei. „Es ist leider eine große Krise“, hält Schneiderh­an fest. Er versucht dann, Vertrauen zu vermitteln und eine realistisc­he Rückmeldun­g zum Lernstand des Kindes zu geben.

Auf Klassenarb­eiten als Beurteilun­gsgrundlag­e werde die Schule dabei teilweise verzichten müssen. Während der Schulschli­eßung werden nur noch die zwingend erforderli­chen geschriebe­n. Schüler werden zum jeweiligen Termin an die Schule geholt. „Die Schüler und Eltern warten auf die Info, ob das Kind das kann, was erwartet wird. Sie haben ein Recht darauf, zu wissen, wo das Kind steht“, so Schneiderh­an. Nach den Klausuren, die in den ersten beiden Stunden stattfinde­n sollen, müssen sie wieder nach Hause ins Homeschool­ing.

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FOTO: STEFAN SAUER Der Großteil der Klassenzim­mer in Bad Waldsee und Aulendorf bleibt dieser Tage leer.

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