Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Die ganze Sommerblüte im Garten
Ein Fachmann erklärt, wie Gartenbesitzer Insekten einen reich gedeckten Tisch bescheren
- Grüner, kurzer Rasen oder wild wachsende bunte Wiese? Harald Schultz, Vorsitzender der Blumen- und Gartenfreunde Lindenberg, hat dazu eine klare Meinung: „Das aufgeräumte Denken von uns guten Deutschen macht leider viel kaputt“, schildert er seine Beobachtung in vielen Gärten. Er ist dafür, Wildblumen, die auch in der Natur teils in Bedrängnis sind, in die Gärten zu holen. Wie das geht, schildert er für die Leserschaft des Westallgäuers. Doch auch denjenigen, die Wert auf gepflegtes, kurz geschnittenes Grün legen, gibt er Tipps.
Wie entstehen Blühwiesen in Hausgärten? Harald Schultz rät erst mal, den Rasenmäher nicht mehr so häufig einzusetzen. „Wo man läuft oder spielen möchte, mäht man nach Bedarf, und an möglichst vielen Ecken lässt man das Gras und alles, was wächst, stehen.“Selbst Brennnesseln seien eine wichtige Futterpflanze für Schmetterlinge und andere Kleintiere. Wer ein Stück Blumenwiese aussäen möchte, kann die Grasnarbe flach abstechen, den Boden auflockern und Sand einbringen, um ihn magerer zu machen. Auf gut gedüngten Böden gedeihen Wildblumen nicht gut. Auf diese Fläche sollte man Blumenwiesensamen verteilen, und zwar nicht zu dicht. Über gutes, regional geeignetes Saatgut können laut Harald Schultz der Bund Naturschutz und der Vogelschutzbund Auskunft geben. Zu bedenken gibt der Gartengestalter: „Einjährige Blumenwiesen blühen bunter, aber eben nur ein Jahr.“Der Samen muss, zum Beispiel mit einer Schneeschaufel, leicht angedrückt werden. Er darf nicht im Boden verschwinden, weil er Licht zum Keimen braucht. Dann wird die Aussaat angebraust. Ist sie am Keimen, besteht die Gefahr des Erfrierens und des Vertrocknens. Gegebenenfalls mit Vlies abdecken und bei Trockenheit immer wieder brausen, rät Schultz.
Wer seine bestehende Wiese um Blühpflanzen bereichern möchte, ist laut Schultz vielleicht besser beraten, wenn er in einer Staudengärtnerei einige Pflanzen besorgt und sie einsetzt – entweder in Gruppen oder gemischt. „Dann hat man schon mal einen Bestand, der sich versamt.“
Wenn Harald Schultz Blühpflanzen aufzählen soll, die sich in Westallgäuer Gärten gern breit machen würden, gerät er ins Schwärmen: Kuckuckslichtnelken fallen ihm ein, außerdem Kriechender Günsel, Wiesenmargerite, Witwenblume, Wiesensalbei, Weidenröschen, Weißund Rotklee, Frauenmantel, Taubnessel, Habichtskraut, Johanniskraut, Glockenblumen und und und ... „Man kann auch eine Küchenzwiebel in die Erde stecken und schauen, welche Freude Bienen an der kugelrunden Blüte haben“, sagt Schultz, der als Imker ein großes Herz für Insekten hat.
Welche Pflege braucht die Blühwiese? Im Kreislehrgarten in Lindenberg
haben die Gartenfreunde schon vor 20 Jahren ein Stück Blumenwiese angelegt. „Das mähen wir nur im Herbst – und jedes Jahr schaut es ein bisschen anders aus“, sagt Schultz. Höchstens zweimal jährlich sollten Blühwiesen gemäht werden, am besten mit der Sense. Wer keine besitzt, kann den Rasenmäher sehr hoch stellen oder erst auf den Hinterrädern über die Fläche fahren, „damit das Gröbste weg ist“, danach erneut mähen. Das Schnittgut darf nicht liegen bleiben. „Eine Blumenwiese ist etwas Mageres, da darf kein Dünger drauf“, betont Schultz und sagt: „Ansonsten
ist das gar nicht so schwierig.“
Was müssen Gartenbesitzer jetzt tun, wenn sie sich über einen gleichmäßig grünen Rasen freuen wollen? Vertikutieren tut dem Rasen im Frühjahr gut. So wird Moos entfernt, der Boden gelockert und gelüftet und neues Wurzelwachstum angeregt. Danach kann der Hobbygärtner oder die -gärtnerin etwas Gras nachsäen. Schultz rät dazu, neuen Grassamen zu kaufen, weil Reste aus Vorjahren oft die Keimfähigkeit verloren haben. „Man braucht ja meist nur wenig Samen, um einzelne Stellen auszubessern.“Der Grassamen wird angedrückt, etwa mit einer Schneeschaufel. „Früher hat man dafür Brettle an Schuhen befestigt“, erzählt Schultz. Wenn der Samen aufgeht, muss darauf geachtet werden, dass er nicht vertrocknet. Mindestens eine Woche bis zehn Tage sollte man den frisch gesäten Rasen stehen lassen. „Erst wenn sich das Hälmchen ein bisschen biegt, darf man das Gras mähen“, erklärt Harald Schultz. Im Lauf des Sommers wird der Rasen je nach Sorte und gewünschter Höhe in mehr oder weniger großen Zeitabständen regelmäßig gemäht.
Thema Mähroboter: Naturschützer sind von Mährobotern ebenso wenig begeistert wie von kurz geschnittenem Rasen, in dem Insekten kaum Nahrung finden. Das Gerät nimmt andererseits Gartenbesitzern Arbeit ab und sorgt für eine gleichmäßige Rasenfläche. Harald Schultz hat Verständnis dafür, wenn Gartenbesitzer mit großem Grundstück und wenig Zeit einen Mähroboter einsetzen. Wer darauf nicht verzichten möchte, sollte ihn abends ausschalten; bei Dämmerung oder nachts könnte er Kleintiere wie Igel oder Frösche verletzen.