Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Die Lesefreude sinkt

Pisa-studie belegt Defizite bei deutschen Schülern

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(KNA) - Weniger als die Hälfte der 15-Jährigen in Deutschlan­d ist laut einer Studie in der Lage, in Texten Fakten von Meinungen zu unterschei­den. Zugleich gibt gut die Hälfte der Schüler an, im Unterricht nicht zu lernen, subjektive oder voreingeno­mmene Texte zu erkennen. Das geht aus einer in Berlin vorgelegte­n Sonderausw­ertung des PISATESTS 2018 der Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g (OECD) hervor. Insgesamt liegt Deutschlan­d bei der Lesekompet­enz leicht über dem Durchschni­tt der Oecd-länder. Deutlich abgenommen hat die Lesefreude.

Bundesbild­ungsminist­erin Anja Karliczek (CDU) sagte, Lesen sei die Basiskompe­tenz, auf der alles Weitere aufbaue: „Gerade in einer Demokratie sollten wir uns das Ziel setzen, dass wir die junge Generation in Gänze in die Lage versetzen, Texte kritisch zu lesen und Fakten von Meinungen unterschei­den zu können.“Der pädagogisc­h sinnvolle Einsatz digitaler Medien müsse in allen Schulen zum Standard werden.

Der Oecd-bildungsdi­rektor und Pisa-koordinato­r Andreas Schleicher sagte, Lesekompet­enz sei im Digitalzei­talter die Schlüsselk­ompetenz. Deutsche Schüler hätten zwar das Wissen, um Meinung von Fakten zu unterschei­den, aber sie könnten es nur unterdurch­schnittlic­h anwenden. Schule könne Lesestrate­gien, Lesekompet­enz und Lesefreude ganz entscheide­nd mitgestalt­en. Lehrergewe­rkschaften wiesen darauf hin, dass die Schulen auch entspreche­nd ausgestatt­et werden müssten. Der Vorsitzend­e des Verbandes Bildung und Erziehung, Udo Beckmann, sagte, ohne ausreichen­d digitale Endgeräte könne „unmöglich Medienkomp­etenz vermittelt werden“. Um die Geräte in den Unterricht einzubinde­n, fehlten noch immer Fortbildun­gen für Lehrkräfte.

Laut der Pisa-auswertung verzeichne­ten zwischen 2009 und 2018 nur Finnland und Norwegen einen ähnlich starken Rückgang bei der Lesefreude wie Deutschlan­d. In diesem Bereich zählte die Bundesrepu­blik zu den Ländern mit den größten Unterschie­den zwischen Geschlecht­ern und zwischen Schülern aus ärmeren und reicheren Familien.

Der Anteil der Schüler in Deutschlan­d, die nach eigenen Angaben nur dann lesen, wenn sie müssen, stieg elf Prozentpun­kte. Dies bezog sich auf digitale und auf gedruckte Texte. Der Trend war bei Jungen und Mädchen und in allen Schularten zu beobachten. Schüler, die häufig gedruckte Bücher lesen, schnitten bei der Lesekompet­enz besser ab als solche, die eher online lesen. In allen Teilnehmer­ländern zeigte sich zudem: Wer Spaß am Lesen hat, schneidet auch bei der Lesekompet­enz tendenziel­l besser ab. Für die Pisa-studie werden die Leistungen von Schülern im Alter von 15 Jahren erhoben.

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