Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Neue Protestform, die wir hier so noch nicht hatten“
Polizeisprecher erklärt: Klimaaktivisten in der Region stehen in Verbindung mit „Hambacher Forst“-szene
- Die Protestaktion der unabhängigen Klimaaktivisten, die vergangenen Donnerstag die Zufahrten zu den Kiesgruben in Roßberg und Mennisweiler blockiert haben, sorgt für Diskussionen – vor allem die Art und Weise des Protests. So ordnet Polizeisprecher Oliver Weißflog die Aktion ein.
Dass sich Demonstranten selbst in Gefahr bringen, indem sie quer über die Straße gespannte Seile, die den Weg versperren, als tragendes Element an ihren Hängematten im Baum anbringen und der Polizei im Nachgang vorwerfen, bei der Räumung mutwillig Menschenleben gefährdet zu haben, ist ein Vorgehen, das dem langjährigen Polizeibeamten Weißflog bislang nicht untergekommen ist, wie er im Sz-gespräch selbst sagt: „Es ist eine neue und aggressive Protestform, die wir hier bei uns in der Region so in den letzten Jahren nicht gehabt haben.“
Ein derartiges Vorgehen sei dem Polizeipräsidium allerdings bekannt, da es in anderen Regionen Deutschlands bereits ähnlich gelagerte Fälle gegeben hat (Stichwort: Hambacher Forst) und die Dienststellen sich darüber austauschen. Die Polizei geht außerdem davon aus, dass es einen engen Austausch mit Aktivisten der „Hambacher Forst“-szene in der Region Oberschwaben gebe und Erfahrungswerte der dortigen Baumbesetzungen und Protestaktionen hier einfließen. Das habe sich auch bei den Vernehmungen und Überprüfungen im Polizeirevier gezeigt. „Die aggressive bis militante Protestform“des vergangenen Donnerstags weise zudem darauf hin, wie Weißflog erläutert.
Dabei spricht sich der Erste Polizeihauptkommissar nicht generell gegen Demonstrationen aus, „solange man sich an die rechtsstaatlichen Mittel hält“, sondern kritisiert vielmehr die Art und Weise des Protests: „Es hat sich eine militante Aktionsform abgeleitet, die wir mit Sorge betrachten.“
Diese sorgenvollen Blicke richtet so mancher Beobachter auch in Richtung Waldbesetzer-szene im Altdorfer Wald. Obgleich die unabhängigen Klimaaktivisten, die die Protestaktion am Donnerstag durchgeführt haben, und die Baumbesetzer im Altdorfer Wald sich zunächst selbst nicht miteinander in Verbindung bringen wollten, geht die Polizei von einer gemeinschaftlichen, „größeren zusammenhängenden Szene“aus, wie Weißflog erklärt.
Die Polizei geht laut dem Leiter der polizeilichen Pressestelle davon aus, dass die Szene sie weiter beschäftigen wird, und daher „werden alle Maßnahmen ergriffen, um auf Augenhöhe zu bleiben“.
Den Vorwurf der Demonstranten, dass die Einsatzkräfte während der Räumung Menschenleben gefährdeten, entkräftet Weißflog am Dienstag neuerlich vehement (die SZ berichtete: „Schwere Vorwürfe der Polizei gegen Klimaaktivisten“, 4. Mai). Die Klimaaktivisten teilten beispielsweise zur Baumbesetzung im Kieswerk in Mennisweiler mit, dass ein Aktivist beinahe heruntergefallen wäre, „als ein Seil, an dem ein Mensch hing, einfach gehalten, abgeschnitten und umgeknotet wurde. Hätten die Polizisten losgelassen, wäre der Mensch heruntergefallen. Es gab keine Sicherung oder Ähnliches.“Hierzu berichtet Weißflog, dass es bei der Neupositionierung des Seils durch die eingewiesenen Feuerwehrangehörigen nichts zu beanstanden gegeben habe. „Die Feuerwehr ist tagtäglich mit Situationen konfrontiert, in denen sie Menschen aus gefährlichen Situationen befreit.“Alle einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften seien beachtet worden.