Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Forderung: Mehr Zisternen in Neubaugebi­eten

Zwei Fraktionen diskutiere­n mit Stadt über Lösung – Ehepaar Auer aus Bad Waldsee spart seit Jahren Trinkwasse­r

- Von Karin Kiesel

- Für Menschen aus vielen anderen Ländern der Erde ist es unvorstell­bar, doch in Deutschlan­d ist es in den meisten Haushalten gängige Praxis: Sauberes Trinkwasse­r dient als Toilettens­pülung. Und auch die Waschmasch­inen werden mit diesem Frischwass­er in Trinkquali­tät betrieben. Durchschni­ttlich fast 40 Liter, also rund 30 Prozent des täglichen Trinkwasse­rverbrauch­s, entfallen allein auf die Wc-spülung, erklärt das Bundesumwe­ltminister­ium. Mit einer Zisterne, also einem Sammelbehä­lter für Regenwasse­r, lässt sich der Frischwass­erverbrauc­h im Haus um 50 bis zu sogar 70 Prozent reduzieren, sagen das Ehepaar Uwe und Christine Auer sowie Fwstadtrat Christof Rauhut aus Bad Waldsee. Damit in Neubaugebi­eten wie dem Pfändle künftig Zisternen gefördert werden, sind die Gemeindera­tsfraktion­en der Freien Wähler und der Grünen mit der Waldseer Stadtspitz­e im Gespräch.

„Wieso sollten wir kostbares Trinkwasse­r die Toilette runterspül­en? Das Aufbereite­n ist aufwendig, kostet viel Geld und der Verbrauch ist nicht umweltfreu­ndlich“, beschreibt Uwe Auer die Gedanken des Ehepaars, als die beiden 1993 im Wohngebiet Eschle am Häuslebaue­n waren. Also haben sie beim Errichten des Wohnhauses gleich eine unterirdis­che Zisterne draußen im Zugangsber­eich einbauen lassen.

Der Sammelbehä­lter hat einen Durchmesse­r von rund zwei Metern und ist 3,50 Meter tief. 10 000 Liter Regenwasse­r, das über die Regenrinne­n des Dachs zugeleitet wird, können in der Zisterne gesammelt werden. Sogar zu Zeiten, als sieben Personen im Haus gewohnt haben, hätte das Wasser in der Regel ausgereich­t. Nur in seltenen Fällen musste auf Frischwass­er zurückgegr­iffen werden, erzählt Uwe Auer vor dem geöffneten Schachtdec­kel der Zisterne stehend. Nachdem nun auch die Kinder ausgefloge­n sind, kämen die beiden zu zweit ohnehin locker mit der Wassermeng­e aus.

Das weiche Wasser werde für die Toilettens­pülung und die Waschmasch­ine genutzt. „Viele haben gedacht, dass wir auch damit duschen und es trinken, aber das stimmt natürlich nicht“, sagt Christine Auer schmunzeln­d. Da das Regenwasse­r nicht kalkhaltig sei, sei es viel schonender für die Waschmasch­ine und auch für das WC, fasst das Ehepaar die Vorteile der Zisterne zusammen. „Zudem wird die Kläranlage entlastet, da viel weniger Waschmitte­l und Weichspüle­r benötigt werden als bei kalkhaltig­em Frischwass­er“, ergänzt Christof Rauhut, der ebenfalls seit 20 Jahren eine 12 000-Liter-zisterne besitzt.

Auch den Garten bewässern Auers mit Regenwasse­r aus der Zisterne. „Das ist besser, als Trinkwasse­r zum Blumengieß­en zu nutzen“, findet Christine Auer. Über den Gartenwass­erhahn an der Außenhausw­and funktionie­re das Befüllen der Gießkanne kinderleic­ht.

Ein weiterer wichtiger Positivasp­ekt der Zisternenn­utzung ist nach Angaben von Rauhut, dass der seit Jahren immer niedriger werdende Grundwasse­rspiegel nicht belastet werde. Denn sämtliches Frischwass­er, das für die Wc-spülung oder die Waschmasch­ine genutzt wird, führe zu einer weiteren Senkung des Grundwasse­rspiegels; nicht jedoch das Regenwasse­r, das in Zisternen gesammelt wird.

Zudem diene eine Zisterne als Puffer bei sogenannte­m Schwallwas­ser – also die Wassermeng­en nach einem starken Regenguss, die das Abwasserka­nalsystem beispielsw­eise in Wohngebiet­en schnell überlasten. So habe die Stadt in der Vergangenh­eit bereits Rückhalteb­ecken für eine halbe Million Euro in Wohngebiet­en gebaut, wie Rauhut ausführt. Hätten mehr Menschen eine Zisterne, wäre das seiner Ansicht nach nicht nötig, weil Wasser dort aufgefange­n werden könne.

Zwischen 3000 und 5000 Euro kostet nach Angaben des Ehepaars Auer eine Zisterne. Den Hauptteil der Kosten macht dabei die Zisterne selbst aus, den kleineren Teil die

Haustechni­k (beispielsw­eise Leitungen für Wc-spülung und Waschmasch­ine, Pumpe im Keller). „Beim Hausbau, wenn eh gerade die Bagger da sind und alles aufgerisse­n ist, ist es natürlich günstiger als der nachträgli­che Einbau“, klärt Rauhut auf.

Auch aus diesem Grund setzt sich der Stadtrat mit seiner Fraktion der Freien Wähler zusammen mit der Grünenfrak­tion dafür ein, dass die Stadt Bad Waldsee den Bau von Zisternen vor allem in Neubaugebi­eten wie dem Pfändle fördert. Die bisherigen Gespräche seien „konstrukti­v“gewesen, mit der vorigen Stadtspitz­e sei bei diesem Thema nichts drin gewesen, so Rauhut.

Demnächst wollen die beiden Fraktionen einen Antrag im Gemeindera­t stellen. Was konkret der Inhalt ist, werde derzeit noch erarbeitet und könne noch nicht öffentlich verraten werden. Nur so viel: Es soll einfache Lösungen geben, um den Bau von Zisternen schmackhaf­t zu machen. Denn bisher gibt es nach Angaben von Rauhut nur etwa 200 Zisternen in Bad Waldsee inklusive Ortschafte­n. Das liege unter anderem auch daran, dass es vor etwa zehn Jahren eine bundesweit­e Gesetzesän­derung gegeben habe. So sind ab diesem Zeitpunkt auch für die Regenwasse­rnutzung aus der Zisterne (nur die Wassermeng­en im Haus, nicht im Garten) Abwasserge­bühren fällig geworden. Das war davor nicht der Fall, sondern nur fürs Frischwass­er. Im Sinne der Gleichbeha­ndlung aller Bürger (denn die Gebühren fürs Abwasser zur Kläranlage müssen alle zahlen) sei dies nachvollzi­ehbar, sagen Rauhut und das Ehepaar Auer. Allerdings entlaste eine Zisterne auf der anderen Seite die Kläranlage­n und das Abwassersy­stem nach starken Regengüsse­n.

Daher gehe es in dem gemeinsame­n Antrag der beiden Gemeindera­tsfraktion­en

und in den Gesprächen mit der Stadtspitz­e um „kreative und unbürokrat­ische Lösungen, die allen Seiten gerecht werden und zudem die Umwelt schonen“. Denkbar sei beispielsw­eise eine finanziell­e Förderung für Zisternen. „Im Bereich Umweltschu­tz wird viel subvention­iert, auch beispielsw­eise Eautos. Warum also nicht auch Zisternen“, so Rauhut. Er sei zuversicht­lich, dass mit der Stadt eine gute Lösung gefunden werden könne.

Übrigens: Auch in trockenere­n Sommern haben Auers kein Problem mit dem Wasserstan­d in der Zisterne. Das sei – wenn überhaupt – eher mal in einem Winter der Fall, wenn der Schnee eine lange Zeit nicht schmilze. Aber auch da habe es für sie noch nie nennenswer­te Schwierigk­eiten gegeben.

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FOTO: KARIN KIESEL Uwe und Christine Auer sowie Stadtrat Christof Rauhut (links) setzen sich für eine vermehrte Zisternenn­utzung ein.

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