Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Aulendorfer Feuerwehr verteilt ihre Aufgaben neu
Nach dem Rücktritt des Kommandanten sucht die neue Führung den Wandel
- Bei der Aulendorfer Feuerwehr stehen die Zeichen auf Wandel. Nach dem Rücktritt des bisherigen Kommandanten steht das neue Führungsteam fest – und ist seit Ende April auch offiziell bestätigt im Amt. Die in Aulendorf bislang noch übliche starke Konzentration auf den Kommandanten soll es so nicht mehr geben. Das hat Folgen.
Über Monate hinweg hatte es bei der Feuerwehr Diskussionen darüber gegeben, wie es weitergeht. Der bisherige Kommandant, Markus Sonntag, war mit der Aufgabe neben Beruf und Familie an seine Grenzen geraten. Letztlich lief es auf Sonntags Rücktritt hinaus. Und auch die Pandemie hinterlässt Spuren: Der kameradschaftliche Aspekt liegt weitgehend brach. Dabei ist er Feuerwehrangehörigen, denen heikle Einsätze mitunter enormes gegenseitiges Vertrauen abverlangen, besonders wichtig. Die für die sicheren Handgriffe wichtigen Übungen finden zwar wieder, aber stark eingeschränkt und coronaangepasst in Kleingruppen statt. Nur Einsätze, die fallen an wie eh und je. Feuer lässt sich von Corona nicht aufhalten.
Halbwegs turbulente Zeiten also, in denen sich Martin Seifert zum neuen Kommandanten hat wählen lassen. Seifert, 37 Jahre alt, in der Tannhausener Wehr sozialisiert, kam über den Ersatzwehrdienst auch zum aktiven Dienst in der Abteilung Stadt und engagierte sich im Leitungsteam der Jugendfeuerwehr. Sieben Jahre lang war er zuletzt stellvertretender Abteilungs- und Gesamtkommandant. „Weil es jetzt notwendig war“, lautet seine pragmatische Antwort auf die Frage, weshalb er sich bereit erklärte, dieses fordernde Ehrenamt zu übernehmen. Wenn man so eng mit der Feuerwehr verbunden sei, sei man auch bereit, Verantwortung zu übernehmen, damit es weitergehe.
Mit dieser Haltung ist er nicht alleine, denn, das wird im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“deutlich, die Zeiten als Führung bei der Aulendorfer Feuerwehr eine Einmann-show des Kommandanten war, sind wohl endgültig vorbei. „Der Plan ist, das nicht mehr so auf einen Kopf zu konzentrieren“, sagt Seifert. Zum Pressegespräch kommt passend auch gleich Jochen Rauch mit dazu, der neue stellvertretende Kommandant. Der 35-Jährige war ebenfalls schon vor der Wahl engagiert dabei: von der Mitgründung der Jugendfeuerwehr bis zum Mitglied im Feuerwehrausschuss.
Die Idee, Führungsaufgaben auf mehr Schultern zu verteilen, gebe es schon länger, berichten die beiden. Allerdings sei dieser „strukturelle Wandel“nicht von heute auf morgen zu machen. Es gehe auch darum, Altes loszulassen und neue Strukturen zu schaffen. Einen Schritt, Aufgaben breiter zu verteilen, ist die Wehr dabei bereits gegangen. Bei der Abteilung Stadt gibt es mit Johannes Bürkle nun auch einen zweiten stellvertretenden Kommandanten. Zweiter stellvertretender Gesamtkommandant bleibt weiter Günter Hildebrand. Weitere strukturelle Änderungen bahnen sich zudem an.
Martin Seifert, neuer Kommandant der Aulendorfer Feuerwehr
„Nicht jeder kann mehr unbegrenzt Zeit für die Feuerwehr aufbringen“, beschreibt Seifert und weiß sehr wohl, dass das auch ihn selbst betrifft – nicht zuletzt, da er am Bodensee arbeitet, und damit tagsüber in der Regel nicht verfügbar ist. Eine Umstellung für die Aulendorfer Feuerwehr, die mit Markus Huchler lange Zeit in der komfortablen Situation war, einen Kommandanten zu haben, der beruflich selbtständig sein Geschäft in direkter Nachbarschaft zum Feuerwehrhaus betreibt. Und auch sein nun zurückgetretener Nachfolger Markus Sonntag arbeitet in Aulendorf. Die Gleichung „Kommandant gleich Einsatzleiter“etwa, wird mit Seifert nun nicht mehr aufgehen. „Es gibt schon Stimmen, die sagen: Wie soll das gehen, wenn du tagsüber nicht da bist“, berichtet Seifert, hält das aber für lösbar. „Man muss die Einsatzleitung so breit aufstellen, dass sie immer gewährleistet ist.“Corona habe in diesem Sinne bereits für Veränderungen gesorgt. Denn um im Fall der Fälle nicht die gesamte Führung in Quarantäne schicken zu müssen, arbeitet die Aulendorfer Feuerwehr nun unterteilt in Tag- und Nachtschichten.
Aber auch weitere Führungsaufgaben, von der Organisation der Übungsdienste, über das Schreiben von Einsatzberichten, technischer Dokumentation, Vernetzungsarbeit, bis hin zur Schnittstellenfunktion zur Verwaltung, stehen auf dem Prüfstand. Neue Aufgabenstrukturen auszuarbeiten und weitere Talente unter den Feuerwehrangehörigen zu finden, beschreiben Rauch und Seifert als eine derzeitige Hauptaufgabe.
Dass die Verteilung von Aufgaben auf mehrere Schultern auch Herausforderungen mit sich bringt, ist den beiden bewusst. „Die Kehrseite ist: Es ist viel mehr Austausch nötig. Da versuchen wir uns auch zu verbessern.“In der Mannschaft nehmen die beiden eher eine Aufbruchstimmung wahr als Skepsis. Es gebe auch schon einige Unterstützungsangebote. „Es ist aber auch wichtig, im richtigen Moment die Hand zu heben und nach Unterstützung zu fragen. Man darf da keinen falschen Stolz entwickeln“, findet Seifert. Ihm helfe dabei, dass er aus den Reihen der Mannschaft angefragt worden sei, das Kommandantenamt zu übernehmen, und, dass er von vornherein deutlich gesagt habe, wie viel Zeit er neben Beruf und Privatem für die Feuerwehr aufbringen könne.
Sich große Pläne auf die Fahnen zu schreiben, scheint derzeit nicht das Ziel der neuen Führung der Aulendorfer Feuerwehr zu sein. Es gehe darum, den Status zu halten. „Wir werden auch nicht das Rad neu erfinden, wo es nicht nötig ist“, sagt Rauch. Und dann steht in diesem Jahr auch noch die Umstellung auf den Digitalfunk an. Längerfristige Themen müssen dabei erst mal hintenanstehen. Im Blick behalten wollen sie etwa die Raumsituation: Weitere Anbauten am Feuerwehrhaus sind derzeit nicht geplant – aus Platzgründen aber auch gar nicht möglich. Einen hauptamtlichen Stellenanteil für das Amt des Kommandanten sehen sie heute noch nicht. Seifert ist froh, dass die Feuerwehr derzeit auch so aus der Verwaltung heraus gut unterstützt werde. „Die Frage muss man sich aber mittelfristig stellen, denn die Aufgaben werden nicht weniger.“Bis dahin wollen sie gemeinsam Lösungen finden.
Ich stöbere gerade in alten Zeitungsausschnitten von 1987. Da füllte das Thema Bleiche Straße, Fußgängerzonen und die innerstädtische Kopfsteinpflasterung den Waldseer Teil der SZ. Es wurde ausführlich und kontrovers diskutiert. Da passt gerade die Überschrift von der SZ vom Dienstag.
Die SZ machte damals eine Umfrage bei den Waldseer Geschäftsleuten, wobei sich dann 2/3 für eine Fußgängerzone mit Pflasterung aussprachen. Von den Gegnern kamen Argumente, über die man heute noch schmunzeln kann. Der Bäcker in der Ravensburger Straße lässt Dampf ab und sprach von Idiotie, die Ravensburgerstraße für den Verkehr zu schließen. Das sei für den Verkauf seiner Brötchen und Brezeln für die Leute aus dem Lindele sehr abträglich.
Die Fine an der Ecke Hasengasse meinte, sie störe der Verkehr überhaupt nicht, wenn weniger Verkehr sei, dann vermisse sie den Lärmpegel. Eine Ladenbesitzerin wehrt sich energisch gegen eine Fußgängerzone, weil – so ihre Schreckensvision – mit der Bummelzone auch die Bettler, Säufer und Randalierer in die Stadt kommen würden.
Das Kopfsteinpflaster kam bei diesen Diskussionen auch nicht zu kurz. Es wurde wirklich ausführlich diskutiert und gestritten. Die ganze Stadt von Hauswand zu Hauswand sei viel zu viel der Pflasterung. Es werde nicht an die Rollstuhl- und Rollatorbenutzer gedacht. Und auch die alten Leute und die Kurgäste mit Krücken würden sich schwertun. Ein Stadtrat machte wohl einen sinnvollen Vorschlag, man solle doch wenigstens mittig der Straße einen Teil, fußgängerfreundlich, mit glatten Granitplatten belegen.
Der Bürgermeister sprach dann ein Machtwort (SZ vom 6.6.87). Wenn man sich schon zur historischen Altstadt bekennt, so wörtlich, dann müsse man sich auch zum Pflaster bekennen. Denn zu einer historischen Altstadt gehöre nun mal Pflaster, und er betonte dazu: Der jetzt geplante Einstieg lasse alle Möglichkeiten für später offen. Man würde jetzt nicht pflastern, um dann das Pflaster in späteren Jahren wieder herauszureißen. Und wer bezahlt alles?
Adi Heine, Bad Waldsee
„Es ist aber auch wichtig, im richtigen Moment die Hand zu heben und nach Unterstützung zu fragen.“