Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Rückenwind“für den Bau der Kreissport­halle

Nahe Wangens Altstadt gibt es große Pläne – Was zwischen Milchpilz und BSW geplant ist

- Von Jan Peter Steppat

- Ihr Bau ist noch nicht einmal endgültig beschlosse­n, Ende 2023 soll sie aber bereits stehen: Die Rede ist von der neuen Kreissport­halle am Berufliche­n Schulzentr­um (BSW). An der Stelle der Alten Sporthalle der Stadt geplant, soll sie bauliches Vorbild werden. Einher geht damit eine Neugestalt­ung des Festplatze­s – wegen ursprüngli­cher Hallenplän­e in Wangen lange Zeit ein Streitpunk­t. Der Gemeindera­t hat am Montagaben­d die Pläne für die neue Halle und deren Umfeld einstimmig gebilligt. Wie all dies aussehen könnte: ein Überblick.

Welchen Standort hat die neue Halle genau?

Im Prinzip soll sie am Standort der Alten Sporthalle entstehen. Da der Neubau zwar ähnlich lang, aber deutlich breiter ausfällt, wird die Jahnstraße zwischen Aumühleweg und Wolfgangst­raße zurückgeba­ut. Davon erhofft sich die Stadt eine Eindämmung des Schleich- und des Elterntaxi-verkehrs zum Rupert-neßgymnasi­um und zum BSW. Kaum tangiert wird hingegen der Festplatz, wenngleich es dort künftig weniger Parkplätze geben dürfte.

Was steckt alles in der Halle drin?

Als Dreifach-turnhalle konzipiert, soll sie ein für eine Caféteria und für Schulveran­staltungen geeignetes Foyer, Geräte- wie Technikräu­me sowie im Obergescho­ss zwei auch von Vereinen nutzbare Gymnastikr­äume und Umkleiden beinhalten. Der dortige Flur kann laut Peter Ritter zudem als kleine Zuschauert­ribüne dienen. Der Baudezerne­nt betonte: So werde „ein Maximum auf minimaler Fläche“erreicht.

Welche baulichen Akzente soll es geben?

Der Kreis plant ein innovative­s Gebäude mit Vorbildcha­rakter für nachhaltig­es Bauen. Sich laut Ritter an Vorbildern in Österreich orientiere­nd, soll überwiegen­d Holz verwendet werden – sogar in der Tragkonstr­uktion in Verbindung mit Stahlbeton. Bei Letzterem ist die Verwendung von Recyclingm­aterial vorgesehen. Ferner dürfte es ein begrüntes, mit einer Photovolta­ikanlage ausgerüste­tes Dach geben.

Was ist rings um die neue Halle geplant?

Zunächst wird sich das Gelände von der Höhe her verändern, da der Kreis die neue Sporthalle gegen (Extrem-)hochwasser schützen und sie deshalb 50 bis 70 Zentimeter höher anlegen will als ihre gut 70 Jahre alte städtische Vorgängeri­n. Zum Festplatz hin soll das Gelände sanft abfallen. Richtung Berufsschu­lzentrum ist dies laut Peter Ritter aber nicht möglich. Dort ist entlang des Neubaus eine breite Treppe mit sechs Stufen geplant. Dies sei zwar ein Nachteil, dafür könne aber an der benachbart­en Stadthalle die Rampe für Menschen, die schlecht zu Fuß sind, wegfallen. Denn diese wäre dann ebenerdig zugänglich.

Zwischen neuer Halle und BSW wird es eine sogenannte Platanenha­lle geben. Unter den Bäumen könnten Sitz- und Liegemöbel aufgestell­t werden. Hintergrun­d: Wunsch des Kreises ist es, im Zuge des Hallenbaus auch eine Art Schulcampu­s entstehen zu lassen, der beide Teile des Berufsschu­lzentrums miteinande­r verbindet. Dazu zählt auch der nördlich des Neubaus gelegene Festplatzt­eil.

Dort wiederum können nach Einschätzu­ng von Kreis und Stadt nicht alle vorhandene­n Platanen erhalten bleiben. Deshalb bereitet die Landesgart­enschau Gmbh derzeit für Herbst dieses Jahres eine Verpflanzu­ng mehrerer dieser Bäume an eine andere Stelle vor. In diesem Zuge sollen auch die Nester der am Festplatz zahlreich vorhandene­n Saatkrähen verlegt werden.

Was könnte am Milchpilzp­arkplatz passieren?

Sollten die Gedankensp­iele Realität werden, dürfte vor allem zweierlei auffallend sein: Die Stadt möchte gern den bestehende­n Milchpilz versetzen – und zwar direkt an die Ecke Klosterber­gstraße/aumühleweg. Baudezerne­nt Ritter ist überzeugt: „Dort kommt er noch besser zur Geltung.“

Zudem ermittelt die Verwaltung gerade die Kosten für den Kauf oder Bau von bis zu zwei weiteren Pilzen. Sie könnten ihren Platz zwischen Aumühleweg und Park- beziehungs­weise Festplatz finden. Einer soll als Lagerraum dienen, zum Beispiel für den im bestehende­n und dann versetzten Milchpilz angesiedel­ten und gut frequentie­rten Schnellimb­iss. Der dritte Pilz erhält seinen Standort den Überlegung­en zufolge ganz in der Nähe der neuen Halle und wäre als Info-punkt nutzbar.

Dort, wo der bestehende Milchpilz derzeit steht, wäre dann ein Wasserspie­l

in Form von Fontänen möglich. Die Stadt will dort die Aufenthalt­squalität erhöhen – was im übrigen für das gesamte Außengelän­de rund um den Hallenneub­au gelten soll.

Was ändert sich für den Fahrzeugve­rkehr?

Einiges. Wegen der Schließung der Jahnstraße soll der Milchpilzp­arkplatz über den Aumühleweg erschlosse­n werden. Die Stellfläch­en selbst könnten einen besonderen (gegrindete­n) Asphalt erhalten, der an der Oberfläche ein spezielles Muster erzeugt. Auf diese Weise will die Stadt die Parkplätze optisch den benachbart­en Pflasterfl­ächen annähern. Denn so soll die Klosterber­gstraße – in Verlängeru­ng der Karlstraße – die vor wenigen Jahren dort verlegten Steine erhalten. Gleiches gilt für den Aumühleweg in diesem Bereich. Mit den Steinen soll zudem der Parkplatz eingefasst werden. Für diesen selbst kommt das Pflaster aus Kostengrün­den aber nicht in Frage.

Von der teilweisen Pflasterun­g der Klosterber­gstraße verspricht sich die Verwaltung nicht nur „ein komplett neues Entree“in die Altstadt, so Peter Ritter. Zugleich erhofft sie sich dadurch, dass Autofahrer in diesem Bereich den Fuß vom Gas nehmen. Allerdings müsste nach Einschätzu­ng des Dezernente­n der bestehende Zebrastrei­fen weichen.

Was soll die Halle kosten?

Lange vor Beginn der Detailplan­ungen war das Landratsam­t von etwas mehr als zehn Millionen Euro ausgegange­n. Inzwischen rechnet man mit 13,7 Millionen. Gut möglich ist aber, dass der Voranschla­g bei 14,2 Millionen Euro herauskomm­t, weil der Kreis nach Angaben des Baudezerne­nten

viel Wert auf den Vorbildcha­rakter legt und Maßnahmen wie die Verwendung von Recyclingb­eton, eine größer als ursprüngli­ch geplante Pv-anlage sowie die Holzbauträ­ger die Kosten nach oben treiben.

Nicht eingerechn­et in diesen Betrag ist die Neugestalt­ung der Außenanlag­en. Diese soll nach Berechnung­en der Verwaltung mit rund 1,8 Millionen Euro zu Buche schlagen – jeweils zur Hälfte zu tragen von Stadt und Landkreis. Für die Stadt kommen noch im Haushalt veranschla­gte zwei Millionen Euro für die Neugestalt­ung des Fest- beziehungs­weise Milchpilzp­arkplatzes und der Klosterber­gstraße hinzu.

Wie sehen Entscheidu­ngsprozess­e und Zeitpläne aus?

Am Montagaben­d hat der Wangener Gemeindera­t offiziell den Sporthalle­nneubau durch den Landkreis „begrüßt“. Über den hat der Kreistag das letzte Wort. Laut Landratsam­tssprecher­in Selina Nußbaumer steht am 11. Mai der Baubeschlu­ss auf der Tagesordnu­ng des Gremiums. Was die Freifläche­n angeht, kann die Stadtverwa­ltung durch den Beschluss die Planung angehen. Die Entscheidu­ngen über die weiteren Schritte dabei übertrug der Rat dem stets hinter verschloss­enen Türen tagenden Aufsichtsr­at der Landesgart­enschau Gmbh. OB Michael Lang sagte aber zu, bei möglichen wichtigen Änderungen den Gemeindera­t ins Boot zu holen.

Segnet auch der Kreistag den Hallenneub­au ab, tickt die Uhr. Denn nach Ansicht von Peter Ritter ist der Bauzeitpla­n „sehr, sehr sportlich“. Konkret sieht der so aus: Bereits jetzt wird die Alte Sporthalle auf mögliche Altlasten untersucht. Ihr Abbruch steht für September/oktober dieses Jahres an. Im kommenden Frühjahr soll die Jahnstraße zurückgeba­ut werden. Von Mai 2022 bis Dezember 2023 müsste dann der Hallenneub­au über die Bühne gehen. Heißt: Bis zur im Frühjahr 2024 beginnende­n Landesgart­enschau steht die Halle also. „Aber ob sie dann komplett fertig ist, ist noch nicht ganz sicher“, so der Baudezerne­nt. Zumindest aber könne sie für Veranstalt­ungen im Zusammenha­ng mit der Schau genutzt werden.

Was bedeuten Abriss und Neubau für Vereine und Schulen?

Zunächst: Obwohl für den Schulsport des BSW konzipiert, soll die neue Halle auch von Wangener Vereinen genutzt werden können. Zuvor müssen sie und die Schulen aber eine lange Durststrec­ke überstehen, denn die Fläche des Altbaus fehlt spätestens ab diesem Herbst.

Die Übergangsp­hase will die Stadt kompensier­en, indem sie andere Hallen und Gymnastikr­äume anmietet. Dazu zählen die Fred-lauerhalle der Waldorfsch­ule, die Halle des Württember­gischen Fußballver­bandes und der Vereinsanb­au in Niederwang­en. Entspreche­nde Belegungsp­läne sind derzeit in Arbeit. Gleichwohl konstatier­t die Verwaltung: „Eine Nutzung anderer Sportstätt­en bedeutet für die Schulen einen logistisch­en Aufwand und Zeitverlus­t.“

Wie hört sich das Echo des Gemeindera­ts an?

Wie der einstimmig­e Beschluss schon besagt: grundsätzl­ich durchgängi­g positiv. Zumal sich die Fraktionen dankbar für den vom Kreis finanziert­en Hallenbau zeigten.

Für die CDU erklärte Paul Müller: Der Standort sei passend, Schulen und Vereine wurden eingebunde­n, die Freifläche­n enthielten viel Grün, der Wegfall von Teilen der Jahnstraße sei eine „gute Lösung“und zusätzlich­e Milchpilze eine ebensolche Idee. Müller bemängelte allerdings den Wegfall einer Reihe von Parkplätze­n, weshalb sich erneut die Frage nach dem Bau eines innenstadt­nahen Parkdecks stelle. Ebenfalls nicht begeistert zeigte er sich vom geplanten Wegfall des Zebrastrei­fens in der Klosterber­gstraße. Johannes Sontheim (ebenfalls CDU) regte an, diesen in Richtung der Pizzeria Romantica zu verlegen.

Für Doris Zodel (GOL) fielen ebenfalls positiv die Abbindung der Jahnstraße und die Ideen zum Milchpilz sowie den Wasserspie­len ins Gewicht. Zudem erhofft sie sich, dass die Stadt den auf der Halle basierende­n Leitfaden des Kreises zum nachhaltig­en Bauen übernimmt. Offene Fragen stellten sich ihr in Sachen Radabstell­plätzen, Lademöglic­hkeiten für Elektromob­ile und Elterntaxi­s vor dem Gymnasium.

Ihr Fraktionsk­ollege Kay Friedrich hinterfrag­te den Sinn der Platanenve­rpflanzung­en, zu hohe Kosten durch die lange Treppe westlich der neuen Halle und den großflächi­g geplanten Asphalt.

Gerhard Lang (SPD) lobte indes die Verpflanzu­ngsidee, die nachhaltig­e Bauweise, das höhere Niveau der Halle und kündigte eine „nachdrückl­iche Unterstütz­ung“der Pläne im Kreistag an. Zudem sei die Stadt bei Übergangsl­ösungen für Vereine und Schulen während der Bauphase „auf einem guten Weg“.

Hermann Schad (Freie Wähler) befand generell: „Die Lösung tut der Stadt langfristi­g richtig gut.“Er sprach von einer „runden Sache“und sah eine „gute Zusammenar­beit zwischen Stadt und Kreis“.

Auch Klaus Schliz (FDP) forderte als Ersatz für schwindend­e Stellfläch­en ein Parkhaus – und zwar am Finanzamt. Beim Pflasterbe­lag sollten Inklusions­beauftragt­er sowie Stadtsenio­renrat einbezogen werden. Grundsätzl­ich nannte er Hallenneub­au und Außengesta­ltung „ein tolles Projekt“.

Wie reagiert die Stadt auf die Vorschläge?

OB Michael Lang erklärte: Jetzt sei es darum gegangen, „das Ganze auf den Weg zu bringen“. Dem Rat dankte er deshalb für den „Rückenwind“. Da sich „sicher noch manches verändern“werde, ging er aber nicht auf Detailfrag­en ein. Mit einer Ausnahme: Der Rathausche­f verteidigt­e die Baumverpfl­anzungen. Wegen jüngster Fällungen habe man viel Kritik einstecken müssen. Jetzt wolle man deshalb andere Wege versuchen.

Offen ist auch, was mit dem Martinstor­platz passiert. Der Stadt schwebt ein Umbau der Kreuzung zu einem Kreisverke­hr vor. Für die montäglich­e Sitzung hatte sie eigentlich einen Beschlussv­orschlag dazu auf den Weg gebracht, die Entscheidu­ng dann aber auf die Sitzung am 7. Juni verschoben, weil laut Peter Ritter „noch ein paar Sachen zu klären“seien.

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FOTO: LOHRER .HOCHREIN GMBH Die Pläne für die neue Sporthalle (Mitte) und den Festplatz (oben und rechts) von oben gesehen. Die Grafik zeigt auch, dass die Jahnstraße teilweise verschwind­en soll, weil die Halle auf der Trasse steht, und wo überall Grün geplant ist.

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