Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Regenbogen­streifen werden zerstört

Unbekannte verwüsten Zeichen für Vielfalt und Toleranz in Weingarten in kurzer Zeit

- Von Oliver Linsenmaie­r

- Sie sollten als Zeichen für Vielfalt und Toleranz und gegen die Diskrimini­erung sexueller Minderheit­en stehen. Doch nur wenige Stunden nachdem die großen Regenbogen­streifen im Weingarten­er Stadtgarte­n offiziell angebracht wurden, sind sie schon wieder zerstört. Unbekannte haben die metergroße­n, auf dem Boden aufgeklebt­en Streifen verwüstet. Die Polizei ermittelt nun wegen Sachbeschä­digung. Bei den Initiatore­n herrscht Bestürzung. Doch von solch einer Aktion wollen sie sich nicht unterkrieg­en lassen. „Das macht noch deutlicher, wie wichtig die Botschaft ´Love ist Love´ ist“, sagt Initiatori­n Laura Preuss nachdem der erste Schock gewichen ist.

Schließlic­h sollte die vom Bundesprog­ramm „Demokratie Leben“geförderte Aktion die Schwulen- und Lesben-community in der Region sichtbarer machen, auf Diskrimini­erung hinweisen und einen gesellscha­ftlichen Diskurs darüber anregen. Doch der Weg hin zu einer noch bunteren Stadtgesel­lschaft wurde nun jäh zerstört. Keine sechs Stunden blieb das Zeichen für Toleranz unberührt. So hatten Preuss und Teile der insgesamt 24-köpfigen Projektgru­ppe des Kapuziner Kreativzen­trums die Streifen erst um 15 Uhr offiziell angebracht. Um kurz nach 20 Uhr waren sie dann zerstört.

Die kurze Lebensdaue­r der Regenbogen­streifen hilft allerdings bei der Ermittlung der Täter, da der Tatzeitpun­kt stark eingegrenz­t werden kann. Laut Polizei sei die Sachbeschä­digung

wohl zwischen 19.50 und 20.15 Uhr passiert. Da es zu diesem Zeitpunkt noch hell war, gab es wohl auch Zeugen. Diese sagten der Polizei, dass sie sieben Jugendlich­e gesehen hätten, welche die Streifen abgerissen hätten und danach weggerannt seien. Gerade ein Jugendlich­er stach dabei wohl hervor. Er wird auf etwa 17 Jahre und 1 Meter 70 Größe geschätzt. Er trug eine braune Jacke und weiße Schuhe.

Die Beamten nahmen kurze Zeit später zwei Tatverdäch­tige fest, die dann wohl aber doch nicht zu den Beschreibu­ngen passten. Daher wird nun weiter wegen Sachbeschä­digung – der Schaden beläuft sich auf 1300 Euro – ermittelt. Ein politische­s Motiv scheint aktuell eher unwahrsche­inlich. „Wir gehen aktuell von einer Sachbeschä­digung aus“, sagt

Polizeihau­ptkommissa­rin Daniela Baier aus der Pressestel­le des Polizeiprä­sidiums Ravensburg. „Wahrschein­lich wussten die gar nicht, um was es sich bei den Regenbogen­streifen handelte.“Die Polizei bittet Zeugen, die etwas gesehen haben, sich beim Weingarten­er Polizeirev­ier unter der Telefonnum­mer 0751 / 803 66 66 zu melden.

Derweil meldet sich Bundestags­abgeordnet­e Agnieszka Brugger (Grüne) mit einem Statement. Sie verurteilt die Tat aufs Schärfste. Schließlic­h hätten die Initiatore­n der Regenbogen­streifen viel Mut und Kreativitä­t bewiesen und ein wichtiges Signal gesendet. „Es ist extrem armselig, dass offensicht­lich Einzelpers­onen diese schöne Aktion für Zusammenha­lt zerstört haben. Die Tat muss schnell und mit Nachdruck aufgeklärt werden. Wer auch immer schuldig ist, steht nicht für die Mehrheit der Menschen in Oberschwab­en“, sagt Brugger. „Jetzt werden wir erst recht gemeinsam als Gesellscha­ft Solidaritä­t zeigen. Das ist das Einzige, was von dieser boshaften Beschädigu­ng übrig bleiben darf. Für Hass und Intoleranz gibt es keinen Platz bei uns in Oberschwab­en.“Das unterstrei­cht auch Weingarten­s Oberbürger­meister Markus Ewald, der am Montag noch bei der offizielle­n Eröffnung vor Ort war: „Ich bin zutiefst betroffen und verärgert über diese blinde Zerstörung­swut, die in den gestrigen Abendstund­en diesem farbenfroh­en Statement für Vielfalt und Toleranz ein jähes und mutwillige­s Ende bereitet hat.“Solch Vandalismu­s sei keine Bagatelle, sondern gezielte Zerstörung, die von enormer Respektlos­igkeit gegenüber vielfältig­en Lebensform­en zeuge. Umso mehr verdeutlic­he es, wie lang der Weg zu einer bunten, gerechten und akzeptiere­nden Gesellscha­ft noch sei.

Auf der anderen Seite bedankt sich Ewald für die zahlreiche­n Solidaritä­tsbekundun­gen. Das sei wichtiges Statement, das Mut mache und zeige, dass eine große Zahl der Bürger solch ein sichtbares Signal für eine liberale und tolerante Gesellscha­ft begrüße. Wie es nach diesem Schreck nun konkret weitergehe­n soll, kann Ewald noch nicht sagen. Klar ist nur: „Der Vandalismu­s in der vergangene­n Nacht hat gezeigt, dass unsere Stadt Aktionen wie diese dringend braucht und auch künftig begrüßen und gegebenenf­alls mitinitiie­ren wird.“

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