Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Regenbogenstreifen werden zerstört
Unbekannte verwüsten Zeichen für Vielfalt und Toleranz in Weingarten in kurzer Zeit
- Sie sollten als Zeichen für Vielfalt und Toleranz und gegen die Diskriminierung sexueller Minderheiten stehen. Doch nur wenige Stunden nachdem die großen Regenbogenstreifen im Weingartener Stadtgarten offiziell angebracht wurden, sind sie schon wieder zerstört. Unbekannte haben die metergroßen, auf dem Boden aufgeklebten Streifen verwüstet. Die Polizei ermittelt nun wegen Sachbeschädigung. Bei den Initiatoren herrscht Bestürzung. Doch von solch einer Aktion wollen sie sich nicht unterkriegen lassen. „Das macht noch deutlicher, wie wichtig die Botschaft ´Love ist Love´ ist“, sagt Initiatorin Laura Preuss nachdem der erste Schock gewichen ist.
Schließlich sollte die vom Bundesprogramm „Demokratie Leben“geförderte Aktion die Schwulen- und Lesben-community in der Region sichtbarer machen, auf Diskriminierung hinweisen und einen gesellschaftlichen Diskurs darüber anregen. Doch der Weg hin zu einer noch bunteren Stadtgesellschaft wurde nun jäh zerstört. Keine sechs Stunden blieb das Zeichen für Toleranz unberührt. So hatten Preuss und Teile der insgesamt 24-köpfigen Projektgruppe des Kapuziner Kreativzentrums die Streifen erst um 15 Uhr offiziell angebracht. Um kurz nach 20 Uhr waren sie dann zerstört.
Die kurze Lebensdauer der Regenbogenstreifen hilft allerdings bei der Ermittlung der Täter, da der Tatzeitpunkt stark eingegrenzt werden kann. Laut Polizei sei die Sachbeschädigung
wohl zwischen 19.50 und 20.15 Uhr passiert. Da es zu diesem Zeitpunkt noch hell war, gab es wohl auch Zeugen. Diese sagten der Polizei, dass sie sieben Jugendliche gesehen hätten, welche die Streifen abgerissen hätten und danach weggerannt seien. Gerade ein Jugendlicher stach dabei wohl hervor. Er wird auf etwa 17 Jahre und 1 Meter 70 Größe geschätzt. Er trug eine braune Jacke und weiße Schuhe.
Die Beamten nahmen kurze Zeit später zwei Tatverdächtige fest, die dann wohl aber doch nicht zu den Beschreibungen passten. Daher wird nun weiter wegen Sachbeschädigung – der Schaden beläuft sich auf 1300 Euro – ermittelt. Ein politisches Motiv scheint aktuell eher unwahrscheinlich. „Wir gehen aktuell von einer Sachbeschädigung aus“, sagt
Polizeihauptkommissarin Daniela Baier aus der Pressestelle des Polizeipräsidiums Ravensburg. „Wahrscheinlich wussten die gar nicht, um was es sich bei den Regenbogenstreifen handelte.“Die Polizei bittet Zeugen, die etwas gesehen haben, sich beim Weingartener Polizeirevier unter der Telefonnummer 0751 / 803 66 66 zu melden.
Derweil meldet sich Bundestagsabgeordnete Agnieszka Brugger (Grüne) mit einem Statement. Sie verurteilt die Tat aufs Schärfste. Schließlich hätten die Initiatoren der Regenbogenstreifen viel Mut und Kreativität bewiesen und ein wichtiges Signal gesendet. „Es ist extrem armselig, dass offensichtlich Einzelpersonen diese schöne Aktion für Zusammenhalt zerstört haben. Die Tat muss schnell und mit Nachdruck aufgeklärt werden. Wer auch immer schuldig ist, steht nicht für die Mehrheit der Menschen in Oberschwaben“, sagt Brugger. „Jetzt werden wir erst recht gemeinsam als Gesellschaft Solidarität zeigen. Das ist das Einzige, was von dieser boshaften Beschädigung übrig bleiben darf. Für Hass und Intoleranz gibt es keinen Platz bei uns in Oberschwaben.“Das unterstreicht auch Weingartens Oberbürgermeister Markus Ewald, der am Montag noch bei der offiziellen Eröffnung vor Ort war: „Ich bin zutiefst betroffen und verärgert über diese blinde Zerstörungswut, die in den gestrigen Abendstunden diesem farbenfrohen Statement für Vielfalt und Toleranz ein jähes und mutwilliges Ende bereitet hat.“Solch Vandalismus sei keine Bagatelle, sondern gezielte Zerstörung, die von enormer Respektlosigkeit gegenüber vielfältigen Lebensformen zeuge. Umso mehr verdeutliche es, wie lang der Weg zu einer bunten, gerechten und akzeptierenden Gesellschaft noch sei.
Auf der anderen Seite bedankt sich Ewald für die zahlreichen Solidaritätsbekundungen. Das sei wichtiges Statement, das Mut mache und zeige, dass eine große Zahl der Bürger solch ein sichtbares Signal für eine liberale und tolerante Gesellschaft begrüße. Wie es nach diesem Schreck nun konkret weitergehen soll, kann Ewald noch nicht sagen. Klar ist nur: „Der Vandalismus in der vergangenen Nacht hat gezeigt, dass unsere Stadt Aktionen wie diese dringend braucht und auch künftig begrüßen und gegebenenfalls mitinitiieren wird.“