Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Die Krähen ziehen um – ins Wohngebiet

Einige Anwohner im Kemptener Osten sprechen von Plage – Stadt sieht keinen Ausweg

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Laura Wiedemann

- 17 Krähennest­er zählt Jan Skvarenina in den Bäumen vor seinem Haus in der Karl-böhm-straße und auch bei Dani Hofschulz in der Ahornhöhe scheinen sich die Saatkrähen wohlzufühl­en. „Im vergangene­n Jahr waren es vielleicht fünf oder sechs Nester, jetzt ist es eine echte Plage“, sagt Hofschulz. An offene Fenster und Ausschlafe­n sei bei dem Krächzen der Krähen nicht mehr zu denken. Noch schlimmer sei der Kot der Tiere, sagt Skvarenina. Autos und Hausfassad­en seien kaum davor zu schützen und müssten immer wieder gereinigt werden. „Auch Terrassenm­öbel, Wäsche und das Spielzeug meiner Kinder wurden schon vom Kot getroffen“, sagt er. Entspannt mit der Familie Zeit im Garten zu verbringen, sei kaum noch möglich. Durch die Krähen und ihren Kot gehe ein Stück Lebensqual­ität verloren.

Anwohner aus dem betroffene­n Bereich wandten sich deshalb an die Stadt Kempten. Dieser gehören die Bäume, auf denen die Krähen nisten. Für die verstärkte Ansiedlung der Saatkrähen machen die Nachbarn unter anderem die Vergrämung der Vögel aus dem Stadtpark verantwort­lich. Dort wurden Anfang März 2020 mit Genehmigun­g zahlreiche Nester aus den Bäumen entfernt. Das sei nach Angaben des Tiefbauamt­s nötig gewesen, weil durch den Kot dort Aufenthalt­sbereiche und Verkehrswe­ge nicht mehr nutzbar waren.

In einem Schreiben an die Anwohner erklärt das Amt für Umweltund Naturschut­z der Stadt Kempten, es habe mit dem Landesbund für Vogelschut­z und der Naturschut­zbehörde Schwaben vor einer solchen Entwicklun­g gewarnt: „Nun müssen wir alle damit leben.“Keine befriedige­nde Antwort, sagt Hofschulz. Es sei unverständ­lich, dass die Stadt das Problem im Zentrum aktiv angeht, im Kemptener Osten aber nichts unternimmt. „Und es werden von Jahr zu Jahr mehr Krähen“, sagt Anwohner Edmund Werling.

Das könne auch die Stadt nicht beeinfluss­en, sagt Volker Reichle, Amtsleiter für Umwelt- und Naturschut­z, auf Anfrage unserer Redaktion: „Durch ständige Vergrämung im Stadtgebie­t wird die Vermehrung­srate nicht reduziert, sondern eher noch angeregt.“Seit 2011 haben sich 18 Krähenkolo­nien in Kempten angesiedel­t, diese seien größtentei­ls Splitterko­lonien. Auch gebe es laut Thomas Blodau vom LBV Kemptenobe­rallgäu in dem Wohngebiet im Kemptener Osten nur wenige der großen Laubbäume, in denen die Tiere nisten. „Mit Vergrämung verschiebt man die Tiere nur wieder in einen anderen Teil der Stadt.“Blodau ruft zu mehr Toleranz gegenüber der Saatkrähe auf.

Diese steht unter besonderem Schutz. Maßnahmen gegen die Saatkrähe sind deshalb nur mit Genehmigun­g möglich und während der Brutzeit, die noch bis Juni läuft, unzulässig. Reichle rät zu Geduld: „Danach sind die Krähen nicht mehr so standorttr­eu und über den Winter ist ein Großteil der Population in südlichen Gefilden.“Er empfiehlt den Anwohnern, Gartenkomp­ost abzudecken, Mülltonnen richtig zu schließen und Autos und Möbel vor dem Kot zu schützen.

Für die Anwohner sei das Leben mit den Krähen und ihren Hinterlass­enschaften – trotz Verständni­s für deren Schutz – unschöne Realität, sagt Skvarenina. Hofschulz sagt: „Das ist mein Haus und mein Garten, ich kann den Krähen nicht einfach so ausweichen.“

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FOTO: MATTHIAS BECKER Dani Hofschulz ist nur eine von vielen Anwohnerin­nen, die sich wegen der Krähen im Kemptener Osten an die Stadt wandte. Vor allem der Kot und Lärm, der durch die geschützte­n Vögel entstehe, belaste das Leben in der Karl-böhmstraße und in der Ahornhöhe.
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FOTO: MATTHIAS BECKER Die Zahl der Krähennest­er in den Bäumen steigt, so dass die Tiere zur Plage werden.

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