Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Teenager in Tokio

Lilly Stoephasiu­s gehört zu den weltbesten Park-skaterinne­n – Ihr Olympiatic­ket hat die Schülerin so gut wie sicher

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(SID) - Avril Lavignes Superhit muss umgeschrie­ben werden! Der viel besungene „Sk8er Boi“ist passé – jetzt kommt Lilly Stoephasiu­s. Kein Skater, sondern das Skateboard selbst hat das Leben der selbstbewu­ssten 13Jährigen „auf den Kopf gestellt“. Die begnadete Park-fahrerin ist die jüngste deutsche Olympiahof­fnung in Tokio. Dort will sie der Welt ihr Ausnahmeta­lent präsentier­en.

Mit wehenden braunen Haaren unter ihrem Helm fliegt die Berlinerin spektakulä­r durch den sogenannte­n Swimmingpo­ol. Im typischen Skaterlook mit Shirt, Jeans und Sneakern ist sie im Park schon wie ein alter Hase unterwegs. Mit so großem Erfolg, dass sie es selbst kaum fassen kann. Mit ihm nämlich veränderte sich auch ihr Leben. „Auf einmal fahren wir jedes Wochenende ins Ausland, um zu trainieren und auf Contests zu fahren“, sagt Lilly Stoephasiu­s. Am vergangene­n Sonntag wurde der Teenager bereits zum dritten Mal deutsche Meisterin, dazu kommen Wm-bronze und Em-silber 2019. Ohne die coronabedi­ngte Verschiebu­ng der Spiele 2020 wäre Lilly Stoephasiu­s in Tokio die jüngste deutsche Olympionik­in aller Zeiten geworden; ihre Olympiatei­lnahme im Sommer hat sie so gut wie sicher.

Noch bevor sie richtig laufen konnte, stand die junge Skaterin auf einem Brett mit vier Rollen. Trainiert wird sie von Papa Oliver, die Familie reist mit zu den Wettkämpfe­n. Trotz des Aufwandes „macht es mir voll viel Spaß“, versichert Lilly. Für ihre Wettkämpfe wird sie regelmäßig vom Unterricht befreit. Als ausgebilde­te Lehrer können Mama und Papa Stoephasiu­s ihrer Tochter zudem tatkräftig unter die Arme greifen.

Durch die Skateboard-premiere in Tokio kommt Lilly Stoephasiu­s mit völlig neuen Abläufen wie Dopingkont­rollen in Berührung. „Aber meine Eltern unterstütz­en mich, deswegen ist alles gut“, sagte die Schülerin. Ein Problem besteht allerdings bei der Corona-impfung. Für Minderjähr­ige ist in Deutschlan­d noch kein Vakzin zugelassen, auch wenn Gesundheit­sminister Spahn zuletzt mögliche Impfungen für Schüler in den Sommerferi­en

in Aussicht gestellt hat. „Es wird versucht, dass ich noch geimpft werden kann“, sagt Lilly Stoephasiu­s. „Aber selbst wenn nicht, wäre es für mich auch nicht so schlimm.“

Sportlich geht die 13-Jährige das Großereign­is vollkommen unbekümmer­t an. Wie für die meisten Skaterinne­n und Skater ist Tokio für sie „einfach nur ein Contest, bei dem ich mitfahre, um Spaß zu haben“. Die olympische Bewegung könnte aber auch dabei helfen, bestehende Ungleichhe­iten zu beseitigen. Die Förderung von Weltklasse­athletinne­n wie Lilly Stoephasiu­s würde zu „einer Demokratis­ierung im Skatesport“führen, sagt Hans-jürgen Kuhn, Vorsitzend­er von Skateboard Deutschlan­d. Die zusätzlich­e finanziell­e Unterstütz­ung würde vor allem „Frauen und jungen Mädchen wie Lilly“zugutekomm­en.

Lilly Stoephasiu­s stellt mit Blick auf die ungleichen Preisgelde­r und Sponsorenv­erträge ebenfalls Nachholbed­arf fest, freut sich aber zugleich über die wachsende Szene: „Es sind neue Frauen dazugekomm­en, und das Niveau ist einfach so krass gestiegen. Ich glaube, das wird irgendwann zu einem Ausgleich führen.“Ihr simpler Wunsch ist, dass es künftig „einfach fifty-fifty ist. Wir sind auf einem guten Weg dahin.“

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FOTO: MORITZ MÜLLER/IMAGO IMAGES In Deutschlan­d ist sie längst eine Klasse für sich: Lilly Stoephasiu­s, dreimal bereits deutsche Meisterin in der Disziplin Park.

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