Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Es soll sich wieder was bewegen
Sportkreis und Sportverband Ravensburg hoffen auf Sport im Freien – Besorgniserregende Mitgliederzahlen
- Seit Anfang November ruht der Amateur- und Breitensport. Die Vereine im Sportkreis Ravensburg können kaum Angebote für ihre Mitglieder machen. Die Folge sind zahlreiche Vereinsaustritte. Um die Lage für Clubs und Hobbysportler nicht noch schlimmer werden zu lassen, fordern der Sportverband Ravensburg, der Sportkreis Ravensburg und auch Vertreter der Stadt Angebote vor allem für Kinder und Jugendliche.
Thomas Prüß, Vorsitzender des TSB Ravensburg, wird mit Blick auf die Mitgliederliste anders. „Vor der Pandemie hatten wir rund 3700 Mitglieder, zum Jahreswechsel waren es 350 bis 400 weniger.“Prüß befürchtet, dass viele dieser ehemaligen Vereinsmitglieder nicht mehr so schnell wiederkommen. Der TSB als großer Verein steht exemplarisch für die Probleme vieler Clubs – vom Bodensee bis ins Allgäu. „Den Rückgang der Mitglieder werden wir erst im nächsten Jahr richtig spüren“, sagt Prüß. Das Jahr 2020 hätten viele noch einigermaßen gut durchgestanden. „Die schwierigen Jahre“, weiß auch der Sportkreis-vorsitzende Karlheinz Beck, „kommen erst.“
Vor allem bei Kindern und Jugendlichen macht sich der Bewegungsmangel bemerkbar. Im Bereich des Württembergischen Landessportbundes (WLSB) haben die Vereine im vergangenen Jahr mehr als 40 000 Kinder und Jugendliche verloren, wie aus dem Positionspapier der Ravensburger Vertreter hervorgeht. „Die Vereine haben große Zukunftssorgen“, sagt Rolf Engler, Vorsitzender des Stadtsportverbands. „So einen traurigen Zustand habe ich in all meinen Jahren noch nicht erlebt.“
Um einen Anstoß zu geben und auch ein wenig positive Stimmung zu verbreiten, haben Stadt, Sportverband und Sportkreis ein Positionspapier erarbeitet. „Ich glaube an einen normalen Sportbetrieb in diesem Jahr“, sagt Engler, atmet einmal durch und schiebt nach: „Das müssen wir auch schaffen!“Und so wird unter anderem die Sanierung der Geräte auf dem Trimmdich-pfad in Angriff genommen, eine Halbmarathonstrecke nach dem Vorbild aus Wangen ausgewiesen (vom Sportzentrum Rechenwiesen über Weingarten, Baienfurt und Baindt) und auch der Ravensburger Stadtlauf geplant.
Im vergangenen Sommer fiel die beliebte Laufveranstaltung mit knapp 1000 Sportlerinnen und Sportlern mit Hauptlauf aus. „Der
Stadtlauf wird in diesem Jahr anders, aber wir geben ihn nicht auf“, sagt Beck. Weil im vergangenen Jahr schon alles vorbereitet war, unter anderem alle T-shirts bestellt waren, könne in diesem Jahr auch kurzfristiger geplant werden. Der Stadtlauf soll am 2. Oktober in der Innenstadt sein. Auch das Sommerferienprogramm soll es geben, dazu in den Herbstferien einen Bewegungsdschungel in der Kuppelnauhalle. „Bewegung muss wieder in die Köpfe der Kinder kommen“, meint Beck.
All das kostet natürlich Geld – allein der Stadtlauf hat ein Gesamtbudget von 16 000 Euro, das Sommerferienprogramm kostet rund 35 000 Euro. Angesichts des Zwölfpunkte-plans
Karlheinz Beck, Vorsitzender des Sportkreises Ravensburg
der Stadt Ravensburg für die Wirtschaft mit einem Volumen von rund 250 000 Euro hoffen Engler und Beck auch beim Sport auf die Unterstützung der Stadt. „Als Hilfe für die Vereine bräuchten wir ein zusätzliches Budget von mindestens 20 000 Euro“, sagt Engler. Denn die Vereine haben seit gut einem Jahr zwar fast keine Einnahmen, dafür aber laufende Kosten – und das bei sinkenden Mitgliederzahlen. „Ein Jahr Nichtstun verändert die Freizeitgestaltung“, sagt Stefan Gollermartin, Leiter des städtischen Amtes für Bildung, Soziales und Sport. Goller-martin spricht fehlende Schwimmkurse an, fehlende Möglichkeiten zur Gewinnung von neuen Mitgliedern. „Wir müssen so schnell wie möglich Angebote für grob- und feinmotorische Angebote machen. Wir müssen den Menschen wieder Sport ermöglichen.“
Neben dem Bewegungsmangel und den Vereinsaustritten hat Prüß wie viele seiner Vorstandskollegen anderer Vereine noch eine große Sorge: die ehrenamtlichen Trainer und Übungsleiter. Kommen sie zurück? „Uns Vereinen werden von der Politik Steine in den Weg gelegt“, kritisiert der Tsb-vorsitzende. Das fange schon beim Thema Impfen oder Testen an. „Wann sollen sich die Übungsleiter testen lassen?“, fragt Prüß. „Und wer bezahlt es?“Der TSB geht derzeit in Vorleistung und bezahlt die Tests. Denn schließlich sollen Mitglieder wieder zum Sport kommen. „Wir dürfen nicht aus dem Blick verlieren, was passieren könnte, wenn sich Kinder und Erwachsene nicht mehr bewegen“, sagt Beck. „Die Gesundheit aller ist das Wichtigste, aber aus unserer Sicht wäre Sport im Freien problemlos möglich.“
Bestimmte Auflagen würde man gerne in Kauf nehmen. Hauptsache, es bewegt sich wieder was.
„Bewegung muss wieder in die Köpfe der Kinder kommen.“