Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Labsal für die Seele“
Auf einer spirituellen Wanderung rund um den „Kapellenweg Haisterkirch“– „Förderverein Kapelle Osterhofen“mit druckfrischem Flyer
- Fleißig gewandert wurde im Haistergau schon immer. Und der gleichnamige Kapellenweg wurde auch über viele Jahre vom damaligen Wanderverein „Gut zu Fuß“betreut. Jetzt gibt es aber einen neuen, druckfrischen Flyer, der die Vorzüge dieses Rundkurses noch näherbringen will – Wanderern genauso wie Radfahrern. Herausgegeben wurde er vom „Förderverein Kapelle Osterhofen“, der erst vor gut einem halben Jahr gegründet wurde – und schon um die 150 Mitglieder zählt.
Ein gutes Signal für den Vereinsvorsitzenden Markus Schmid. Sein Hauptaugenmerk liegt natürlich dahittelkofen. rauf, den Erhalt der Kapelle Mariä Opferung langfristig zu sichern. Die reich ausgestattete Dorfkirche in Osterhofen, die Mitte des 18. Jahrhunderts im Rokokostil errichtet wurde, ist seit Ende 2018 aus Sicherheitsgründen wegen schwerer Schäden an der historischen Stuckdecke vorübergehend geschlossen. Die notwendige Sanierung ist mit rund 600 000 Euro an Kosten veranschlagt, eine endgültige Bewertung des Denkmalschutzamtes steht derzeit noch aus, aber auch Finanzierungsfragen müssten noch geklärt werden, wie Ortsvorsteherin Rosa Eisele betont. Umso dankbarer sei man auch vonseiten der weltlichen Gemeinde für das Engagement des Fördervereins.
Markus Schmid und Rosa Eisele wissen aber auch, dass – gerade in Zeiten der Pandemie – Wandern besonders im Trend liegt, nicht zuletzt Wandern mit spirituellen Aspekten. Dafür scheint der Kapellenweg Haisterkirch wie geschaffen. Egal, ob man sich die „kleine“Runde mit gut elf Kilometern oder doch lieber die große Schleife mit etwa 22 Kilometern Wegstrecke vornimmt. Geheimnisvolle Momente sind in jedem Fall garantiert. Aber auch spannende Einblicke in die Glaubenspraxis und das Brauchtum vergangener Jahrhunderte. Und atemberaubende Ausblicke zum Bussen, über das Wurzacher Ried oder bis in die Alpen.
Los geht’s bei der aus dem ersten Drittel des 18. Jahrhunderts stammenden Mutter-anna-kapelle in Nicht ganz so leicht zu finden – weil direkt hinter einem Baum stehend – ist die Christusstatue im Osterhofer Ösch, die hier 1928 aufgestellt wurde. Ihre Herkunft ist letztlich ungeklärt. Es könnte sich bei dem ehemaligen Grabstein um eine Familienstiftung handeln, wie Heimatforscher Paul Sägmüller aus Bergatreute herausgefunden hat. „In der älteren Bevölkerung vermutet man, dass die Statue als Dankbarkeit für die gelungene Flurbereinigung in den 1920ern aufgestellt worden sei“, berichtet Rosa Eisele. „Es wird auch davon erzählt, dass die Menschen in Dürrejahren hierher gepilgert seien, um Regen zu erbitten.“
Auf ruhigen und festen Wegen führt die Route durch Wald und Flur. Eine Rast am Aussichtspunkt auf der Grabener Höhe muss sein, auch eine Einkehr in der bäuerlich bescheidenen und doch so liebenswerten Marienkapelle aus dem 18. Jahrhundert, die nicht weit entfernt ist. Mitten im Wald, an einem erhabenen Platz, steht die Kapelle St. Sebastian auf etwa 750 Metern Meereshöhe. Ein kleines Kirchlein ist hier schon um 1500 belegt. Die heutige Kapelle wurde 1892 erbaut und ist nach wie vor Ziel von Wallfahrern – vor allem um den 20. Januar, dem Tag der „Bastiane“. „Ein Kleinod. Labsal für die Seele“, steht als einer der jüngsten Einträge im Gästebuch der Kapelle.
Jetzt heißt es, sich zu entscheiden, den „kleinen“Kapellenweg in Richtung Ausgangspunkt zu beenden oder sich doch der großen Runde komplett zu stellen. Wie auch immer: Der Blick geht zum Abschluss noch einmal hinaus ins Haisterkircher Feld, zur kleinen Rundkapelle, die bis heute viele Namen führt: Spitzenkapelle wird sie genannt, Gottvater-kapelle
oder Haisterkircher Cappel und wird schon im Jahr 1511 als zentrale Grenz- und Wegmarkierung entlang der europäischen Wasserscheide angegeben. Auch darüber mag man gerne nachdenken, wenn man auf der Bank vor der kleinen Kapelle eine letzte Rast machen, die Eindrücke eines spirituell anregenden Wandertags noch einmal sortieren und die langsam untergehende Abendsonne genießen darf.