Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Aus vier Angeklagten wird einer
Im Prozess um einen Macheten-angriff abiberacher Schützen 2023 steht das Urteil kurz bevor
- Im Prozess um den vorgeworfenen versuchten Totschlag während des Schützenfests im vergangenen Jahr in Biberach ist das Angeklagtenquartett auf den Hauptangeklagten geschrumpft. Gegen drei der ursprünglich vier Angeklagten mit indischer beziehungsweise pakistanischer Staatsangehörigkeit wurde das Verfahren vor dem Landgericht Ravensburg vorläufig eingestellt. Am zweitletzten Verhandlungstag musste der Prozess dreimal wegen gesundheitlicher Probleme des 30-jährigen Beschuldigten unterbrochen werden, ehe Vorsitzender Veiko
Böhm die Verhandlung vertagte.
Zuerst den Kopf in den Händen vergrabend und auf dem Tisch liegend, anschließend den kompletten Körper auf die Anklagebank legend, konnte der 30-jährige Inder dem Verlauf der Verhandlung nicht mehr folgen. Er wurde mehrfach in Handschließen ins Freie geführt, erholt sich dort aber nicht. Im WC musste er sich übergeben. Nach der Rückkehr geriet er erneut auf der Anklagebank in körperliche Schwierigkeiten, worauf der Vorsitzende Böhm die Verhandlung verschob.
Kurz nach Mitternacht soll der Angeklagte am Tattag vor einer Tankstelle mit Unbekannten in Streit geraten sein, mit seiner dem Gericht vorliegenden mächtigen Machete anderen mit dem Tode gedroht und durch Schläge auf den Kopf verletzt haben. Am Tattag soll er seit dem Vormittag eine Flasche Whisky getrunken und zum Tatzeitpunkt zwischen 1,3 und 1,4 Promille im Blut gehabt haben.
Ein Kriminaloberkommissar aus Biberach berichtete im Zeugenstand von den Sprachbarrieren bei dessen Vernehmung und der Aussageverweigerung des Hauptangeklagten kurz nach der Tat. Er sei auch der Einzige gewesen, der mit der Machete unterwegs gewesen sei. Anhaltspunkte, dass auch andere die Machete in Händen hatten, habe es nicht gegeben. Ein Arzt aus der Notaufnahme berichtete von vier Wunden des Opfers durch die Machete am Hinterkopf, an Händen und Rücken. Nach dem Abrasieren der Haare seien die Wunden am Kopf genäht und der Verletzte aus der Notaufnahme entlassen worden. Das Opfer sagte im Zeugenstand, heute immer noch gesundheitliche Probleme zu haben.
Ein medizinischer Sachverständiger bestätigte die vom Notarzt berichteten Verletzungen am Kopf und Schnittverletzungen an den Händen und Rücken im Detail durch mindestens fünf Gewalteinwirkungen. Eine akute Lebensgefahr habe aber nicht bestanden.
Eine Bewährungshelferin nannte Details aus Gesprächen mit dem Angeklagten, der in Indien eine Ausbildung zum Elektriker erfolgreich absolviert und sich selbstständig gemacht hatte. Dennoch wollte er nach Deutschland und hier ein besseres Leben haben. Weil er zunächst keine Arbeit gefunden habe, sei er aus Langeweile in Deutschland zum Frusttrinken gekommen. In Biberach klappte es später „bestens“mit dem Arbeiten. Wie jetzt auch in der Justizvollzugsanstalt, wo ihm die Arbeit Spaß mache.
Auch mit dem Sachverständigen Hermann Assfalg hat der Angeklagte in der JVA gesprochen, allerdings zum Tatgeschehen erneut keine Angaben gemacht. Während er ihm von zwei älteren Geschwistern erzählte, hat er vor dem Bundesamt für Migration noch gesagt, er habe keine Geschwister. Über Rumänien sei er nach Deutschland gekommen, sei zunächst in Karlsruhe und Heilbronn gewesen und habe Flaschen gesammelt, als das zu Beginn mit dem Arbeitsplatz nicht geklappt habe. Ein Bekannte habe ihm eines Tages gesagt, in Biberach gebe es Arbeit. Tatsächlich traf das zu, nachdem er hierhergezogen war. Sollte der 30-jährige Inder verurteilt werden, droht ihm die Abschiebung. Im Asylverfahren wurde seine Anerkennung abgelehnt.