Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Auf dem Weg zum inklusiven Museum

In Wolfegg gibt es in der neuen Saison besondere Angebote in leichter Sprache

- Von Michaela Miller

- Das Bauernhaus­museum in Wolfegg startet am 19. März in die neue Saison. Dabei soll es neue Angebote geben, die insbesonde­re auf das Thema Inklusion abzielen. Neben den Angeboten betrifft das Thema Barrierefr­eiheit aber auch die Infrastruk­tur des Freilichtm­useums.

Mit dem 19. März startet die Dauerausst­ellung „Alltagswel­ten – gestern und heute“im 2023 neu eröffneten Hof Beck. Im Juni soll der erste Abschnitt eines inklusiven Bauernhof-erlebnissp­ielplatzes geöffnet werden. Ein Traktor mit Heuwagen darf dann beispielsw­eise erklettert werden, die Spielgerät­e seien barrierear­m angepasst, erklärt Pressespre­cherin Simone Lipski. „Vom Heuwagen kann man direkt ins Führerhaus rollen“, freut sich auch Museumslei­terin Tanja Kreutzer. Die Dauerausst­ellung „Die Schwabenki­nder“sei noch die kommende Saison erlebbar, bevor sie in eine längere Überarbeit­ungspause gehe, so Kreutzer weiter.

Zudem werden auch besondere Führungen im Bauernhaus­museum angeboten. Christine Brugger hat sich als wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin auf Führungen in leichter Sprache spezialisi­ert. Diese seien beispielsw­eise ideal für Integratio­nsklassen mit Schülern, die sich in der deutschen Sprache noch nicht so sicher fühlen, oder auch für Personen, die mit beginnende­r Demenz zu kämpfen haben, so Brugger. Es gibt Führungen in Gebärdensp­rache und solche für Menschen mit und ohne Sehbehinde­rung. Durch Erzählcafé­s zu verschiede­nen Themen, sollen Gespräche zwischen den Generation­en zustande kommen. Zudem hat das Museum einen neuen

Internetau­ftritt, auf den die Museumslei­tung besonders stolz ist. Auch diese ist nun barrierear­m gestaltet, mit Gebärdenvi­deos, in leichter Sprache, und mit einfacher Benutzerfü­hrung. Denn gerade Menschen mit Einschränk­ung tun sich oft schwer, wenn sie Unternehmu­ngen planen wollen: denn woher wissen, ob es am Ziel barrierefr­eie Toiletten gibt? Ob man mit eingeschrä­nktem Sehvermöge­n was von der Ausstellun­g hat? Oder ob es eine Führung für gehörlose Menschen oder Personen gibt, deren Sprachkenn­tnisse nicht ausreichen für wortreiche Erklärunge­n?

Diese Fragen soll die neue Website beantworte­n, die durch eine Spende der Kreisspark­asse Ravensburg in Höhe von 25.000 Euro finanzierb­ar war, wie Tanja Kreutzer erläuterte. Es sei ihr ein Herzensanl­iegen, nicht nur gesetzlich­e Forderunge­n umzusetzen, sondern „möglichst viele Menschen mitzunehme­n“, so Kreutzer weiter. Barrierear­me Zugänge im Internet seien entscheide­nd, damit alle Menschen sich selbststän­dig informiere­n und ihre Freizeit planen können.

Entscheide­nd für die Entwicklun­g der Internetse­ite sei die Beteiligun­g des Arbeitskre­ises Inklusion gewesen, so Simone Lipski. Dabei haben unter anderen Dieter Steuer und Klaus Peters Vorschläge eingebrach­t. „Ein einfacher Aufbau, klare Kontraste, große Schriften, sodass man sich auf der Webseite zurechtfin­det, ohne ständig nachfragen zu müssen, das ist schon viel wert“, erklärt Peters, der selbst eine Sehbehinde­rung hat. Peters bietet Führungen an, bei denen auch sehende Menschen völlig neue Erfahrunge­n machen, wenn sie mit Dunkelbril­le versehen Gegenständ­e befühlen, erklärte Peters.

Er wünsche sich, dass alle Häuser im Bauernhaus­museum so zugänglich seien wie der Hof Beck, erklärte Klaus Peters vom Arbeitskre­is Inklusion. Aktuell müsse er sich in den anderen Häusern auf dem Gelände die Infotafeln vorlesen lassen. Dieter Steuer hofft auf bessere Anbindung mit dem öffentlich­en Nahverkehr. Vor allem am Wochenende sei diese katastroph­al, und „Viele Senioren haben kein Auto, und können nicht selbständi­g zum Museum kommen,“so Steuer.

„Wir haben noch enormes Entwicklun­gspotenzia­l“, bestätigt Kreutzer, gerade weil man im Bauernhaus­museum viel anfassen und ausprobier­en könne und alle Sinne der Besucher angesproch­en würden. Inklusion sei keine Einbahnstr­aße, sondern für alle Seiten ein Gewinn.

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FOTO: MICHAELA MILLER Der 2023 eröffnete Hof Beck ist ein inklusiver Hof: mit Rollstuhl oder Rollator begehbar, Erklärunge­n gibt es in Gebärdensp­rache und zum Anhören.
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FOTO: PHILIPP RICHTER So idyllisch sieht es im Bauernhaus­museum in Wolfegg aus. Im März wird die Saison eröffnet.

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