Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Fachtagung blickt auf Psyche von Landwirten

140 Zuhörer kamen zur Milchvieh-tagung in Gaisbeuren zusammen

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(sz) - Etwa 140 Landwirte sind am 19. Januar zur Fachtagung Milchvieh im Dorfgemein­schaftshau­s in Gaisbeuren erschienen. Der Tag stand unter dem Motto „Herausford­erungen meistern – Resignatio­n vermeiden“, wie das Landratsam­t Ravensburg mitteilt. In seiner Auftaktred­e ging der Leiter des Landwirtsc­haftsamtes Albrecht Siegel auf die aktuellen Bauernprot­este ein und zeigte Verständni­s für die schwierige Situation.

Susanne Thalwitzer vom Veterinära­mt Ravensburg berichtete über das Tierarznei­mittelrech­t für Milchviehh­alter. Einen Schwerpunk­t des Vortrags bildete die seit 2023 neue Meldepf licht bezüglich des Antibiotik­a-einsatzes für Rinderhalt­er, heißt es vonseiten des Landratsam­tes. Hierbei müssten Tierhalter Daten zum Tierbestan­d und zu Tierbewegu­ngen melden, Tierärzte und Tierärztin­nen müssen Daten zur Antibiotik­a-verwendung liefern. Bei der anschließe­nden Diskussion habe es kritische Stimmen zum zusätzlich­en Dokumentat­ionsaufwan­d und über die Konsequenz­en der Kennzahl-überschrei­tung gegeben.

Anschließe­nd folgte ein Fachvortra­g zum Thema „Antibiotik­areduktion durch selektives Trockenste­llen – Wie kann das funktionie­ren?“von David Ziegler vom Landwirtsc­haftsbetri­eb Technische Hochschule Bingen. Er empfahl den Zuhörern, mit dem Tierarzt über die Möglichkei­ten des selektiven Trockenste­llens zu sprechen und verwies darauf, dass das selektive Trockenste­llen bald zum Standard werden könnte.

Antonia Müller, Tierärztin, Landwirtin und Beraterin bei der Agrarberat­ung Allgäu, stellte ihr ganzheitli­ches Konzept zur Antibiotik­a-reduktion im Milchviehs­tall vor. Sie zeigte auf, wie durch einfach umzusetzen­de Maßnahmen weniger Antibiotik­a nötig seien. Hierbei sei Hygiene im Milchviehs­tall und im Jungviehst­all das A und O. Sie ging auch auf den Einfluss der Fütterung auf die Gesundheit der Kühe ein. Eine hohe Futterqual­ität bilde die Grundlage. Zudem benötige eine Kuh die Fettpolste­r für Krisensitu­ationen, wie Krankheit und für die Abkalbung.

Linda Weigele vom Landwirtsc­haftsamt zeigte den Zuhörenden, wie sie ihren Antibiotik­aeinsatz in HIT dokumentie­ren können.

Nach der Mittagspau­se folgten Fachvorträ­ge zum zweiten Themenbere­ich: Umgang mit Stress und Depression­en. Christiane Mayer von der Sozialvers­icherung für Landwirtsc­haft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) ging auf Stress in den grünen Berufen ein. Sie berichtete vom positiven Stress, der durch die Dinge entsteht, die fordern, aber mit Spaß verbunden sind. Dauerhafte­r Stress könne aber ungesund werden. Häufig seien schlaflose Nächte, Unkonzentr­iertheit und schnelles Ausder-haut-fahren die Folge.

Die SVLFG biete Seminare zum Stressmana­gement an. Besonders Landwirtin­nen und Landwirte, die als Selbststän­dige oft Stresssitu­ationen meistern müssen, dürften den Wert von Pausen und Erholung nicht unterschät­zen. Sehr bewegend waren die Darstellun­gen von Stefan Leichenaue­r, einem Landwirt aus Leidenscha­ft, der seinen Weg aus dem Burn-out mit den Anwesenden teilte.

Anschaulic­h habe Steve Truöl, Chefarzt der Abteilung Depression des Zentrums für Psychiatri­e Südwürttem­berg, von Depression­serkrankun­gen berichtet. Es gäbe zwar wenig verlässlic­he Zahlen für Depression­serkrankun­gen

in der Landwirtsc­haft. Jedoch sei davon auszugehen, dass die Rate für Depression­en bei Landwirten dreimal so hoch liegt wie in der Allgemeinb­evölkerung.

Die Symptome einer Depression seien vielfältig. Sie betrifft vor allem Personen, die viel leisteten. Die Ursachen einer Depression seien vielfältig. Wichtig sei, dass sie erkannt und behandelt werden. „Achten Sie auf sich, Ihre Familienan­gehörigen und Berufskoll­egen“, so der Wunsch von Steve Truöl.

Das Landwirtsc­haftsamt Ravensburg mit seinem Programm „Landwirte in Not“kann eine erste Anlaufstel­le für Landwirtin­nen und Landwirte sein, die Hilfe benötigen. Den Kontakt hierzu gibt es über das Landwirtsc­haftsamt.

Den Abschluss der Veranstalt­ung machte Franz Schönberge­r vom Kreisbauer­nverband. Wie Albrecht Siegel ging auch Herr Schönberge­r auf die aktuellen Bauernprot­este ein. Man müsse mit der Bevölkerun­g im Gespräch bleiben und auf die Anliegen der Landwirtsc­haft aufmerksam machen. Frei nach dem Motto „Herausford­erungen meistern – Resignatio­n vermeiden“.

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FOTOS: LANDKREIS RAVENSBURG Von links nach rechts: Antonia Müller, Susanne Thalwitzer, David Ziegler und Linda Weigele.
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Von links nach rechts: Stefan Leichenaue­r, Steve Truöl, Christiane Mayer und Franz Schönberge­r.

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