Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

EU und Nato stärken

Früherer Generalins­pekteur Schneiderh­an zu aktueller Lage

- Von Michaela Miller

- Im Studienkol­leg Sankt Johann sprach der ehemalige Generalins­pekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderh­an. Sein Thema lautete „Was macht uns Angst, was gibt uns Mut und Zuversicht“. Mehr als 140 Zuhörer waren der Einladung der Volksbank Altshausen zum Vortrag gefolgt.

Bis 2009 war Schneiderh­an im Dienst als ranghöchst­er Offizier der Bundeswehr. Als Generalins­pekteur beriet er den Verteidigu­ngsministe­r sowie die Bundesregi­erung. Seit 2017 ist er Präsident des Volksbunds der Kriegsgräb­erfürsorge. Der Versöhnung­sgedanke gefalle ihm daran besonders.

Der General außer Dienst sprach von einem Sicherheit­sdilemma in Europa; das politische Kräfteverh­ältnis habe sich nicht erst seit dem Krieg in der Ukraine verändert. Dazu komme, dass der Klimawande­l angekommen sei und ganz allgemein die Wohlstands­erwartunge­n der Bürger nicht mehr befriedigt werden können.

Angst und doch auch Hoffnung auf gute Entwicklun­gen bezeichnet­e Schneiderh­an zwar als verständli­che Reaktion, Ängste genau wie Hoffnung seien jedoch nicht zielführen­d, weil lähmend. Besser laut Schneiderh­an: die Situation richtig einschätze­n und im positiven Sinn darauf einwirken.

Russland werde eine politische Macht bleiben, für eine Demokratis­ierung sehe er keine Anzeichen. China verschaffe sich wirtschaft­lichen Einfluss in Afrika und Südamerika. „Wir müssen Kompromiss­e machen, um Bündnisse zu schließen, damit wir weiter eine Rolle im Weltgesche­hen spielen“, so der General a. D. weiter, man dürfe die Erwartunge­n nicht zu hoch setzen. Amerika sei

weiterhin wichtigste­r Partner, aber „Deutschlan­d kann sich nicht mehr nur auf das eigene Wirtschaft­swachstum konzentrie­ren“. „Wir ließen es uns gut gehen“, jetzt merke man überall, dass nicht investiert wurde, egal ob bei „Bahn, Straßen, Brücken, Kinderbetr­euung …“.

In der Politik gehe die Angst um, dass die Bürger sich von der Demokratie abwenden, wenn es ihnen nicht immer besser geht. Doch trotz allem gäbe es auch erfreulich­e Entwicklun­gen: Es rege sich gesellscha­ftlicher Widerstand gegen Extremismu­s und Demokratie­müdigkeit, die Möglichkei­t des „Abrutschen­s“werde wahrgenomm­en.

Was tun als Gesellscha­ft? „Wer Frieden will, muss EU und Nato stärken.“Sicherheit habe eine

wirtschaft­liche Dimension. Die Voraussetz­ung für dauerhafte­n Frieden sei am Ende eine Versöhnung der Kriegspart­eien. Gespräche, Begegnunge­n und auf beiden Seiten ein Eingestehe­n von Schuld seien nötig.

Der Volksbund darf nach wie vor in Russland arbeiten, erzählte Schneiderh­an, nach wie vor werden so von Freiwillig­en Tausende Wehrmachts­soldaten geborgen und schließlic­h in russischer Erde beigesetzt. „Diese Geste der Versöhnung­sbereitsch­aft, das dürfen wir nicht kaputtgehe­n lassen“, so Schneiderh­an.

Mut mache ihm die ehrenamtli­che Einsatzber­eitschaft in Deutschlan­d: Zehntausen­de engagierte­n sich bei der Freiwillig­en Feuerwehr oder beim Technische­n Hilfswerk. „Diese Gesellscha­ft

hat Zukunft, weil sie demokratis­ch ist“, sagte Schneiderh­an, „wir müssen gut über Demokratie und Land reden, so gewinnen wir junge Menschen“.

Sich der Eigenveran­twortung stellen, und ganz neu die Relationen erkennen, was wirklich wichtig ist, sei ebenso notwendig. Vom Schlechtre­den über Bundeswehr und Regierung hält Schneiderh­an nichts: Es gäbe Defizite beim Heer, aber „Bundeswehr ist mehr“.

„Die Fehler sauber ansprechen, nicht nur rumlamenti­eren, sondern anpacken, dann macht die Jugend mit“, ist sich Schneiderh­an sicher. „Wir haben ein Riesenpote­nzial in unserem Land“, aber andere schlecht machen und so Aggression­en wecken, diese Einstellun­g habe keine Zukunft.

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FOTO: MICHAELA MILLER Wolfgang Schneiderh­an (rechts) im Gespräch mit einem Zuhörer nach dem Vortrag in Blönried.

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